EXPAND+ER WB³ Showcase Entwicklungsfeld I: Vernetzung von Weiterbildungsdatenbanken

Bedarf für interoperable Schnittstellen und Datenformate

Die Fraunhofer Gesellschaft, allen voran ihr Institut Fraunhofer FOKUS, arbeitet an einer Reihe von Forschungs- und Entwicklungsprojekten mit Bezug zu Bildungstechnologien. Wichtigste Vorarbeit für das Projekt in diesem Zusammenhang ist die CLM. In der Vergangenheit wurden zum Beispiel ca. 50 Lehr-/Lerntechnologien als Insellösungen durch die einzelnen Fraunhofer Institute umgesetzt, die bislang nicht untereinander kompatibel waren. Diese sind in einer gemeinsamen Infrastruktur zu vereinen, um beispielsweise ähnliche Bedarfe aus der Wirtschaft zu adressieren. Im EXPAND+ER WB³-Projekt besteht nunmehr die Möglichkeit, die CLM auch im Kontext mit konkreten Inhalten und Nutzeranforderungen durch die am Projekt beteiligten Bildungsdienstleister weiter zu entwickeln.  

Mediatorplattform für interoperable Bildungsdienste

Die Fraunhofer Common Learning Middleware (CLM) adressiert eine Reihe von technischen Herausforderungen und zielt auf funktional-qualitative Verbesserungen im gesamten Bildungssystem ab. Die CLM hat bei der Konzeption von technischen Bildungsökosystemen jeweils die Bedarfe der Nutzenden und aktueller sowie zukünftiger Infrastrukturen, aber gleichzeitig auch die Unterstützung existierender Lösungen (Legacy Technologien) im Blick. Zu den von der CLM adressierten Fragestellungen gehören:

  • Wie kann eine allumfassende nahtlose Lernerfahrung für die Nutzenden ohne technische Barrieren oder dem Wechsel von Systemen auf Basis des fragmentierten Bildungstechnologiemarktes gewährleistet werden?
  • Wie kann eine interoperable und flexible Bildungsinfrastruktur im Sinne des Best-of-Breed Paradigmas aufgebaut, dabei aber Abhängigkeiten von einzelnen Anbietern und Diensten sowie Lock-In Effekte vermieden werden?
  • Wie kann auf unterschiedliche weit verbreitete Standards und Spezifikationen, beispielsweise in Bezug auf Kursbeschreibungen, Medien und Metadaten, Schnittstellen zum Zugriff auf Inhalte und Dienste, Aktivitätsdaten, sowie erlangte Fähigkeiten und Kompetenzen, aufgesetzt werden ohne dabei existierende Systeme mit offenen Schnittstellen zwangsweise auszuschließen?
  • Wie können Daten (bspw. Kursbeschreibungen, Zugangs-, Profil-, Kompetenz- oder Nutzungsdaten), die für den Betrieb vieler verteilter Bildungsdienste notwendig sind, sicher und trotzdem interoperabel zwischen diesen geteilt werden?
  • Wie können Synergien zwischen horizontalen und vertikalen Bildungsangeboten (bspw. bei der Erstellung von Inhalten und dem Betrieb von technischen Komponenten) zwischen verschiedenen Bildungseinrichtungen geschaffen werden?

Funktionsweise

Die CLM basiert auf offenen Standards und Spezifikationen für Bildungstechnologien, darunter standardisierte Schnittstellendefinitionen und persistente Aktivitätsdaten, Metadatenspezifikationen für Inhaltsstrukturen, sowie Lernobjekte zur Wissensvermittlung und -überprüfung. Sie ist als mandantenfähige Komponente für verschiedene Bildungsakteure und Institutionen entwickelt worden. Über den CLM-Management-Dienst ermöglicht die Common Learning Middleware die Verwaltung von Benutzerrollen und Einschreibungen in Lernobjekte oder ganze Kurse und übernimmt die Zugriffskontrolle für Lerninhalte und -dienste. Die CLM setzt durchweg auf interoperable Standards. Dementsprechend können Dienste, die den gleichen Standards folgen, direkt angebunden werden. Dazu gehören insbesondere:

  • Benutzerschnittstellen (Applikationen, LMSe, Portale, Apps), welche die von der CLM orchestrierten Inhalte und Angebote präsentieren, für Endnutzende, wie Lernende, Lehrende sowie organisatorische und administrative Verantwortliche
  • Vorhandene Benutzerverzeichnisse und Single Sign-On Lösungen
  • Datenbanken zur Speicherung von bspw. Profil-, Einschreibungs- oder Aktivitätsdaten (insbesondere Learning Record Stores)
  • Repositories/ Datenbanken für Lernmaterialien, welche Medien und Meta-Daten bereitstellen
  • Weitere Dienste (Service Provider), welche interaktive oder adaptive Lerninhalte bereitstellen: z.B. VR/AR Dienste, Learning Analytics Komponenten, KI-Systeme, Kompetenzverwaltung, Personenzertifikate/ Zeugnisse, Portfoliomanagement, HR-Tools, etc.

