The “Elliptical Beams“ in the Winter Palace in Saint Petersburg – Survey, documentation and structural analysis

Masterarbeit am Lehrstuhl Bautechnikgeschichte und Tragwerkserhaltung, verfasst von Dustin Hässler im Frühjahr 2011

Im St. Petersburger Winterpalast wurden nach einem verheerenden Brand um 1840 die Decken und Dächer als schmiedeeiserne Konstruktionen neu errichtet. Viele der dafür vom Ingenieur Matthew Clark entwickelten Lösungen sind im bautechnischen Kontext als äußerst fortschrittlich zu werten.
Dazu zählt insbesondere auch der Elliptische Balken. Für diesen Trägertyp wurden mehrere Lagen Blech mit Winkelprofilen zu einem I-förmigen Querschnitt vernietet, wobei die äusseren Bleche gewölbt sind und die charakteristische annähernd elliptische Stegform bilden. In Abständen bis zu einem Meter angeordnet und zwischen den unteren Trägerhälften meist mit Gewölbekappen aus „Tontöpfen“ ausgemauert, bildet dieser Träger bis heute die Basis vieler Decken mittlerer Spannweite bis 16 Meter im Winterpalast. Zudem dienen sie auch für besondere Zwecke wie der lokalen Abhängung von Wänden oder schweren Kronleuchtern.
Dieser Trägertyp ist als einer der frühesten Vollwandträger überhaupt anzusehen und zudem relativ leicht und trotz der Schlankheit durch die Ausbildung als Hohlprofil sehr verwindungssteif. Durch den Einbau sowohl im Winterpalast als auch in anderen Gebäuden in St. Petersburg erscheint er bereits als ein typisches Serienprodukt der sich herausbildenden und damals bereits enorm leistungsfähigen russischen eisenverarbeitenden Industrie.

Ein erster Schwerpunkt der Masterarbeit ist die Dokumentation der Verwendung des Trägertyps im Winterpalast - hier konzentriert auf die Decken zwischen Obergeschoss und Dachraum, die für eine Bauaufnahme zugänglich sind und demnach zu ca. 40%m aus Elliptischen Balken gebildet werden.
Nach der Ableitung von Materialeigenschaften aus Versuchen und der Geometrie aus der Bauaufnahme sowie der Festlegung eines vereinheitlichten Lastansatzes erfolgt die Ermittlung der Tragfähigkeit in zwei Stufen. Anhand einfacher Modelle werden zunächst „per Hand“ mögliche Versagensformen des Trägers mit Berechnungsansätzen des Eurocodes insbesondere hinsichtlich der Stabilität untersucht, dazu gehören auch Überlegungen zum realitätsnahen Ansatz von z.B. Auflagersituation oder Nietverbindungen.
Die Ergebnisse bilden die Referenz für die folgende FEM-Berechnung. Das mit ANSYS erstellte Modell ermöglicht in diesem Fall eine genauere Erfassung des Tragverhaltens. Damit konnten dann sowohl die relevante Versagensform präzisiert als auch eine entsprechende Grenztragfähigkeit unter Berücksichtigung der Kriterien des Eurocode ermittelt werden – jeweils in Abhängigkeit von der Trägferlänge.
In Anbetracht von Überlegungen zur Nutzung von Dachräumen für Museumszwecke lassen sich so direkt mögliche zusätzliche Verkehrslasten für verschiedene Dachräume abschätzen.