Kainuu Central Hospital Kajaani (Finnland)

  • Für mich stand fest, dass ich mein Auslandspraktikum wahrnehmen möchte, um über den Tellerrand hinaus schauen zu können. Ich hatte mich am Ende für eine Bewerbung in Kajaani entschieden, weil ich hier die Möglichkeit haben sollte, ein - für qualitativ hochwertige und moderne Pflege - bekanntes Gesundheitssystem kennenzulernen und somit einiges an theoretischen und vor allem praktischen Wissen für meine Ausbildung zu erlangen. Außerdem wollte ich meine Englischkenntnisse verbessern.

    Johanna S.
Hauptaufgaben & Krankenhaus
  • Medikamentengabe (Recheck der Tagesmedikamente, Infusionen und i.v.-Injektionen vorbereiten und verabreichen, medizinisches Rechnen)
  • Verbandswechsel/ Wundversorgung verschiedener Wunden und Verbandsarten (diabetischer Fuß, Amputationen, Redon, Negativdrucktherapie)
  • Vitalwerte (RR, P, T) messen, Schmerz erfragen, EKG schreiben
  • Essen austeilen und bei der Nahrungsaufnahme unterstützen
  • Visite begleiten
  • Unterstützen bei der Körperpflege
  • Patient*innen anleiten (z.B. Clexane spritzen)
  • Assistenz bei Ärzt*innen (Thoraxdrainage entfernen, Wundsäuberung)

    Das Krankenhaus wirkte auf den ersten Blick wie aus den 60er Jahren (6-Personen-Zimmer, Frauenbad, Männerbad, extra behindertengerechtes Bad für die ganze Station). Jedes Bett ist mit einem Vorhang abtrennbar. Nachdem man den räumlichen „Kulturschock“ überwunden hat, wurde man mit den modernen Prozessen „geschockt“. Hier läuft fast alles elektronisch und Arbeitsabläufe sind perfekt abgestimmt, alles um die Qualität und Patient*innensicherheit zu gewähren. Der Personalschlüssel und damit verbunden die Schülerbetreuung sind unglaublich gut. Auf maximal 23 Patienten kommen 6-7 (Frühschicht)/ 4-5 (Spätschicht)/ 2 (Nachtschicht) Pfleger*innen plus Schüler*innen. Lehrende, Pflegekräfte und Schüler*innen duzen sich untereinander und sprechen sich mit dem Vornamen an, auch das Verhältnis zu den Ärzt*innen ist weniger hierarchisch.

    Eindrücke

    Besonders beeindruckt hat mich die Mentalität der Menschen. Alle sind unglaublich freundlich und offen, und auch wenn die Person kein Englisch konnte, wurde versucht sich mit mir zu unterhalten, entweder mit Händen und Füßen oder mit dem Hinzuziehen eines „Dolmetschers“. Beeindruckend war für mich ebenfalls der Personalschlüssel. Auch die Kontrollen der Patient*innensicherheit (Hygieneschwester kontrolliert Händedesinfektion, Grund für Einsicht in die Patientenakte) waren für mich einprägend.

    Absolutes Highlight ist die Schülerbetreuung hier, sowie die generelle Ausbildung. So habe ich hier das erste Mal von einer Schwester gehört: „Wir bilden die Schüler*innen aus, um unsere Kolleg*innen sein zu können. Wenn man gute Kolleg*innen haben will, muss man sich auch in deren Ausbildung und Anleitung anstrengen.“  Hier ist es auch üblich, dass man als Schüler*in die Tätigkeiten selbst unter Anleitung durchführt und man nicht erst lange betteln muss bis man etwas gezeigt bekommt. Das war für mich mehr als ungewohnt.

    Auch die Patient*innengespräche waren unglaublich aufschlussreich und interessant.

    Und allgemein ist die Natur für mich einzigartig. Ich habe mich in die Landschaft verliebt. Jedoch muss man auch mit dem Wetter Glück haben. So wurde mir fast täglich gesagt, dass ich keinen normalen finnischen Frühling/ Sommer erlebe, denn ich hatte sehr viele sonnige und warme (ca. 20-23 Grad) Tage. Wobei auch manche Tage kalt waren und man nicht einmal die 10 Grad geknackt hat. Und es soll im Mai auch schon 20 cm Neuschnee gegeben haben. Also sollte man sich auf alles vorbereiten und vorher erkundigen und eigentlich von Winterjacke bis Badesachen alles dabeihaben.