Im zugrunde liegenden Konzept werden Elemente, die in den Applikationen für die Nutzenden angeboten werden sollen, sei es ein Text, ein Bild, ein Video, ein Dashboard oder eine virtuelle Realität, als Lernobjekt (auch Launchable Object oder Tool) abstrahiert. Die anbietenden Server, welche Medien und Dienste für die Infrastruktur anbieten, fungieren als Service Provider und können ihre Angebote in der Middleware anmelden (publish / subscribe). Ein Launchable Object kann über die Schnittstellen der Middleware standardkonform angebunden und der Applikation bekannt gemacht werden. Das Objekt wird entsprechend nicht in ein anderes Server-System kopiert, sondern direkt vom ursprünglichen Service Provider abgerufen.

CLM im EXPAND+ER WB³-Projekt

Das Projekt stellt die Kompetenzen der Nutzenden in den Vordergrund. Einerseits werden die bereits erlangten sogenannten IST-Kompetenzen in einem persönlichen Benutzerprofil gespeichert. Dieses Benutzerprofil kann manuell von den Teilnehmenden gepflegt und um Bildungsnachweise am Ende erfolgreicher Kursteilnahmen ergänzt werden. Die Nutzenden haben dabei die volle Kontrolle über ihre Daten und können selbst entscheiden mit welchen Plattformen sie welche Daten teilen und welche Plattformen das Benutzerprofil bearbeiten dürfen.

Hinzukommen die SOLL-Kompetenzen in den Benutzerprofilen. Das sind jene Kompetenzen, die durch die Nutzenden noch erlangt werden sollen, beispielsweise weil sie für die Ausübung einer vielversprechenden neuen Tätigkeit notwendig sind, weil ein entsprechender Bedarf seitens des Arbeitgebers formuliert wurde oder weil sie einfach den aktuellen Interessen der Lernenden entsprechen.

Um die SOLL-Kompetenzen bestmöglich zu decken, werden im EXPAND+ER WB³-Projekt über Empfehlungsalgorithmen und semantische Suchverfahren solche Kurse ausgewählt, in denen die passendsten Kompetenzen vermittelt werden. Dafür müssen bestehende Kursbeschreibungen, die beispielsweise auf dem DEfTIS-Standard basieren, um die entsprechenden Datenstrukturen für Kompetenzen erweitert werden.

Die Common Learning Middleware hat dabei im EXPAND+ER WB³-Projekt die Aufgabe, die Systeme der Bildungsträger mit einer übergeordneten Weiterbildungssuchplattform zu vernetzen, ohne diese direkt abhängig voneinander zu machen. Bildungsträger können beispielsweise ihre Kursbeschreibungen auf Basis der DEfTIS-Erweiterung an unterschiedliche Kursdatenbanken über die CLM weiterleiten. Die Suchplattformen können wiederum übergreifend nach passenden Kursen in den Datenbanken suchen, um die SOLL-Kompetenzen ihrer Nutzenden zu decken. In den von den Datenbanken ausgelieferten Kursbeschreibungen ist zudem ein Buchungslink als Deeplink enthalten, sodass die Interessierten direkt an den Bildungsträger zum Buchen weitergeleitet werden. Sofern Suchplattform und Bildungsträger den gleichen Single Sign-On Mechanismus anbieten, ist zudem keine separate Anmeldung des Nutzenden notwendig. Nach der erfolgreichen Beendigung des Kurses können die erlangten Kompetenzen in die persönliche Bildungsbiographie (bspw. im EUROPASS-Profil) gespeichert und so wiederum der Suchplattform für die nächste personalisierte Suche zugänglich gemacht werden.

Tests & Erprobung

FOKUS sammelte in verschiedenen Workshops umfangreiches Feedback und Ideen der Partner. Diese wurden dann in einem ersten Entwurf der Plattformfunktionalität adressiert, z.B. durch Plattform-Wireframes. Darüber hinaus wurden bestehende Bildungsplattformen recherchiert, um über Best Practices und State-of-the-Art Entwicklungen in diesem Bereich informiert zu sein. Ergänzend wurde die Kursstruktur der WDB-Datenbank analysiert und eine effiziente Integration bestehender Kurse in die Weiterbildungssuchplattform geplant.