Mathematisches Modell des Zellzyklus [plantadosi/horn]

Dieses Modell beschreibt den Zellzyklus von (eukariontischen) Tumorzellen. Es wird vorausgesetzt, dass die wachstumsfördernde Substanz die Transitionen der Zellen zum und vom Ruhezustand reguliert. Transitionen zwischen den Phasen des Zellzykluses werden als ein Prozess erster Ordnung angenähert. Der Zellverlust stellt ein wichtiges Merkmal der Wachstumskinetik dar. Der Zellzyklus ist eine determinierte Sequenz von Ereignissen, die sich zwischen einer Mitose der Mutterzelle (Zellkernteilung) und der Mitose der Tochterzellen ereignen. Eine (menschliche) Zelle benötigt für einen vollständigen Durchlauf eines Zellzyklus in vitro mindestens 24 Stunden [Horn]. In der Phase nach ihrer Entstehung geht die Zelle ihren eigentlichen Aufgaben nach, sie stellt beispielsweise Proteine her. Der Zellzyklus umfasst somit den Zellalltag und die Zellvermehrung. Der Vorgang zwischen einer Zellteilung und dem der Mitose ist die Zwischenphase (Interphase: \(G_1,- S-und ~G_2-Phase\) ).

Zellzyklusprozess [plantadosi/horn]

  • \(G_1-Phase\): Stellt die Alltagsphase dar: Hier werden die wesentlichen Aufgaben erfüllt.  \(\Rightarrow\) \(G_0-Phase\): Ist von der \(G_1-Phase\) zu unterscheiden, da sich die Zellen aus dem aktiven Teilungszyklus ausklinken (verlängerte Ruhepause); einige Zellen (Leberzellen) haben eine sehr lange Ruhephase. Die Teilungsrate bei Leberzellen liegt bei 1-bis 2-mal im Jahr.
  • \(S-Phase\): In der Synthese-Phase verdoppelt die Zelle ihr Erbmaterial \(\Rightarrow\) DesoxyriboNukleinSäure (engl. DeoxyriboNucleic Acid (DNA)) -Replikation. 
  • \(G_2-Phase\): Hier werden notwendige Reparaturen durchgeführt.
  • \(M-Phase\): In der Mitose-Phase wird das Erbgut (Zellkern) geteilt.

Das resultierende (allgemeine) Modell ergibt ein nichtlineares  Differentialgleichungssystem erster Ordnung

\( \dot{G}_0 = k_7G_1\frac{N}{N_e} -(k_1+k_2)G_0 \\ \dot{G}_1 = k_2G_0 + 2k_6M-k_7G_1\frac{N}{N_e} -(k_1+k_3)G_1 \\ \dot{S} = k_3G_1 -(k_1+k_4)S \\ \dot{G}_2 = k_4S -(k_1+k_5)G_2 \\ \dot{M} = k_5G_2 -(k_1+k_6)M \\ \dot{N} = k_6M-k_1N \)

Werden Zustandsgrößen eingeführt, ergeben sich folgende (vereinfachte) Modellgleichungen 
\(\dot{x}_1 = 2k_6x_4 -(k_1+k_3)x_1    \\ \dot{x}_2 = k_3x_1  -(k_1+k_4)x_2    \\ \dot{x}_3 = k_4x_2  -(k_1+k_5)x_3    \\ \dot{x}_4 = k_5x_3  -(k_1+k_6)x_4.    \)

Für genügend große Zeiten ergeben sich die approximierten Lösungen [plantadosi]

\(x_1(t)\approx c_{11}e^{\lambda_1 t} \qquad x_2(t)\approx c_{21}e^{\lambda_1 t} \qquad x_3(t)\approx c_{31}e^{\lambda_1 t} \qquad x_4(t)\approx c_{41}e^{\lambda_1 t}  \)

wobei \(\lambda_1\) den größten Eigenwert darstellt. Für  systemrelevante Aussagen erscheint dieses Modell wenig geeignet. Aus diesem Grund fokussiert man sich auf  die allgemeinen Modellgleichungen. Für die Parameterwerte werden in [plantadosiverschiedene Annahmen getroffen. Zur Plausibilitätsprüfung dienen Messwerte einer realen Tumorzelle. Für die hier erfolgte Simulation wurden folgende Parameter berücksichtigt   \( k_1   = 2.20     \\   k_2  = 2.27   \\   k_3  = 42.0   \\   k_4   = 9.48~ \\   k_5  =40.9 \\   k_6   = 359.5 \)
Für den Parameter \(k_7\) gilt [plantadosi]

\(  k_7 =    \frac{(k_1+k_2)\cdot [2k_3k_4k_5k_6-(k_1+k_3)(k_1+k_4)(k_1+k_5)(k_1+k_6)]}{k_1(k_1+k_4)(k_1+k_5)(k_1+k_6)}. \)

Für die Simulation wurde zur Skalierung der Zeitachse der IGR-Wert (intrinsische Wachstumsrate) verwendet. Der IGR- Wert wird in Abhängigkeit der Parameterwerte \(k_i,~i=1,\ldots,6\) bestimmt. Nur bei einem positiven IGR-Wert wächst die Tumorzelle.

  • Plantadosi, S., Hazelrig, J.B. and Turner, M.E.: A model tumor growth based on cell cycle kinetics.  mathematical biosciences 66.3 (1983), pp. 283–303.
  • Horn, F.: Biochemie des Menschen. Das Lehrbuch für das Medizinstudium. Georg Thieme Verlag, 6. Auflage, 2015.