Erfolgsaussichten für zellbasierte Therapien

BTU-Forscherteam veröffentlicht Leitartikel zur personalisierten Abschätzung der Erfolgschancen von Knorpeltherapien in »Experimental Biology and Medicine«

Ein in der Zeitschrift »Experimental Biology and Medicine« veröffentlichter Artikel beschreibt einen neuen Ansatz zur Profilierung von Patienten mit Gelenkverletzungen. Die Studie unter der Leitung von Dr. Ursula Anderer, Professorin für Zellbiologie und Leiterin der Abteilung Zellbiologie und Tissue Engineering an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg, zeigt, dass mit Hilfe eines Mikrogewebekultur-Assays die Erfolgschance von zellbasierten Therapien für Patienten personalisiert abgeschätzt werden könnte. Der Artikel wurde als Leitartikel in die Dezemberausgabe aufgenommen und ist daher bis zum Jahresende als Open Access Publikation frei verfügbar.

Trauma- und Arthrose bedingte Gelenkverletzungen nehmen aufgrund der steigenden Lebenserwartung und der Anzahl der Personen, die an sportlichen Aktivitäten teilnehmen, zu. Ein zentrales Ereignis bei Gelenkverletzungen ist die Schädigung oder der Verlust von Knorpel. Das starke elastische Gewebe in den Gelenken absorbiert Stöße und lässt Knochen sanft aneinander vorbei gleiten. Da die Fähigkeit des Knorpels, sich selbst zu reparieren, begrenzt ist, besteht die Behandlungsmöglichkeit darin, das beschädigte Gewebe durch künstlichen Knorpel zu ersetzen oder Zellen, sogenannte Chondrozyten, zu transplantieren, die neuen Knorpel bilden können. Während die Verwendung patienteneigener Zellen (autologe Transplantation) die geringsten Nebenwirkungen hat, führt dieser Ansatz nicht immer zu funktionellem Knorpel. Ein »personalisiertes Diagnose-Tool«, das die Fähigkeit der Zellen eines Patienten, funktionellen Knorpel zu bilden, vorhersagen kann, würde die Ergebnisse für Patienten mit Gelenkverletzungen verbessern.

In der aktuellen Studie setzten Prof. Dr. Anderer und Kollegen eine dreidimensionale (3D) Zellkulturtechnik ein, um die Fähigkeit zur Knorpelbildung von Knorpelzellen menschlicher Spender zu beurteilen. Frühere Studien haben gezeigt, dass Chondrozyten, die unter Verwendung von zweidimensionalen (2D) Zellkulturtechniken gezüchtet werden, die Eigenschaften reifer Chondrozyten nicht beibehalten. Im Gegensatz dazu fördert die 3D-Kultur die Organisation der Zellen zu einem Gewebe. Werden sie unter diesen Bedingungen kultiviert, sind sie reifen Chondrozyten sehr ähnlich. Alle in dieser Studie untersuchten Spenderzellen wiesen in der 2D-Kultur ein identisches Chondrozytenprofil auf. Allerdings gab es deutliche Unterschiede im chondrogenen Potential zwischen den einzelnen Spendern in 3D-Mikrogeweben. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass dieser 3D-Assay ein geeignetes »personalisiertes Diagnose-Tool« zur Identifizierung von Patienten sein könnte, die von einer autologen zellbasierten Therapie profitieren werden. Prof. Dr. Anderer: »Die Wahl eines Zellkultursystems, das so nah wie möglich an der natürlichen Gewebesituation liegt, ermöglichte es, personalisierte gewebebildende Eigenschaften in vitro zu identifizieren. Diese individualisierte Charakterisierung der Potenz von Knorpelzellen wird die Grundlage für ein ›Patientenprofiling‹ durch Identifizierung spezifischer intrinsischer Marker (Biomarker) zur Klassifizierung dieser Patienten bilden«.

Dr. Steven R. Goodman, Chefredakteur für Experimentelle Biologie und Medizin, sagte: »Anderer und ihre Kollegen haben eine 3D-Mikrogewebsmodellplattform zur Verfügung gestellt, die nachweislich wertvoll für die Vorhersage des personalisierten therapeutischen Werts der autologen zellbasierten Knorpelreparatur ist. Das könnte ein wertvoller Schritt in Richtung Regenerationsmedizin bei traumatischen oder degenerativen Defekten des Knorpelgewebes sein«.

Erste Ansätze für ein »Patientenprofiling« werden unter anderem im aktuellen Forschungsprojekt im Rahmen des Gesundheitscampus Brandenburg durchgeführt. Das von Prof. Dr. Ursula Anderer geleitete Projekt »Gelenkknorpel älterer Menschen – Regenerationspotential von Knorpelschäden (Trauma/Arthrose) durch körpereigene Chondrozyten« ist Teil des Verbundvorhabens »Konsequenzen der altersassoziierten Zell- und Organfunktionen«.

Fachkontakt

Prof. Dr. rer. nat. Ursula Anderer
Fakultät 6 Naturwissenschaften
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Ursula.Anderer(at)hs-lausitz.de

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Benedikt Stahl
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benedikt.stahl(at)b-tu.de
Knorpelzellen in 2D-Kultur (Monolayer). Dargestellt sind Elemente des Zytoskelets (grün), der Zellkern (blau) und Kollagen (rot). Fluoreszenzmikroskopische Aufnahme (Arbeitsgruppe Prof. Anderer)