Entwicklung emissionsarmer Luftfahrtantriebe der Zukunft

Innovative Flugantriebe für Kurz- und Mittelstrecken werden künftig in Cottbus geplant, getestet und umgesetzt. Wissenschaftler der BTU um Prof. Dr.-Ing. Klaus Höschler und Prof. Dr.-Ing. Georg Möhlenkamp arbeiten im Zentrum zur Erforschung hybrid-elektrischer (Flug-) Antriebe und Systeme an Lösungen für Luftfahrt, aber auch an Antrieben für die Bahn, Straße und Off-road.

Die Luftfahrt gilt als ein Treiber des Klimawandels. Der Anteil der globalen Luftfahrt an der Klimaerwärmung beträgt Angaben des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zufolge 3,5 Prozent. Mit heutigen Flugantrieben sind die Klimaziele der Politik kaum erreichbar. Eine Alternative bieten elektrische und hybrid-elektrische Antriebe. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der BTU um Prof. Dr.-Ing. Klaus Höschler und Prof. Dr.-Ing. Georg Möhlenkamp arbeiten im Zentrum zur Erforschung hybrid-elektrischer (Flug-) Antriebe und Systeme (Center for Hybrid Electric Systems Cottbus kurz: CHESCO) an Lösungen für Luftfahrt, aber auch an Antrieben für die Bahn, Straße und Off-road.

"Elektrische Motoren sind sehr effizient und leistungsstark. Batterie elektrisch werden in absehbarer Zeit nur kleinere Flugzeuge mit bis zu vier Passagieren unter einer Reichweite von 200 Kilometern fliegen können", sagt Prof. Möhlenkamp, Leiter des BTU-Fachgebiets Leistungselektronik und Antriebssysteme. "Im Vergleich zu Kerosin ist die Energiedichte von heute verfügbaren Batterien noch zu gering, um damit größere Verkehrsflugzeuge während eines Mittelstreckenfluges zu versorgen."

Hybrid-elektrische Antriebe und damit die Kombination von Gasturbine mit Generator oder Brennstoffzelle, Batterie und Elektromotor ermöglichen eine Vielzahl an unterschiedlichen Antriebssystemen. "Bisher sorgten Gastturbinentriebwerke in herkömmlichen Flugzeugen sowohl für die Energieerzeugung als auch für den Schub. Mit hybrid-elektrischen Antrieben kann man diese Prozesse entkoppeln. Daraus ergeben sich innovative Möglichkeiten im Design", sagt Prof. Höschler, Leiter des BTU-Fachgebiets Flug-Triebwerksdesign. "Die Turbinen hängen nicht mehr unter den Tragflächen, sondern können im Inneren der Flugzeuge untergebracht werden, der Schub wird mittels elektrisch angetriebener Propeller erzeugt. Für den zusätzlichen Antrieb beispielsweise beim Start können batteriegespeiste Elektromotoren mit Propellern zugeschaltet werden, die beim Sinkflug auch elektrische Energie rekuperieren können."
 
Durch die neuen Flugzeugkonstruktionen im Kurz- und Mittelstreckenverkehr könnte sich der Ausstoß an klimaschädlichen Gasen künftig signifikant reduzieren. Die Wissenschaftler rechnen mit 20 bis 30 Prozent Einsparungen. "Zusätzlich verringern wir mit diesen Konstruktionen den Lärm für die Menschen am Boden", so Prof. Möhlenkamp. "Sie werden die Maschinen in der Luft kaum noch hören."

Entwicklungen in der Luftfahrt sind langwierig, technologische Änderungen hohen Sicherheitsstandards unterworfen. "Unser Ziel ist es, die Entwicklungszeit innovativer Antriebstechnologien zu verkürzen", fasst Prof. Klaus Höschler die Ziele des Zentrums zusammen. "Das CHESCO soll in seiner finalen Ausbaustufe ab dem Jahr 2026 die Entwicklung, die Realisierung und den Test dieser Antriebstechnologien an einem Standort zusammenführen – vom Labor über eine Fertigungstätte bis hin zum Testzentrum", fasst Prof. Höschler die drei Areale des CHESCO zusammen. Eine wissenschaftliche Einrichtung, das Research Center, dient der Entwicklung des Designs von Komponenten und Systemen. Im Fertigungszentrum Fast-Make Electrification Research Center (f-merc) erstellen die Forschenden Prototypen, die im Test Center getestet werden. "Durch die Bündelung aller Kompetenzen und die vollständige Digitalisierung aller Entwicklungs-, Fertigungs-, Betriebsprozesse werden wir in kürzester Zeit neue Bauteile entwickeln können", so Prof. Höschler.

In Zusammenarbeit mit dem Institut für Elektrifizierte Luftfahrtantriebe des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), mehreren Fraunhofer-Instituten, ACCESS e.V. und Industriepartnern wie Rolls-Royce entsteht sukzessive bis zum Jahr 2026 ein integriertes Forschungszentrum im Technologie- und Industriepark (Tip) im Norden von Cottbus. Bis zu 400 Mitarbeiter*innen sollen künftig im CHESCO der BTU arbeiten.

Im Juni 2021 hat die Interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) Lausitz der Landesregierung die Förderwürdigkeit des CHESCO bestätigt. Am 5. Januar 2022 übergab die Brandenburgische Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle den Zuwendungsbescheid in Cottbus. Zuvor hat die Investitionsbank des Landes Brandenburg mit der Bewilligung des ersten Teilvorhabens für rund 39 Mio. Euro den Startschuss für den Aufbau eines Zentrums zur Erforschung hybrid-elektrischer (Flug-)Antriebe und Systeme an der BTU Cottbus-Senftenberg gesetzt. Insgesamt 238 Mio. Euro fließen in den nächsten fünf Jahren in den Aufbau und die Ausstattung des Forschungszentrums.

Weitere Mittel für ein erstes regionales Transferprojekt in Höhe von 17 Mio. Euro sollen bis 2026 Lausitzer Unternehmen ermöglichen, die hochmodernen, in f-merc angewandten Fertigungstechnologien kennenzulernen und damit ihr eigenes Produktportfolio weiterzuentwickeln.

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Klaus Höschler
Flug-Triebwerksdesign
T +49 (0) 355 69-4332
Klaus.Hoeschler(at)b-tu.de

Prof. Dr.-Ing. Georg Möhlenkamp
Leistungselektronik und Antriebssysteme
T +49 (0) 355 69-4021
Georg.Moehlenkamp(at)b-tu.de
Durch die neuen Flugzeugkonstruktionen im Kurz- und Mittelstreckenverkehr könnte sich der Ausstoß an klimaschädlichen Gasen künftig um bis zu 30 Prozent reduzieren. (Foto: DLR)