Landesgartenschauen als Instrument der Stadt- und Freiraumentwicklung in peripheren Kleinstädten Eine vergleichende Fallstudien-Analyse der Gartenschauen Löbau, Prenzlau und Schmalkalden.

Inwiefern sind Landesgartenschauen in peripheren und strukturschwachen Kleinstädten als Instrument der Stadtentwicklung kurz-, mittel- und langfristig erfolgreich?

Im Zuge der fortlaufenden Verstädterung liegt der Fokus aktueller Planungsdiskussionen auf den „Global Cities“, „Megacities“ und Großstädten. Trotz ihrer quantitativen Dominanz und der gleichzeitigen qualitativen Signifikanz nehmen die deutschen Kleinstädte im politischen Diskurs und in wissenschaftlichen Debatten gerade einmal eine Randrolle ein. Insbesondere periphere Kleinstädte stehen dabei aktuell vor großen Herausforderungen, wenn auch die generellen Problemstellungen kein neues Phänomen darstellen. Seit Mitte der 1970er Jahren standen deutsche Städte vor einer Phase der Desurbanisierung, die von Schrumpfungsprozessen, ökonomischer Stagnation, Globalisierung und einer handlungseingeschränkten kommunalen Planung geprägt war. Als Reaktion entwickelte sich mit der „Festivalisierung“ eine neue Art der Stadtpolitik, die durch die Ausrichtung von Großereignissen die Stadtentwicklung gezielt voranbringen sollte. Während hierfür Formate wie die Olympischen Spiele oder Internationale Bauaustellungen als prominente Beispiele bekannt sind, nehmen auch Landesgartenschauen eine Rolle in der Debatte ein. Hervorgegangen aus dem Bundesgartenschau-Format sollten diese die positiven Impulse einer Gartenschau nicht nur in Großstädte, sondern auch in mittlere und kleine Städte mit geringerer Finanzkraft tragen. Damit galten sie schon von Beginn an auch als Instrument der Stadtentwicklung und des Städtewettbewerbs, was die Anwendung heute gerade in (sehr) peripheren Kleinstädten mit niedrigen Entwicklungsdruck interessant macht. Vor dem Hintergrund allgemeiner Festivalisierungs-Risiken, sowie spezifischer Kritik zu intransparenten Förderverfahren und dem großen finanziellen Risiko für die Austragungsstädte, zeigt sich jedoch auch die Überprüfung der Dauerhaftigkeit umgesetzter Maßnahmen und erzielter Auswirkungen auf Stadtentwicklung, Ökologie und Ökonomie als notwendig.

Vor diesem Hintergrund ist das Ziel dieser Masterarbeit, die Rolle von Landesgartenschauen als alternatives Stadtentwicklungs-Instrument in (sehr) peripheren und strukturschwachen Kleinstädten detailliert zu erforschen und insbesondere bezogen auf Zielerreichung und Legacy zu analysieren. In diesem Zuge soll die Frage beantwortet werden, inwiefern Landesgartenschauen in peripheren und strukturschwachen Kleinstädten als Instrument der Stadtentwicklung kurz-, mittel- und langfristig erfolgreich sind.

Nach einer Literaturrecherche basierten Aufarbeitung der theoretischen Grundlagen (Kleinstadt, Festivalisierung, Gartenschau) werden im Hauptteil die Landesgartenschauen der drei ostdeutschen Kleinstädte Löbau, SN (2012), Prenzlau, BB (2013) und Schmalkalden.TH (2015) detailliert dargestellt und analysiert. Die Fallstädte wurden hierfür nach Bevölkerungsanzahl, Lage, Strukturstärke und Austragungsjahr aus der Reihe der Landesgartenschau-Kleinstädte ausgewählt. In einem finalen Schritt werden die erarbeiteten Ergebnisse in einer tabellarischen Gegenüberstellung miteinander verglichen, um den Zusammenhang von Entwicklungen mit dem Format Gartenschau abschätzen zu können.

