Allgemeine Studien zur Wirkungsweise, Effizienz und Integration von Heizanlagen / Feuerstätten in Herrschaftlichen Barockbauten

Masterarbeit am Lehrstuhl Bautechnikgeschichte und Tragwerkserhaltung, verfaßt von Dipl.-Ing. Anke Fritzsch im September 2001

Sowohl das Schloß in Blankenburg, eine unregelmäßige Vierflügelanlage, als auch das englische Landhaus Holkham Hall, ein Zentralbau mit vier Pavillons, entstanden in der ersten Hälfte des 18. Jh.. Entworfen und gebaut wurden beide Objekte von Architekten, die den Theorien Vitruv's und Palladios folgten. Trotz der unterschiedlichen Grundrißformen sind die funktionalen Strukturen der Anlagen sehr ähnlich, denn beide besitzen neben einem Prunk- und Familienappartement repräsentative räume für die umfangreichen Buch- und Kunstsammlungen und eine Separierung der geistlichen und wirtschaftlichen Bereiche (Kirchen- und Küchenflügel).

Gegenstand der Untersuchungen in beiden Komplexen waren die Feuerstätten der einzelnen Räume. Dabei zeigte sich, daß man den klimatisch bedingten Anforderungen an die Wirksamkeit der Wärmequellen mit zwei unterschiedlichen Arten von Feuerstätten gerecht wurde. Waren in dem milden Ostengland offene Kamine für die Erwärmung der Wohnräume ausreichend, benötigte man in den kühlen Harzhöhen neben den offenen Kaminen zusätzlich gußeiserne Plattenöfen. Bedauerlicherweise kann der Ofenbestand des 18.Jh. nur noch mit Hilfe der Bauakten belegt werden, aber die bauzeitliche Gestaltung und Funktionsweise einzelner Kamine ist in situ erhalten. Es kann festgestellt werden, daß die Kamine in beiden Objekten mit einer weiten Feueröffnung, einem flachen eingestellten Rost und einem weiten, trichterförmigen Rauchfang dem allgemeinen "technischen Standard" in der ersten Hälfte des 18. Jh. entsprachen. Heute vorhandene eiserne Klappen zu den Rauchfängen bzw. komplette Rosteinbauten sind sehr wahrscheinlich nachträgliche Verbesserungsmaßnahmen.

Die künstlerisch sehr anspruchsvolle Gestaltung der Kamine sowohl in Blankenburg als auch in Holkham Hall verdeutlicht die Auffassung der Architekten über die eigentliche Funktion der Kamine. Für sie war der Kamin in erster Linie ein architektonisches Mittel für die Gestaltung des Raumes und die Umsetzung ihrer stilistischen Ansprüche. Das Dekor wurde auf die jeweilige Raumnutzung und Raumgröße exakt abgestimmt. Der Umstand, daß diese Feuerstellen wahre "Holzfresser" und oftmals auch ein rauchendes Übel waren, kümmerte sie weniger.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Plazierung der Kamine im Raum. Während der Standort der Kamine in Holkham Hall ganz klar von der Raumkonzeption bestimmt wurde, läßt die Anordnung der Kamine in den Ecken der sich kreuzenden Innentrennwände und die dadurch mögliche Bündelung der Rauchzüge deutlich funktionale Überlegungen erkennen.