PD Dr. Christoph Garbe, Interdisciplinary Center for Sientific Computing, Uni Heidelberg

16.1.2013
Von der Mikrofluidik zur Satellitenfernerkundung: bildbasierte Ansätze zur Untersuchung fluiddynamischer Prozesse

Abstract:

Bildgebende Strömungsmesstechniken haben in den letzten Jahren rasante Fortschritte erzielt. So ist es zum Beispiel möglich, mit Mehrkamerasystemen und tomografischen Verfahren, dreidimensionale Strömungen in Fluiden zeitaufgelöst zu vermessen. Gleichzeitig ermöglichen neue, bildgebende Visualisierungstechniken, nicht nur partikel-basiert Strömungen, sondern auch Mischungsverhältnisse oder Konzentrationsfelder zu vermessen. Derartige Messverfahren haben Einzug in eine Reihe von skalenübergreifende Fragestellungen gefunden, von mikrofluidischen Systemen bis hin zu einiger hundert Kubikmetern fassenden Messvolumina oder gar für die Untersuchung von atmosphärischen Prozessen, mehrere Kilometer in Ausdehnung.

Unabhängig von der Strömungsmesstechnik wurden in der Bildverarbeitung eine Reihe von Verfahren zur Messung von Bewegungen in Szenen entwickelt. Anwendungen hier sind vielfältig, von der Videokompression bis hin zu Überwachungs- oder Fahrerassistenz- systemen. Die Ansätze sind weitreichend und erlauben es, auf unterschiedliche Weise Vorwissen in den Auswerteprozess einfließen zu lassen. Dieses Vorwissen kann sehr grundlegend sein, wie zum Beispiel Annahmen über das Rauschverhalten des Sensors. In den letzten Jahren wurden aber vermehrt Verfahren entwickelt, die weitaus komplexere Modelle des Vorwissens zugrunde legen. Durch die Formulierung des Bewegungsschätzproblems als Optimierung von partiellen Differentialgleichungen, steht ein sehr flexibles Handwerkszeug bereit, dessen Theorie mathematisch gut verstanden ist. Effiziente Lösungsansätze sind verfügbar, so dass derartige Verfahren heute in einer Reihe von Bildverarbeitungsproblemen zum Einsatz kommen. Insbesondere in der Medizintechnik werden diese Ansätze vermehrt eingesetzt.

Die Formulierung von physikalischen Gesetzten in Form von partiellen Differentialgleichungen, wie etwa die Navier-Stokes Gleichungen, machen solche Bewegungsschätzverfahren prädestiniert für die Auswertung der Daten von bildgebenden Strömungsmesstechniken. So kann sicher gestellt werden, dass die Ergebnisse der Strömungsanalyse eben diesen als Nebenbedingung formulierten Gesetzen genügt. Dies steht im Gegensatz zu herkömmlichen PIV Verfahren, die prinzipbedingt auch unphysikalische Ergebnisse liefern kann. Darüber hinaus ist es möglich, zusätzliche Parameter wie zum Beispiel Druckverteilungen zu errechnen, die in der Messung nicht direkt zugänglich waren.

In diesem Vortrag werden eine Reihe der hier beschriebenen Messmethoden und Auswerteverfahren vorgestellt. Neben Beispielen aus der Bildverarbeitung werden auch die Vorteile dieser Verfahren für die Strömungsmesstechnik diskutiert. Die präsentierten Methoden und Ergebnisse belegen eindrucksvoll, dass im Schulterschluss von modernen Auswertemethoden der Bildverarbeitung und bildgebender Strömungsmessung Erkenntnisse und Genauigkeiten erzielt werden können, die neuartige Einblicke in komplexe Systeme ermöglichen.