Gerber: Energiewende kann nur mit Wärmewende gelingen

Experten diskutieren beim 20. Energietag über energiepolitische Herausforderungen

"Die Energiewende ist mehr als eine Stromwende. Die Stromnutzung macht lediglich ein Fünftel des gesamtdeutschen Energiebedarfs aus. Fast 30 Prozent entfallen auf den Verkehrsbereich. Und mehr als die Hälfte des Energieverbrauchs in Deutschland entfällt auf Wärmeanwendungen. Der Wärmesektor ist in Deutschland für circa ein Viertel der jährlichen Treibhausgas-Emissionen ver-antwortlich. Ohne Wärmewende kann eine Energiewende also nicht gelingen." Das sagte Wirtschafts- und Energieminister Albrecht Gerber heute beim 20. Brandenburger Energietag in Cottbus. Bei der vom Energieministerium zusammen mit der Industrie- und Handelskammer Cottbus organisierten Veranstaltung disku-tierten rund 350 Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung über aktuelle energiepolitische Herausforderungen. Im Mittelpunkt stand in diesem Jahr das Thema "Wie schaffen wir die Wärmewende im Land Brandenburg?"

"Der Wärmebedarf von Wohngebäuden, Büroimmobilien und Industriebetrieben ist enorm – und deswegen ist auch das Einsparpotenzial enorm", hob der Minister hervor. Als wichtige Maßnahme nannte er die energetische Gebäudesanierung. "Wenn wir Gebäude nach neuesten technischen Standards dämmen und Heizun-gen und Warmwasserbereitung optimieren, sinkt der Energieverbrauch beträcht-lich. Deshalb unterstützen wir als Land die Entwicklung energetischer Quartiers-konzepte. Denn was sich für ein einzelnes Haus nicht lohnt, kann für eine ganze Nachbarschaft die beste Lösung sein", sagte Gerber. 

Zudem könne Energie gespart werden, wenn neue Häuser energieeffizient gebaut würden. "Ob Effizienzhaus oder Effizienzhaus Plus:  Wer nach neuen Standards baut, gibt weniger Geld für Strom und Heizung aus und produziert weniger CO2-Emissionen", betonte der Minister. Auch gelte es, in industriellen Produktionsprozessen als Abfallprodukt entstehende Wärme besser zu nutzen. Als Vorzeigebeispiel verwies Gerber auf die Stadtwerke Hennigsdorf: Dort wird mittels eines Großwärmespeichers und einer Power-to-Heat-Anlage Industrieabwärme in das kommunale Wärmenetz eingespeist.

Auch erneuerbare Energien könnten bei der Wärmeversorgung besser genutzt werden, sagte Minister Gerber. Zudem sei die Kraft-Wärme-Kopplung eine gute Möglichkeit Energie einzusparen. Zurzeit stammen 14 Prozent der in Deutschland produzierten Wärme aus Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung. Dieser Anteil könne gesteigert werden. "Die gemeinsame Erzeugung von Strom und Wärme ist ein vielversprechender Ansatz", so Gerber. Die Kraft-Wärme-Kopplung bildet eine Schnittstelle zwischen Strom- und Wärmemarkt. Beide Sektoren werden in den nächsten Jahrzehnten immer stärker zusammenwachsen. Zum Beispiel werden Häuser zunehmend mit Wärmepumpen beheizt, die mit Strom betrieben werden.

Brandenburg fördert mit seinem Programm RENplus gezielt Maßnahmen der Energieeffizienz und der umweltfreundlichen Wärmeversorgung. "Denn nur wenn wir die Energiewende als Ganzes denken und umsetzen, kann sie erfolgreich sein", sagte der Minister abschließend. 

