DRÜBER UND DRUNTER – Schicht für Schicht Neue urbane Nutzungen für den Berliner Großmarkt

Wie kann der Berliner Großmarkt im Kontext von Klimawandel, Verkehrs- und Ernährungswende sowie städtischer Flächenknappheit zu einem zukunftsfähigen und urbanen Ort mit Mehrwert für die Stadtgesellschaft werden?

Aufgabe des AIV-Schinkel-Wettbewerb 2021 war die Entwicklung einer städtebaulichen Vision für die Zukunft des Berliner Großmarktes, die den Wandel des bisher isoliert gelegenen und weitgehend unbekannten Geländes vom blinden Fleck zum vollwertigen Baustein im Stadtgefüge beschreibt. Neue Nutzungen und eine bessere Vernetzung mit der Umgebung sollen das Gebiet aktivieren und den Großmarkt in Zukunft auch als städtischer Ort sichtbar und nutzbar machen. Er soll Raum bieten, stadtgesellschaftliche Fragestellungen zu diskutieren, zu erforschen und zu lösen und den Themen Ernährung und Lebensmittelproduktion eine Bühne bieten. Der Großmarkt soll zu einem Anziehungspunkt für ganz Berlin werden, ohne dass der Großmarktbetrieb als solcher gestört wird.

Um die Aufgabenstellung zu erfüllen, wurde ein städtebaulicher Entwurf erarbeitet. Nach einer umfassenden Bestandsaufnahme, mehreren Exkursen zu inhaltlichen Einzelthemen sowie zahlreichen Konzeptentwürfen und Kurzstudien entstand so der Entwurf mit dem Titel „DRÜBER UND DRUNTER – Schicht für Schicht“. Die Arbeit wurde mit dem Schinkelpreis in der Fachsparte Städtebau und dem Hans-Joachim-Pysall-Reisestipendium ausgezeichnet.

Im Ergebnis des Entwurfsprozesses entsteht ein attraktiver Ort von gesamtstädtischer Strahlkraft. Aus dem ehemals monofunktional genutzten Gelände wird ein vielseitiges Quartier, welches neben der weiterhin bestehenden Kernnutzung als Großmarkt auch Raum für zahlreiche weitere Nutzungen bietet. In den Hochpunkten und im Quartier Beusselstraße ist Platz für Büros, Manufakturen, Ateliers, Einzelhandel und Gastronomie. Während das Gelände heute tagsüber nach Marktschluss nahezu ausgestorben ist, werden sich in Zukunft zu allen Tages- und Nachtzeiten Menschen auf dem Areal bewegen, arbeiten und treffen können. Insbesondere die neuen Freiräume auf den Hallendächern, am Forum und im Park am Neuen Ufer bilden Anziehungspunkte für alle Berliner:innen und schaffen einen Mehrwert für die umliegenden Quartiere. So rückt der Berliner Großmarkt näher an die Stadt und wird von einem reinen Ort des Handels zusätzlich zu einem Ort für Gemeinschaft, Arbeit, Kreativität, Forschung und Austausch.

Zentral für den Entwurf ist ein neuer Modus der An- und Auslieferung sowie der internen Logistik, welcher nicht mehr ausschließlich auf den Lkw-Verkehr setzt. Neben der klimaschützenden Wirkung können so die nötigen Flächen für die umfassende Neustrukturierung gewonnen werden. Das Kreuz und das darunter verlaufende Warenverteilsystem ermöglichen sowohl eine optimale Anbindung an alle drei verfügbaren Verkehrsträger als auch eine intelligente interne Logistik. Durch seine Begehbarkeit wird das Kreuz zusammen mit den Dachfreiflächen zu einer zusätzlichen Stadt-Schicht und verleiht dem Ort einen individuellen Charakter.

Der vorgestellte Entwurf zeigt, dass es möglich ist, einen isolierten und vom städtischen Kontext abgekoppelten Ort wieder in das Stadtgefüge zu integrieren. In einer wachsenden Stadt mit hohem Entwicklungsdruck auf innerstädtischen Flächen sollte dies auch auf andere große Gewerbestandorte übertragbar sein. Dabei geht es keinesfalls darum, Gewerbe und Handel aus der Stadt zu vertreiben, sondern – im Gegenteil – Gewerbe und Stadt wieder miteinander zu vereinen. Am Ende entsteht ein Mehrwert für alle – die Gewerbetreibenden und die Stadtgesellschaft als Ganzes.

Bild 1 Vogelperspektive

Der Großmarkt als vielschichtiger und verknüpfender Ort für Warenumschlag, Mobilität und städtisches Leben

Bild 2 Lageplan Städtebaulicher Entwurf

Das Kreuz als zentrales Element des Großmarktes und Verbinder zwischen Park, Forum, neuer Markthalle und den umliegenden Quartieren

Bild 3 Maßnahmenplan

Defizite beheben, Potentiale ausschöpfen, Perspektiven eröffnen

Bild 4 Visualisierung Forum

Markthalle mit Vorplatz zum Hochsteg im Quartier Beusselstraße

Bild 5 Visualisierung Markthalle

Forum mit Blick auf das House of Food+ und die Freitreppe zu den Hochstegen

Bild 6 Visualisierung Park am Neuen Ufer

Park am Neuen Ufer mit Blick über den Charlottenburger Verbindungskanal auf das umgenutzte Pförtnerhäuschen