BTU-Knowhow im Weltraum

Mit einem einzigartigen Experiment, das ausschließlich in der Schwerelosigkeit durchgeführt werden kann, wollen BTU-Forschende vom Lehrstuhl Aerodynamik und Strömungslehre um Lehrstuhlinhaber Prof. Dr.-Ing. Christoph Egbers die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die Polkappen der Erde und die damit verbundenen Veränderungen in Luft- und Meeresströmungen untersuchen.

Im Februar 2021 startete das DLR-Projekt AtmoFlow2: „AtmoFlow – Untersuchung atmosphärischer Strömungen im Kugelspalt auf der Internationalen Raumstation (ISS)“. Der Förderzeitraum umfasst drei Jahre und eine Fördersumme von ca. 500.000 Euro.

Nach Vorläuferexperimenten – die Vorstufe AtmoFlow 1 lief von 2018 bis 2020 – wird mit AtmoFlow2 bereits zum dritten Mal BTU-Technik und -Knowhow in den Orbit fliegen. Prof. Dr.-Ing. Christoph Egbers, Lehrstuhlinhaber Aerodynamik und Strömungslehre der BTU und Leiter des DLR-geförderten Projekts zeigt sich begeistert: „Das ist etwas völlig Besonderes. Es gibt kaum eine andere deutsche Universität, die seit über 20 Jahren an so vielen Raumfahrtexperimenten teilgenommen hat.“ Dazu gehören auch zahlreiche begleitende Bodenexperimente und Parabelflüge, bei denen für kurze Zeit Schwerelosigkeit vorherrscht.

Miniatur-Erde auf der ISS

Das Hauptanliegen des „Atmospherical Flow (AtmoFlow)“-Experimentes liegt auf der Untersuchung atmosphärischer, konvektiver Strömungen im Kugelspalt. Solche Kugelspalt-Experimente sind in den Disziplinen Geophysik, Astrophysik und ganz besonders in der Atmosphärenforschung weit verbreitet und von zentraler Bedeutung. Die Besonderheit der BTU-Technik ist ihre Kugelgeometrie im Unterschied zu anderen häufig planaren, kartesischen Experimenten. In AtmoFlow sollen Strömungen in sphärischer Geometrie unter dem Einfluss eines zentralen Kraftfeldes („Miniatur-Erde“) untersucht werden, die atmosphären-ähnlichen Randbedingungen ausgesetzt sind. Diese Versuchsanordnung kann nicht auf der Erde realisiert werden, da ihr Gravitationsfeld das künstliche zentrale Kraftfeld des Modells überlagert. Unter Mikrogravitationsbedingungen, also annähernder Schwerelosigkeit, jedoch kann das Modell-Kraftfeld Konvektion simulieren – Strömungen wie sie in der Erdatmosphäre, in den Weltmeeren oder im Magmamantel vorkommen.

Nach aktuellem Stand ist der Flug zur ISS für 2024 oder 2025 geplant. Ziel des BTU-Projekts ist die Etablierung eines Simulationsmodells, das auf Basis der Daten aus dem Kugelmodell atmosphärische Konvektionsprozesse berechnet. Durch Änderung der Randbedingungen – wie beispielsweise höhere Temperaturen in der Atmosphäre – können mit diesem Modell auch Auswirkungen des Klimawandels auf Strömungsprozesse simuliert und mögliche Folgen angenähert werden.

Hintergrund

Russland, die USA, Japan und Europa betreiben die ISS und ihre Forschungsmodule gemeinsam. Allein aus Deutschland laufen 40-50 Experimente verschiedener Disziplinen und Einrichtungen in der Schwerelosigkeit der Raumstation.