Dr. Wolfgang Krüger, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handeskammer Cottbus, erklärte: "Die deutsche Energiewende stellt die Südbrandenburger Wirtschaft vor große Herausforderungen. Mit der eingeschlagenen Klimapolitik ist die Bundesregierung dringend in der Pflicht, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen und finanzielle Unterstützung zu leisten. Nur so kann für die Lausitz ein Strukturwandel in die Wege geleitet werden, der nicht das Ende von tausenden qualifizierten Industriearbeitsplätzen bedeutet. Dabei ist es für die Wirtschaft von größter Bedeutung, dass die Energiekosten nicht explodieren und eine sichere Versorgung gewährleistet bleibt. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt werden, kann die Lausitzer Energiewirtschaft mit Ihrem Know-how und einer engen Verknüpfung zur Wissenschaft ein wichtiges Standbein für einen gelingenden Energie- und Wärmewandel sein."

Die Vizepräsidentin für Wissens- und Technologietransfer und Struktur der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg, Prof. Katrin Salchert, erklärte: „An der BTU Cottbus-Senftenberg arbeiten wir mit Hochdruck an Lösungen für die Energieversorgung von morgen. In unserem pro-filbildenden Forschungsschwerpunkt Energie-Effizienz und Nachhaltigkeit entwi-ckeln wir innovative Lösungen zur Integration Erneuerbarer Energien und der energetischen Optimierung industrieller Prozesse. Neue Speichertechnologien gehören ebenso zum Themenspektrum wie Projekte zur energetischen Sanierung bestehender Baukultur und energieeffizientem Bauen. An diesen und weiteren Schnittpunkten können Brandenburger Unternehmen anknüpfen. Damit wird die BTU ihren Beitrag für eine erfolgreiche Strukturentwicklung leisten.“

Brandenburger Energieeffizienzpreis

Zum dritten Mal verlieh Minister Gerber im Rahmen des Energietages den Bran-denburger Energieeffizienzpreis. Den Wettbewerb hatte das brandenburgische Wirtschaftsministerium gemeinsam mit der Landesgruppe Berlin-Brandenburg des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) ausgelobt. Die drei Preisträger erhal-ten ein vom Ministerium bereitgestelltes Preisgeld von je 5.000 Euro.

Den Unternehmenspreis erhielt Nahkauf in Fahrland. 1995 als Tante-Emma-Laden mit 65 Quadratmetern übernommen, hat der Markt mittlerweile eine Ver-kaufsfläche von 930 Quadratmetern. Trotz Erweiterung des Kühlregalangebots und der Kühltruhen wird Strom gespart. Insgesamt wurden durch Energieeffi-zienzmaßnahmen die Energiekosten um 32  Prozent gesenkt. Alle Maßnahmen sind auf andere Unternehmen übertragbar, insbesondere im Handelsbereich. Nahkauf ist ein Beispiel dafür, wie sich auch ein kleines energieeffizientes Unter-nehmen bei entsprechender Wirtschaftlichkeit gegen größere Handelsketten be-haupten kann.
 
Der Sonderpreis ging an die deematrix Energiesysteme GmbH. Die 2005 gegründete Firma hat sich Ende 2012 komplett auf Energiespeichertechnik speziali-siert und ist eines der technologisch führenden deutschen Unternehmen im Be-reich der saisonalen Energiespeicherung. Europaweit vertreibt deematrix als einziger Hersteller den zum Patent angemeldeten Langzeitenergiespeicher eTank und liefert den dynamischen deematrix-Energiemanager. Die Firma optimiert mit diesem Produkt Energieeffizienz verbunden mit erneuerbaren Energien. Genutzt wird das zum Beispiel im Kindergarten in Britz: mit Solarmodulen auf dem Dach der Kita und einem Energiespeicher in der Erde.
Mehr Infos über den eTank gibt es hier.

Der Kommunenpreis ging an die Stadt Eberswalde. Mit dem Bürgerbildungszentrum "Amadeu Antonio" hat die Stadt ein Haus der Bildung, Beratung und Begegnung geschaffen. Das historische Gebäude im Zentrum Eberswaldes, ur-sprünglich als Höhere Töchterschule erbaut, wurde  umfassend saniert. Durch verschiedene Maßnahmen wurde erreicht, dass der Endenergiebedarf deutlich unter dem Anforderungswert der Energieeinsparverordnung (EnEV 2012) liegt. Unter anderem wurden eine Wärmepumpenanlage und ein neuer Gasbrennwertkessel (mit Biogas-Beimischung) installiert.