    Bewerbung, Sprache & Ankommen

    Die Bewerbung (Motivationsschreiben und Lebenslauf) läuft über die Universität in Kajaani. Das sollte bis spätestens 6 Monate vor Beginn des angestrebten Praktikums erfolgen.

    Zur Sprache muss man sagen, dass man hier gut mit Englisch durchkommt, auch auf Arbeit, jedoch Grundkenntnisse (Begrüßungen, einzelne Vitalparameter, Schmerz erfragen, Zahlen…) auf Finnisch empfehlenswert sind, weil nicht jede/r Patient*in Englisch spricht. Ein paar ältere Patient*innen verstehen noch deutsch, weil das damals erste Fremdsprache in der Schule war.

    Ich hatte einen Student Mentor (gibt Einführung in die Unterkunft und Stadt), einen Teacher Mentor von der Universität (bespricht mit dir u.a. Lernziele), einen Nursing Mentor (kann sehr gut Englisch) sowie Jaana als allgemeine Ansprechpartner*innen. Man arbeitet hauptsächlich mit dem Nursing Mentor zusammen, weshalb man alle Schichten (auch Nachtschicht) und am Wochenende arbeitet. Man kann aber immer mit dem Mentor sprechen, wenn man den Dienstplan tauschen möchte oder einen bestimmten Tag frei haben möchte.

    Unterkunft

    Eine günstige Variante zum Wohnen ist das Studentenwohnheim direkt am Campus der Universität. Die Bewerbung hierfür erfolgt online (Informationen von der Internationalen Woche in Kajaani werden übernommen, lediglich der Zeitraum muss genannt werden).Ihr könnt auch ein paar Tage vor Beginn des Praktikums anreisen um euch einzuleben, Mindestaufenthalt ist ein Monat und der 10 Gehminuten entfernte LIDL hat auch sonntags bis 20.00 Uhr offen.

    In dem Apartment sind fünf Privatzimmer, eine Gemeinschaftsküche (Ausstattung variiert je nach Mitbewohner*innen und Überbleibseln der Vormieter*innen), sowie Bad mit Dusche und WC. Das Zimmer beinhaltet einen Kühlschrank, Wandschrank, Schreibtisch und Stuhl, Bett und Internetanschluss mit LAN-Kabel (sehr kurz, ich empfehle ein langes mitzunehmen/ zu kaufen oder einen WLAN-Router zu kaufen).

    Man lebt in dem Wohnheim mit anderen internationalen Studierenden zusammen. So kommt man also schnell mit weiteren Kulturen in Kontakt, jedoch ist zu beachten, dass das Sommersemester hier Ende Mai endet und dann viele Studierende nach Hause fahren und der Wohnheimcampus dann sehr leer sein kann. Allein sein wird man aber auf dem Campus nicht, denn es gibt eine SummerSchool. Auf dem Campus gibt es außerdem eine Sauna, sowie eine Waschmaschine und Trockner, welche mittels Handyabbuchung benutzt werden können. Man kann sich Fahrräder ausleihen, wobei ein offenes Geheimnis ist, dass die unabgeschlossenen Fahrräder hier auf dem Wohncampus zur freien Verfügung stehen. Das Apartment ist ungefähr 20 Gehminuten vom Krankenhaus entfernt und somit gut zu erreichen. Hier wird allgemein sehr viel per Karte bezahlt, auch kleine Beträge, wobei die nur selten zu Stande kommen, weil es hier um einiges teurer ist als in Deutschland.

    Stadtleben, Kontakte, Essen, Kultur, Sehenswürdigkeiten etc.

    Kajaani ist eine Stadt im Nordosten Finnlands mit ca. 37.000 Einwohnern. Die Stadt ist recht überschaubar und bietet nicht sehr viele Freizeitmöglichkeiten (zwei Diskotheken, Einkaufsmöglichkeiten wie H&M und Intersport). Die Tourist Information gibt auch gerne Ideen und Einkaufsmöglichkeiten für Lebensmittel sind ca. 10 Minuten (Lidl) oder 20 Minuten zu Fuß (K-Citymarket) entfernt. Alkohol kann man hier ab einem Alter von 18 Jahren in extra ALKO -Läden kaufen, Bier oder ähnliches bekommt aber fast überall. Jedoch ist Alkohol hier sehr teuer.

