Signaturen stark gestörter Landschaften – am Fallbeispiel von Bergbaulandschaften

Fragestellung

Zu den wenigen verbleibenden terrestrischen „weißen Flecken auf der Landkarte“ gehören Bergbaugebiete weltweit. Bergbaugebiete sind jedoch nur ein Beispiel für Regionen, die durch erhebliche Störungen geprägt sind. Anders als die kartographische „terra incognita“ gestörter Landschaften erwarten lässt, geht das beantragte GRS-Microcluster dementsprechend davon aus, dass stark gestörte Landschaften durchaus durch spezifische „Signaturen“ gekennzeichnet sind.
Signaturen von gestörten Landschaften im Sinne dieses Microclusters manifestieren sich in messtechnisch nachweisbaren, raumzeitlichen Musterbildungen und sind Ausdruck von skalenübergreifenden Stoffumsetzungs- und -verlagerungsvorgängen.
Die zentralen Fragestellungen des Verbundvorhabens sind:

  • Anhand welcher spezifischen raumzeitlichen Musterbildungen lassen sich Signaturen gestörter Landschaften im Vergleich zu ungestörten Landschaften identifizieren und wie lassen sie sich erklären?
  • Sind gestörte Landschaften Stoffquellen für benachbarte, ungestörte Landschaftsteile und welche Auswirkungen haben diese Stofftransporte?

Zur Bearbeitung dieser Fragestellungen wird das Microcluster das Fallbeispiel der Niederlausitzer Bergbaufolgelandschaften nutzen.

Zielstellung

Generelles Ziel des Vorhabens und vorgesehener Nachfolgevorhaben ist die Verbesserung des Gesamtverständnisses gestörter Landschaften. Darauf aufbauend sollen in Nachfolgevorhaben diese Kenntnisse auf weitere gestörte Landschaften, außerhalb von Bergbaulandschaften übertragen werden. Zu den weiteren Zielen des Verbundvorhabens bzw. möglicher Nachfolgevorhaben gehört auch die Schaffung von fundierten Erkenntnissen, die für eine Optimierung von Möglichkeiten zur Integration gestörter Landschaften in ihre gewachsene Umgebung genutzt werden können.

TP 1: Transiente Wasserhaushaltsdynamik

ausführende Einrichtung im ZfNL: BTU, Lehrstuhl Hydrologie und Wasserressourcenbewirtschaftung, Forschungszentrum Landschaftsentwicklung und Bergbaulandschaften (FZLB)

Projektleitung: Prof. Dr. Christoph Hinz, Dr. Daniel Caviedes-Voullième, Dr. Davood Moghadas

Projektbearbeitung:Brian Alan Hafar, M.Sc. (Doktorand)

Hydrologische und biogeochemische Prozesse sind nach Störungen entkoppelt und bilden erst während der Neuorganisation des Systems neue Prozessnetzwerke. Räumliche und zeitliche Muster auf allen Skalenebenen zeigen den Grad der Vernetzung. Indikatoren für den Zustand des Wasserhaushalts sind sich verändernde Oberflächen- und Gemeinschaftsmuster (Vegetation & Fauna), die mittels Zeitreihenanalyse und Fernerkundungsdaten  ermittelt und modelliert werden sollen.

TP 2: Umsetzung organischer Substanz

ausführende Einrichtung im ZfNL: BTU, Lehrstuhl Gewässerschutz, Lehrstuhl Bodenschutz und Rekultivierung

Projektleitung im ZfNL:apl. Prof. Dr. Michael Mutz, apl. Prof. Dr. Wolfgang Schaaf

Projektbearbeitung:José Schreckinger, M.Sc. (Doktorand), Tatiana Kholiavko, M.Sc. (Doktorandin)

  • Rezente organische Substanz fehlt häufig in Bergbaufolgelandschaften, besitzt jedoch Schlüsselfunktionen für Ökosysteme.
  • Es wird davon ausgegangen, dass die raum-zeitliche Wasserverfügbarkeit gestörter Landschaften mit einem besonderen Prozessgefüge bei Umsatz und Mineralisation organischer Substanz in Böden und Gewässern verbunden ist.
  • Vorgesehen sind Abbauversuche mit unterschiedlicher Streu sowie Respirations- und CO2-Emissionsmessungen entlang von Feuchte- und Vegetationsgradienten einschließlich ephemerer Fließgewässer.

