Der kaiserliche Baurat Franz Ahrens - Aufbruch in die Moderne

Masterarbeit am Lehrstuhl Bautechnikgeschichte und Tragwerkserhaltung, verfaßt von Christian Reher im Winter 2002/2003

Franz Ahrens wurde 1858 in Danzig geboren. Von 1877 bis 1881 studierte er an der Bauakademie in Berlin und der TH- Carlottenburg. Anschließend stand er lange Zeit in staatlichen Diensten und arbeitete größtenteils als Bauführer, so konnte er nützliche Baupraxis erwerben. Aus dieser Zeit lassen sich drei Bauwerke nachweisen, an denen er maßgeblich beteiligt war bzw. die er selber entworfen hat: die Feuerwache Grunewald (1895), der Erweiterungsbau des Generalpostamtes in Berlin (1898) und das Jagdschloß in Petershain. Diese Bauten sind noch dem Historismus verhaftet, lediglich bei dem Jagdschloß sind Anklänge an den Jugendstil zu erkennen.

In einer nächsten Lebensphase ab 1904 bis zum I. Weltkrieg, in einem Alter von 46 Jahren, wurde er Direktor der ‚Berliner Terrain- und Bau AG’ und hat sich zeitgleich mit einem eigenen Architekturbüro selbstständig gemacht. In dieser Zeit hat er neue konstruktive Wege beschritten. Mit dem Kaufhaus Jandorf (1905) baute er ein ganz frühen Eisenbetonbau in Berlin. Ebenfalls in Eisenbeton entstand das Passagekaufhaus in dem eine der zwei ersten Betonrippenkuppeln überhaupt errichtet wurde. Nicht nur von der Bautechnik, sondern auch von der Haustechnik war die Passage sehr modern und anspruchsvoll. Leider gelang es Ahrens nur stellenweise die Konstruktion mit der Architektursprache in Einklang zu bringen. Anschließend entstand als reiner Betonskelettbau in Berlin-Kreuzberg der Viktoriaspeicher (1910), ein formal ansprechender Zweckbau. Es war für Ahrens eine sehr schaffensreiche und erfolgreiche Phase.

Ahrens Spätphase begann 1925 im Alter von schon 67 Jahren, in der er für die Berliner Busgesellschaft drei große sehr weit gespannte Hallen erbaute. Die Erste entstand in Charlottenburg (1926); die einwandigen Dreigelenkbögen mit unten liegenden Zugband überspannen 53 m x 90 m und 18 m x 90 m. Die anschließend in Treptow erstellte Halle (1928) war mit 70 m x 100 m die größte stützenfreie Halle in Berlin. Dies wurde mit halbparabelförmigen Fachwerkträgern erreicht. Eine letzte Halle konnte Ahrens im Wedding (1930)errichten, diese hatte wieder Dreigelenkbögen mit 63 m Spannweite, diesmal mit oben aufgehängten Zugband. Die Hallen haben Backsteinfassaden an denen die Stahlkonstruktion sichtbar in Erscheinung tritt. Der Stil ist der Moderne zuzuordnen mit deutlichen Reminiszenzen an den Expressionismus. Ahrens starb wahrscheinlich 1933 im Alter von 75 Jahren.

Ahrens’ Bauwerke waren technisch sehr anspruchsvoll und immer auf der Höhe der Zeit. Er konnte in enger Zusammenarbeit mit Bauingenieuren der Bautechnik sogar neue Impulse gegeben. Auch wenn Ahrens’ Werke nicht so stilprägend sind, wie die anderer Architekten der Zeit, so verdient er meiner Meinung nach doch mehr Beachtung. Seine Bauten sind konstruktiv gut durchgearbeitet, weisen eine hohe Funktionalität auf und sind ansprechend gestaltet. Alle Bauwerke von Ahrens stehen heute unter Denkmalschutz.