Schiffe aus Beton – Entwicklung einer Bauweise von den Anfängen bis zur Gegenwart

Diplomarbeit am Lehrstuhl für Bautechnikgeschichte und Tragwerkserhaltung verfasst von Rita Michelmann im Sommer 2005

Die Geschichte der Betonschiffe begann mit dem Betonkahn, erbaut von Graf Lambot im Jahre 1849 und erstreckt sich über die letzten 150 Jahre. Dabei zeigten sich einzelne Zeitabschnitte mit erhöhtem Baugeschehen, im Besonderen die der beiden Weltkriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Diese Phasen bilden den Kern der Entwicklungen im Bau von Schiffen aus Beton, begründet durch den kriegsbedingten Stahlmangel. In dieser Zeit wurden die meisten Fahrzeuge gebaut, Konstruktionen vorangebracht und Erfolge erzielt. Wobei sich eine enge Orientierung am zeitgenössischen Betonhochbau abzeichnete mit einzelnen schiffbauspezifischen Weiterentwicklungen.

Die Verwendung im Schiffbau stellte an die Baustoffe besondere Anforderungen. Für den Beton galt es eine Mischung zu finden, die vollständige Wasserdichtigkeit, geringes Gewicht, hohe Festigkeiten und Elastizität aufwies. Die Entwicklung eines Leichtbetons in Kombination mit den übrigen notwendigen Eigenschaften gelang in der Bauphase um den 1. Weltkrieg nicht. So kehrte man auf die Verwendung von Schwerbeton zurück oder kam mit geringeren Festigkeiten des Betons aus. Erst 1942, bei der Planung der Schalenschiffbauten, wurde ein geeigneter Leichtbeton mit gebranntem Ton als Zuschlagstoff entwickelt und eingesetzt. Für Schiffs- und Bootsbauten der jüngeren Vergangenheit wurde nicht der herkömmliche Stahlbeton verwandt. Man benutzte Ferrozement, ein Baustoff aus engen Bewehrungsnetzen und Zementmörtel, wodurch Wandstärken unter 1 cm verwirklicht werden konnten.

Bei der Herstellung der Schiffe setzten sich drei Hauptfertigungsweisen durch, die in Abhängigkeit zu der verwendeten Schalung standen. Der Beton wurde aufgeputzt, gestampft oder gegossen. Später auch aufgespritzt, nachdem sich um 1920 das Torkretverfahren in Deutschland durchsetzte. Am häufigsten wurde der Beton gegossen, was einen hohen Schalungsaufwand bedeutet. Neben den monolithischen Verfahren gab es Versuche mit Fertigteilen zu arbeiten, doch konnte sich keine dieser Methoden durchsetzen.

Bei der Konstruktion der Schiffe entwickelten sich zwei unterschiedliche Formen: die Spantenbauweise, entlehnt aus dem Eisenschiffbau und später im 2. Weltkrieg die Schalenbauweise. Bei der Spantenbauweise bildete man hohe schmale Rippenträger aus, um Gewicht zu sparen und hohe Widerstandsmomente zu erreichen. Doch zeigte sich, dass die Übertragung der Konstruktion aus dem Eisenbau keine konkurrenzfähigen Betonschiffe hervorbrachte. Mit der Ausbildung der Außenhaut in Schalenform konnten später aussteifende Rippen eingespart und somit das Eigengewicht der Schiffsrümpfe reduziert werden. Die Schalenbauweise charakterisierte eine geeignete Konstruktionsform aus dem Betonbau.
Bei Bestimmung der Belastungen, Berechnung und Vorschriften orientierte man sich anfänglich stark an den Eisenschiffen und entwickelte kaum spezifische Konzepte für den Betonschiffbau. Dies wirkte hemmend auf den Ausbau und führte zur Überdimensionierung der Schiffe. Erst im 2. Weltkrieg, bei der Konstruktion der Schalenschiffe, arbeiteten Klassifikationsgesellschaften und ausführende Firmen eng zusammen, um möglichst realitätsnahe Annahmen zu treffen.

Bei der Betrachtung der Entwicklungen des Betonschiffbaus stellte sich heraus, dass der Baustoff Beton nur in Zeiten großen Stahlmangels Einsatz im Schiffbau fand. Sobald ausreichend Stahl als Schiffbaumaterial vorhanden war, setzten sich keine Projekte des Betonschiffbaus durch. Der Hauptgrund dafür lag in dem hohen Eigengewicht der Betonschiffe im Vergleich zu den Stahlkonstruktionen. Selbst die Schalenform der Schiffskörper änderte dies nicht. Auch Vorteile der Betonschiffe, wie guter Strömungswiderstand durch glatte Außenhaut und geringeren Pflanzenbewuchs der Hülle, konnten dies nicht wettmachen.