Mit dieser Methodik belegt die Arbeit, dass das Format Landesgartenschau in allen drei betrachteten peripheren und strukturschwachen Kleinstädten als effektives und dauerhaftes Instrument der Stadt- und Freiraumentwicklung eingesetzt werden konnte. Im Zuge der Durchführung wurden hierbei bedeutende Fortschritte im laufenden Stadtumbau erzielt und die Attraktivität der Städte langfristig erhöht. Trotz einer drohenden Trivialisierung der Feste an sich und einem überwiegenden Ausbleiben von langfristigen wirtschlichen Auswirkungen bietet das Format so auch in Zukunft erhebliche Potenziale für die Stadtentwicklung strukturschwacher Kleinstädte in peripheren und sehr peripheren Lagen.

Bild 1 Stadt- und Gemeindetypen 

Die Signifikanz des Typus Kleinstadt in der heterogenen deutschen Siedlungsstruktur zeigt sich auch in der quantitativen Dimension dieser. Mit einer Gesamtbevölkerung von rund 24 Mio. Einwohnenden leben hier mit fast 30% der deutschen Gesamtbevölkerung nahezu gleich viele Menschen, wie jeweils in den Groß- und Mittelstädten. Mit Blick auf die absolute Anzahl und Gesamtfläche der Kleinstädte dominieren sie die Siedlungsstruktur sogar deutlich.

Bild 2 Größe der LAGA-Städte

In der Geschichte des Formats Landesgartenschau zeigt sich, dass auch Kleinstädte als Austragungsstädte eine immer größere Rolle spielen. Während Anfangs ein Großteil der Veranstaltungen in Groß- und Mittelstädten stattfanden, werden diese spätestens seit der Jahrtausendwende in Städten mit unter 50.000 Einwohnenden ausgetragen. Der Trend geht weiterhin zur Kleinstadt und wird in Ländern wie Bayern und Baden-Württemberg durch die Entwicklung neuer kleinerer Formate weiter unterstützt.

Bild 3 LAGA-Effekte 

Auch wenn Landesgartenschauen in diesen Maßstäben im Vergleich zu den großen Projekten der Festivalisierungspolitik unspektakulär erscheinen können, sind sie für die Austragungsstädte und deren Umgebungen mit Blick auf ökonomische Faktoren und die Stadtentwicklung von großer Bedeutung. Neben der Möglichkeit Aufmerksamkeit von außerhalb der Stadt und der Region zu generieren können eine Reihe direkter oder indirekter Auswirkungen auf die Stadt und Region hinzukommen.

Bild 4 Entwicklung Schmalkalden 

Am Beispiel der Landesgartenschau 2015 in Schmalkalden zeigen sich die deutlichen Auswirkungen des Formats auf die räumliche Entwicklung der Austragungsstadt. So konnten im Zuge der Veranstaltungen neben der Qualifizierung bestehender Grünflächen ehemals brachgefallene Flächen in eine großflächige Parklandschaft umgewandelt werden. Darüber hinaus wurden gewerblich genutzte Flächen neu strukturiert und aufgewertet. Auch die beiden anderen Fallbeispiele zeigten vergleichbare Fortschritte in der Stadtentwicklung.

Bild 5 Kommunale Verschuldung

Während sich einige Landesgartenschau-Kritiken auf das hohe finanzielle Risiko der Austragungsstädte beziehen, zeigen die drei Fallbeispiele hierfür differenzierte Auswirkungen. Löbau und Schmalkalden mussten mit der Vergabe und spätestens mit der Durchführung einen deutlichen Anstieg der Verschuldung notieren, der bis heute nicht auf den Ursprungsstand zurückgekehrt ist. Prenzlau konnte mit Ausnahme des Durchführungsjahr seinen Schuldenabbau weiter vorantreiben.

Bild 6 Gewerbesteuereinnahmen 

Die häufig erhofften wirtschaftlichen Vorteile einer Landesgartenschau können in der Arbeit nicht klar belegt werden. Zwar zeigen die Durchführungsjahre in allen Beispielen einen temporären Höchststand der Gewerbesteuereinnahmen, jedoch fielen die Werte in den darauffolgenden Jahren wieder ab. Weiterhin weist lediglich Schmalkalden eine klare positive touristische Entwicklung auf. Prenzlau zeigt eine differenzierte Entwicklung, Löbau langfristig einen deutlichen Rückgang. Intangible Auswirkungen durch die Bekanntmachung des gärtnerischen Berufsstandes oder die Entwicklung des Veranstaltungsparks Löbau konnten nicht überprüft werden.