Internet der Dinge

Das Internet der Dinge (engl. Internet of Things – IoT) umfasst einen vielschichtigen Anwendungs- und Forschungsbereich. Im Kern handelt es sich um ein massiv verteiltes und paralleles Informations- und Rechnersystem, mit dem eine Brücke zwischen dem rein digitalen Internet und der physikalischen Welt geschaffen werden soll. Das Grundkonzept des Internets der Dinge ist die Integration von intelligenten Objekten und eingebetteten Systemen in das heutige Internet und die damit einhergehende Erweiterung des Internets auf Objekte in der realen Welt; eine Entwicklung, die bereits Ende der 90er Jahre durch die ubiquitäre rechnergestützte Datenverarbeitung begonnen hat und nunmehr auf das Schließen der Lücke zwischen digitaler und realer Welt abzielt.

Der Lehrstuhl Rechnernetze und Kommunikations­systeme fokussiert seine Forschungsaktivitäten aktuell auf die Bereiche der Integration und der system­über­greifenden Kommunikation von "intelligenten Dingen" sowie der ganz­heitlichen Simulation von Protokollen und Anwendungen im Internet der Dinge. Dabei spielen andere Forschungsbereiche wie Sicherheit, Kollaboration und Mobilität ebenfalls eine Rolle. Im Folgenden finden Sie weiterführende Informationen zu den aktuellen Forschungsthemen.

I. Integration von Sensornetzen und eingebetteten Systemen in das Internet

Die Integration von Sensornetzen und intelligenten, eingebetteten Systemen geht über die reine Integration von Sensoren und Aktuatoren ins Internet hinaus. Neben der technischen Integration auf physikalischer und Netzwerkebene müssen auch Probleme der Interaktion zwischen Geräteklassen und der Integration und Nutzung auf Anwendungsebene (bspw. Einbindung und Umgang mit Daten) betrachtet werden, um eine vollständige Integration zu ermöglichen. Am Lehrstuhl werden aktuell zwei Bereiche der Integration untersucht.

I.1) Integration auf Internet- und Transportschicht

Bevor Anwender die Daten von intelligenten Objekten, Sensoren, Aktuatoren und eingebetteten Systemen nutzen können, steht eine Integration auf Netzzugangs- und Internetschicht an. Der Lehrstuhl fokussiert seine Forschungsarbeiten dabei auf die Kombination verschiedener physikalischer (PHY) und Medienzugriffsschichten (MAC) (bspw. IEEE 802.11 und IEEE 802.15.4), die Nutzung des Internet Protokolls Version 6 (IPv6) und eventuell notwendiger Adaptionsprotokolle (z.B. 6LoWPAN) auf der Internetschicht. Aufbauend auf Testumgebungen und Simulationen der Interaktionen zwischen unterschiedlichen Geräteklassen sollen die Grundlagen für eine Zusammenarbeit und Integration von verschiedenen Geräten ins Internet geschaffen werden. Die Zusammenarbeit unterschiedlicher Geräteklassen ist essentiell, um die bereits ans Internet angeschlossenen, leistungsfähigen Geräteklassen (z. B. Server, Desktop PCs, Notebooks, Smartphones) mit eingebetteten und ressourcenschwachen Systemen (z. B. Sensornetzen, Aktuatoren, Steuerungssystemen) kommunizieren lassen zu können. Nur damit kann im zweiten Unterpunkt dieser Forschungsschiene eine Integration auf Anwendungsebene vorangetrieben werden.