    Sehenswert sind die Ruinen von Kajaani Castle und die fabelhafte Natur. Wenn das Wetter mitspielt kann man großartige Tage und Abende an den Seen und am Fluss verbringen, wobei dann auf den Mückenschutz zu achten ist. Im Sommer muss man auch an die wunderschöne Mitternachtssonne denken. Eine Augenmaske war für mich der erster Kauf.

    Vom Busbahnhof oder Bahnhof kommt man gut in andere größere Städte wie Oulu (Zug ca. 2 Std) oder Rovaniemi (Christmas Village, wohl auch im Sommer ein Ausflug wert, Zug ca. 5 Std). Durch die Arbeit kommt man recht schnell in Kontakt zu Einheimischen, welche auch gerne Tipps geben, was man hier gemacht haben muss. So z.B. wurde mir das Anorak hier in Kajaani empfohlen, was aber nichts für den kleinen Geldbeutel ist.

    Das Essen ist ähnlich zum Deutschen, jedoch kommt das finnische Brot bei weitem nicht an das Deutsche ran. Typisch Finnisch wurde mir z.B. die Karl Fazer Schokolade, Minzbonbons mit Schokoladenfüllung und eine Art Spinatpfannkuchen mit Beerengelee empfohlen. Und wenn man schon hier ist, sollte man sich einmal Rentierfleisch gönnen, auch wenn es sehr teuer ist.

    Die Finnen sind hier sehr freundlich und offen. Wenn man auf der Straße angesprochen wird, dann versucht in Englisch zu sprechen. Mir wurde fast immer eine englische Übergabe gegeben und sogar eine englische Visite angeboten. Allgemein wirken die Menschen hier glücklich und gelassen. Jedoch ist zu bemerken, dass nicht jeder (auch auf Arbeit) englisch spricht, weshalb Finnischgrundkenntnisse unerlässlich sind (neben dem Einsatz von Händen und Füßen). Und das mit der Sauna in Finnland ist kein Gerücht. Fast jede/r liebt es (mittwochs) und samstags in die Sauna zu gehen.

    Finanzierung, Anreise, Visum, Impfungen etc.

    Selbstfinanzierung (4 Wochen ca. 900 Euro)
    Miete: 330 Euro (bei Reservierung bezahlt man eine Kaution in Höhe einer Miete)
    Bettwäsche: 25 Euro

    Die Anreise erfolgt meist über Helsinki nach Kajaani. Von Helsinki kann man fliegen (ca. 1 Std), mit Bus (8-10 Std) oder mit Zug fahren (7 Std). Wenn man rechtzeitig bucht, kann der Flug günstig gebucht werden, sodass das eine schnelle Möglichkeit ist. Außerdem wird von der Universität immer ein Abholservice organisiert, den man aber selbst bezahlen muss (vom Flughafen ca. 30€ per EC-Karte oder bar).

    Benötigte Unterlagen: Transcript of records (ECTS-Übersicht auf Englisch), Praktikumsvertrag und Übersicht über Impfungen. Für die allgemeine Einreise in Finnland braucht man keine besonderen Impfungen, jedoch gibt das Krankenhaus Vorgaben, welche Impfungen gemacht sein müssen  (DPT (Diphterie, Pertussis, Tetanus), Polio, MPR (Mumps, Masern, Röteln), Hepatitis B, Grippeschutzimpfung, Impfung oder serologischer Nachweis der Antikörper gegen Windpocken. Wichtig sind Arbeitsschuhe wie in Deutschland. Dienstkleidung gibt es in der Umkleide im Krankenhaus.

    Alle allgemeinen Infos kann man auch auf der Internetseite der Universität nachlesen.

    Einrichtung & Kontakt

    Praktikumsort

    Kainuu Central Hospital (Kainuun keskussairaala)
    Chirurgie (orthopädische Chirurgie, Gefäßchirurgie, Unfallchirurgie) / osasto 7
    Sotkamontie 13
    87300 Kajaani
    FINLAND

    Größe der Praktikumseinrichtung: ca. 900 MitarbeiterInnen und 275 Betten; die Station selbst hat 23 Betten

    Anprechpartner*in

    Jaana Härkönen
    T +358 44 7101 028
    jaana.harkonen(at)kamk.fi
    central-hospital.fi

    Hat die Praktikumseinrichtung weiterhin Interesse, Studierende aufzunehmen?

    ja