Verstärkungsmaßnahmen und innovative Messmethoden im Stahlbau

Kurzbeschreibung

Zur Gewährleistung einer dauerhaften Kooperation zwischen den Forschungs- und Lehreinrichtungen ist die zielgerichtete Zusammenarbeit auf fachlichen Gebieten unerlässlich. Im Rahmen des Vorhabens soll die partnerschaftliche Beziehung zwischen dem Lehrstuhl für Stahl- und Holzbau (BTU) und dem Institut für Stahlbau (NTUA) weiter verfestigt werden. Folgende Ziele werden angestrebt:
   1. verstärkte Zusammenarbeit in Lehre und Forschung zwischen den Instituten
   2. Stärkung der Beschäftigungschancen für griechische Hochschulabsolventen
   3. Internationalisierung der Forschungseinrichtungen
Zur Erlangung der genannten Ziele wird u.a. ein gemeinsames Lehrkonzept für deutsche und griechische Studierende erarbeitet sowie die Antragstellung eines Verbund-Forschungsprojektes angestrebt. Inhaltlich erfolgt hierfür die Konzentration auf praxisbezogene Themen der Ertüchtigung von Stahltragwerken. Aufgrund des zunehmenden Verkehrsaufkommens, Umnutzung von Bestandsbauwerken und die Verlängerung der Nutzungsdauer stellt diese Thematik eine aktuelle Problemstellung sowohl in Deutschland als auch in Griechenland dar. Die Erkenntnisse der Untersuchungen fließen direkt in die Hochschullehre an beiden Instituten ein und tragen somit zur breiten und zukunfts- sowie problemorientierten Ausbildung der Bauingenieurstudentinnen und -studenten bei. Durch den Austausch mit der BTU erhalten griechische Studierende bessere Berufschancen im europäischen Umfeld. Darüber hinaus führt die nachhaltig angesetzte Kooperation, durch starken Einbezug junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierender die Internationalisierung an beiden Einrichtungen weiter fort.

Sanierung, Erneuerung, Erweiterung, Umwandlung, Aufwertung oder Ertüchtigung von Tragwerken des Stahlhoch- und -brückenbaus spielen in den letzten Jahren eine immer größere Rolle. Gründe dafür sind steigende Anforderungen, beispielsweise durch die Erhöhung von Nutzlasten (erhöhtes Verkehrsaufkommen), die Degradierung der Materialien durch Zeit und Nutzung sowie das Auftreten von Schäden infolge außergewöhnlicher Ereignisse (z.B. starke Erdbeben). Stahl zählt aufgrund seines homogenen Verhaltens mit hohen Festigkeiten bekanntlich zu den geeignetsten Werkstoffen für solche Maßnahmen; dennoch ist der Einsatz bei Anwendung konventioneller Methoden nicht immer unproblematisch. Werden beispielsweise Stahllamellen zu Verstärkung eingesetzt, ergeben sich je nach Verbindungsart spezielle Probleme. Bei geschraubten Ausführungen führen die Lochbohrungen zur Querschnittsreduktion, was Spannungskonzentrationen hervorruft und in Ermüdungsproblemen münden kann. Durch den hohen Wärmeeintrag werden dagegen bei geschweißten Ausführungen Eigenspannungen eingeleitet und Imperfektionen in Form von Vorverformungen hervorgerufen, die die Beanspruchbarkeit der Querschnittsteile abmindern.
Seit einigen Jahren wird im Stahlbau bei Sanierungsarbeiten und Verstärkungsmaßnahmen zunehmend mit neuartigen Verbindungstechnologien und Materialien experimentiert, die eine anwendungsfreundlichere Ausführung erlauben und die oben genannten Nachteile vermeiden. Zu den innovativen Fügetechnologien, die dies erlauben, gehört das Kleben. Bei Klebverbindungen sind die zu verbindenden Teile nicht punktuell, wie bei Schraubenverbindungen oder linear, wie bei Schweißverbindungen, sondern ganzflächig verbunden, sodass keine Spannungskonzentrationen oder Lochschwächungen auftreten. Die Applikation solcher Klebverbindungen erfolgt im kalten Zustand ohne Entstehung von tragfähigkeitsmindernden Eigenspannungen oder Verzügen. Bezüglich der Materialauswahl kann ebenfalls auf innovative Entwicklungen zurückgegriffen
werden. Inspiriert durch die Betontechnologie, bei der Kunststoffe für Verstärkungen schon seit Langem verwendet werden, wird neuerdings bei Stahlbauten mit Faserwerkstoffen experimentiert, die an Stahlprofile geklebt werden. So kommen faserverstärkte Lamellen zum Einsatz, die eine hohe Festigkeit besitzen und das Konstruktionsgewicht nur unwesentlich erhöhen. Es handelt sich somit um hybride Verstärkungsmaßnahmen, bei denen zwei Baustoffe – Stahl und Kunststoff - zum Einsatz kommen. Das Projekt setzt als ersten Forschungsschwerpunkt die Untersuchung von hybriden Verstärkungen im Stahlbau durch Einsatz von geklebten kohlefaserverstärkten Kunststoffen (CFK). Die Interventionen betreffen Konstruktionen, die sowohl durch quasi-statische und dynamische Belastungen als auch durch Erdbebenlasten beansprucht werden.

Den zweiten Forschungsschwerpunkt des Projekts stellt der Einsatz von innovativen Messtechniken dar. Die Motivation hierfür liegt in den Nachteilen und Grenzen der klassischen Messung mit Hilfe von Dehnungsmessstreifen (DMS) begründet. Bei der experimentellen Untersuchung von Bauteilen können Spannungen bekanntlich nicht direkt gemessen werden. Stattdessen werden die Bauteildehnungen durch angebrachte DMS aufgenommen und die Spannungen nach dem Materialgesetz errechnet. Zu den Nachteilen der Methode gehört die beschränkt punktuelle Bestimmung der Dehnungen, die Notwendigkeit einer Berührung mit dem Objekt und die damit eingehende Störung des Dehnungsfeldes. Eine Alternative zur DMS-Messung stellt die infrarote Thermographie dar, die den Sachverhalt ausnutzt, dass sich während der Ausdehnung die Temperatur des Stahls aufgrund der Energieumwandlung ändert. Das als Thermostrain bekannte Verfahren wurde am Lehrstuhl für Stahl- und Holzbau bereits grundlegend erforscht und bietet den Vorteil der berührungslosen Messung. Dabei wird die emittierte Infrarotstrahlung des Bauteils während des Versuchs von einer Thermokamera aufgenommen, sodass die erwähnten Nachteile der DMS-Messung vermieden werden können. Rückschlüsse auf die vorhandenen Spannungen werden mittels Energieumwandlungsgesetze gezogen.


Förderprogramm: Hochschulpartnerschaften mit Griechenland 2016
Fördermittelgeber:Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD)
gefördert vom DAAD aus Mitteln des Auswärtigen Amts (AA)

Laufzeit: 01.01.2017 - 31.12.2019
Ansprechpartner:
Prof. Dr.-Ing. habil. H. Pasternak
Dr.-Ing. Yvonne Ciupack

Projektpartner:  Institute of Steel Structures, School of Civil Engineering, National Technical University of Athens