I.2) Integration auf Anwendungsebene durch Protokolle wie XMPP

Der Schwerpunkt unserer Forschungsarbeiten bei der Integration von intelligenten Objekten ins Internet liegt in einer Integration auf der Anwendungsebene. Die im ersten Unterpunkt beschriebene Kommunikation über Systemgrenzen (vom Desktop PC zum Sensorknoten) hinaus ist der Anfang um eine Integration und gemeinsame Nutzung von Daten über Systemgrenzen hinaus zu ermöglichen. Dafür wird am Lehrstuhl das Extensible Messaging and Presence Protocol (XMPP) eingesetzt. XMPP ist eine offene und von der IETF standardisierte Protokollfamilie, welche über vielfältige Erweiterungsprotokollle (sogenannte XMPP Extension Protocols – XEPs) anpassbar und für unterschiedlichste Anwendungszwecke einsetzbar ist. Im Kern dient XMPP zum strukturierten Austausch von XML-Elementen zwischen Endpunkten in Netzen, wobei der Austausch fast in Echtzeit erfolgen kann. Die dezentrale Architektur des XMPP-Netzes erlaubt eine sehr hohe Skalierbarkeit und Ausfallsicherheit, da Single Points of Failure (SPoF) unterbunden werden. Des Weiteren unterstützt XMPP Publish/Subscribe zur effizienten und kontext-basierten Benachrichtigung über Änderungen der Endpunkte an alle interessierten Teilnehmer innerhalb des XMPP-Netzes. Durch diese Eigenschaften von XMPP soll die nahtlose Integration von intelligenten Objekten ins Internet realisiert und die anwenderfreundliche Nutzung dieser Objekten ermöglicht werden.

Mit der Nutzung von XMPP zum Zusammenführen von intelligenten Objekten ins Internet der Dinge führen wir einen Grundgedanken hinter dem Internet fort. Das Internet hat sich zu dem heute weltweit verbreitetem Netz entwickelt, weil es von Anfang an auf offene Kommunikations- und Interaktionsstandards setzte. Durch XMPP soll eine systemunabhängige Interaktion mit Geräten und ihren Daten ermöglicht werden. Auf lange Sicht wird es auch in Zukunft im Internet unterschiedliche Standards und Protokolle geben, wodurch eine adaptierbare Zwischenschicht zur Bereitstellung gemeinsam nutzbarer Dienste benötigt wird. Die nachfolgende Abbildung stellt unser Konzept eines Protokollstapels zur Nutzung von XMPP in Form einer Service- und Adaptionsschicht dar. In unseren Forschungsarbeiten wollen wir eine gemeinsame Schicht einführen, welche zusammengesetzt aus schlanken XMPP-Kernkomponenten und frei konfigurierbaren und anwendungsabhängigen XEP-Erweiterungen, eine systemübergreifende Kommunikation und Interaktion mit Daten im Internet der Dinge ermöglichen kann.

II. Ganzheitliche Simulation von Internet der Dinge-Anwendungen

Die Simulation von Anwendungen und Protokollen im Kontext des Internets der Dinge geht über die bisher existierenden Ansätze zur Simulation von reinen Sensornetzwerken hinaus. Internet der Dinge-Anwendungen koppeln unterschiedliche Geräte und Übertragungstechnologien miteinander, Daten fließen über Netzwerkgrenzen und unterschiedliche Protokollfamilien treffen aufeinander. Die aktuell existierenden Ansätze zur Simulation in diesem Bereich können in abstrakte, aber mächtige Simulationsumgebungen wie OMNeT++ oder NS-3 und in Hardware-nahe Simulatoren wie TOSSIM oder Cooja unterteilt werden. Beide Arten haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile wenn es um die Simulationen von Kommunikationssystemen geht.

In diesem Forschungsbereich versucht der Lehrstuhl Rechnernetze und Kommunikationssysteme eine ganzheitliche Simulationsbasis im Kontext des Internets der Dinge umzusetzen, um dabei die Vorteile der abstrakten Simulationsumgebungen mit denen der Hardware-spezifischen Simulatoren zu verbinden. Durch diese Kombination soll die Simulation von Anwendungen und den entsprechenden Protokollen im Internet der Dinge akkurater und genauer als bisher ermöglicht werden. Dabei sind verschiedene Wege zur Kombination möglich: von einer einfachen Integration von Modellen eines Simulators in einen anderen bis hin zur Kopplung verschiedener Umgebungen, um damit ganzheitliche Simulationen zu ermöglichen. Der Fokus des Forschungsbereiches liegt aktuell auf der Analyse der Kopplungsmöglichkeiten und der proto­typischen Umsetzung von notwendigen akkuraten Protokoll­modellen (vgl. die Protokollstapel-Abbildung für die Integration auf Anwendungsebene durch XMPP).