Sperrgebiet Peenemünde. Denkmal zwischen Glorifizierung und Grauen.

Dipl.-Ing. (FH) Uta K. Mense M.A.

Betreuung: Prof. em. Dr. Leo Schmidt

Mitte der 1930er Jahre entstand im nördlichsten Teil der Insel Usedom eine der größten militär-industriellen Forschungseinrichtungen jener Zeit: die Erprobungsstelle der Luftwaffe und Heeresversuchsanstalt Peenemünde. Bis zum Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1945 teilten sich Luftwaffe und Heer das Gebiet als Test- und Erprobungsgelände. Von der Heeresleitung wurde ausschließlich die in der Heeresversuchsstelle Kummersdorf begonnene Forschungsarbeit zur Raketenentwicklung an die Ostsee verlagert, wo im Oktober 1942 der erfolgreiche Start einer Flüssigrakete gelang und mit einer Höhe von über 80 km erstmals ein von Menschen konstruiertes Objekt den Weltraum erreichte.

Damit war der technologische Grundstein für die Rakete im Allgemeinen und die Vergeltungswaffe V2 der Nationalsozialisten im Besonderen gelegt worden. Ab Herbst 1944 kam sie gegen England und die von den Alliierten zurückeroberten Gebiete zum Kriegseinsatz. Neben dem Einsatz als Waffe erschütterte die Menschen später jedoch insbesondere das Bekanntwerden der sogenannten "Serienproduktion" von Raketen durch KZ-Häftlinge in den Stollen des Mittelbau Dora/Harz.

Diese Dissertation hat zum Ziel, den Ort Peenemünde mit seinen Realitäten und Mythen eingehend zu analysieren, denn bis heute bleibt die Bedeutung Peenemündes als Gesamtdenkmal von diversen wissenschaftlichen Disziplinen und nicht zuletzt der Politik viel diskutiert. Die Lokalisierung von Fragmenten der Bauten und Prüfstände hat dabei bisher nur eine marginale Rolle gespielt. Viel mehr überdauerte die vielschichtige Erinnerung an die nationalsozialistische Forschungsanstalt in Reden, Interviews und Publikationen von Zeitzeugen bis hin zur Mythenbildung durch die Erinnerung ganzer Generationen - entweder von NS-Propaganda geprägt oder aus der Zeit des Kalten Krieges, als die USA und UdSSR mithilfe der Raketentechnik den Wettlauf zum Mond austrugen.

Zu kaum einem anderen Ort des Dritten Reiches lassen sich also derart konträre Narrative der Nachkriegszeit finden wie zu Peenemünde - ohne sich dabei überhaupt mit dem materiellen Befund vor Ort zu befassen. Diese Arbeit geht daher insbesondere der Frage nach, welche Bedeutung der ruinösen Substanz als Erinnerungsort heutzutage zukommt und in welcher Form ihr Erhalt auch für nachfolgende Generationen von Relevanz ist.

Uta Mense war Stipendiatin der Internationalen Graduiertenschule, Fachklasse Historische Baukultur und hat ihre Arbeit im Jahr 2018 verteidigt.

Die Dissertation entstand in Verbindung mit dem Forschungsprojekt "Ehemalige Heeresversuchsanstalt Peenemünde".