Der Umsatz rezenter organischer Substanz ist eine Schlüsselfunktion in aquatischen und terrestrischen Ökosystemen. In Initialstadien nach drastischen Störungen durch massive Verlagerungen von Substrat kommt diesem Prozess besondere Bedeutung für die Entwicklung ökologischer Boden- und Sediment-Funktionen zu. Es wird davon ausgegangen, dass die in diesen Systemen gestörte oder fehlende ecological memory und die besonderen Umweltbedingungen (z.B. die raum-zeitliche Verteilung und Verfügbarkeit von Wasser) zu einem spezifischen, teilweise entkoppelten Prozessgefüge bei Umsatz und Mineralisation organischer Substanz in Böden und Gewässern führen. Diese spezifischen Prozessgefüge bedingen messbare Signaturen, wie z.B. eine besondere Abhängigkeit der Bodenrespiration oder des Streuabbaus von der Wasserverfügbarkeit und damit verbunden eine besondere Dynamik dieser Prozesse. Vorgesehen sind Abbauversuche mit unterschiedlicher Streu sowie Respirations- und CO2-Emissionsmessungen entlang von raum-zeitlichen Gradienten der Wasserverfügbarkeit gestörter Übergangszonen von Fließgewässern zu terrestrischen Bereichen. Ergänzt werden diese Freilandmessungen durch Prozessstudien in Mikro- und Mesokosmenexperimenten unter kontrollierten Bedingungen.

TP 3: Signaturen stark gestörter Landschaften – am Fallbeispiel von Tagebauseen in Bergbaulandschaften

ausführende Einrichtung im ZfNL: BTU, Lehrstuhl Gewässerschutz, Fachgebiet Ökologie

Projektleitung:Prof. Dr. Brigitte Nixdorf, Prof. Dr. Klaus Birkhofer

Projektbearbeitung:Lanya Feng, M.Sc. (Doktorandin),  Jörn Jander MSc.

Tagebauseen zeigen charakteristische Ausprägungen der Gewässergüte und sind ökologisch sehr junge, hoch dynamische und instabile Systeme. Die Primärproduktion ist durch geringe Kohlenstoffverfügbarkeit und hohe Phosphorbindung an Eisen begrenzt. Als Folge sind Tagebauseen netto-heterotrophe Systeme mit erhöhter CO2-Produktion. Untersucht werden sollen die mikrobielle und planktische Produktion und Respiration und die daraus resultierenden Austräge in Nahrungsnetze der umgebenden terrestrischen Habitate.

TP 4: Eintrag und Wirkung von Eisen aus Bergbau-Regionen: Ausbreitungsmechanismen und biogeochemische Signaturbildung

ausführende Einrichtungen im ZfNL: IGB, Abt. Chemische Analytik und Biogeochemie / BTU, Lehrstuhl Gewässerschutz

Projektleitung:Dr. Michael Hupfer, Dr. Björn Grüneberg

Projektbearbeitung: Giulia Friedland, M.Sc. (Doktorandin)

Als Folge des Niederlausitzer Braunkohlebergbaus werden vor allem Eisen und Sulfat in die Spree und deren Zuflüsse eingetragen. Dies führt zu geänderten Stoffumsatzprozessen und typischen Sedimentmustern in Abhängigkeit von der Entfernung zur Eintragsquelle (Störung). Geplant sind Analysen der Sedimentzusammensetzung, Experimente zur Wechselwirkung mit Kohlenstoff sowie die Einbeziehung von Fernerkundungsmethoden.