Erforschung des Inneren der Erde

Das Cottbuser Experiment sendet ab dem 14. November 2016 wieder Daten von der Internationalen Raumstation

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Dr.-Ing. Christoph Egbers untersuchen am Lehrstuhl Aerodynamik und Strömungslehre anhand von Modellen die Strömungen im Erdinneren. Das von den Cottbuser Forschern mit entwickelte Experiment im Projekt "Geoflow" gibt anhand von dreidimensionalen Simulationen einen Einblick in die Vorgänge im Inneren der Erde. Um ein realistisches Bild von den Vorgängen im Erdinneren zu erhalten, müssen die Forscher das Labor in den Weltraum bringen. Will man die Strömungen im Erdkern oder -mantel erforschen, bedarf es ähnlicher Verhältnisse. "Wenn man in einem Labor auf der Erde die Strömungen in der Erdkugel simulieren will, erweist sich die Gravitation als störend. Denn die Schwerkraft beeinflusst alle Tests als senkrecht nach unten wirkende Kraft", erläutert Egbers. Aus diesem Grund wurde das Modell der Erde in der Größe eines Schuhkartons im Jahr 2008 und 2011 auf die internationale Raumstation ISS gebracht, die in rund 400 Kilometern über der Erde kreist. Auf ihr wirkt nahezu keine Schwerkraft. Fünf Jahre ist es bereits auf der ISS. Nun wird es erneut aktiviert. 

Geowissenschaftlern gelang es bisher nicht zum Mittelpunkt der Erdevorzudringen. Bei 6.300 Kilometern wird es heiß. Forschervermuten, dass die Temperatur am Übergang vom flüssigen zum festenErdkern ungefähr 6.000 Grad Celsius beträgt. Dort herrscht ein Druckvon 3.600 Tonnen auf einem Quadratzentimeter. Messgeräte allein erreichen nur einen Bruchteil dieser Tiefe. Das Problem ist, dass die Bohrköpfe bei zunehmender Hitze schnell verschleißen und ausgetauscht werden müssen. Bei 300 Grad Celsius versagen sie gänzlich. Den Wissenschaftlern zufolge wird es aber erst ab einer Tiefe von 30 Kilometern interessant. Mit einer Temperatur von 350 bis 1.000 Grad Celsius je nach Region endet dort der sogenannte obere Mantel der Erde. Auf dieser festen Kruste schwimmen die Kontinentalplatten. Sie ist die erste von mehreren Schichten, aus denen die Erde aufgebaut ist. Indirekte Messungen ermöglichten es Forschern bisher sich ein genaueres Bild des Erdinneren zumachen. In dreidimensionalen Simulationen, die das Projekt „GeoFlow“ liefert, erhalten die Wissenschaftler Einblicke in die Vorgänge im Erdinneren. Die Kugel im Inneren des Experiments ist ähnlich aufgebaut wie die Erde: Zwischen einer inneren, massiven Kugel und einer äußeren Hohlkugel befindet sich eine zähe Ölschicht. Entsprechend den Temperaturverhältnissen im Erdinneren wird die innere Kugel geheizt und die äußere Hohlkugel gekühlt. Der gesamte Versuchsaufbau soll Erkenntnisse dazu liefern, welche Strömungen sich in der flüssigen Schicht der Erde entwickeln. "Die Bewegungen im Erdkern haben entscheidende Bedeutung für das Magnetfeld, das Klima und die Temperaturverteilung auf unserem Planeten haben. Über die Mechanismen, die dabei eine Rolle spielen, gibt es aber noch viel zu wenige Erkenntnisse", fasst Egbers zusammen.

Die Ergebnisse des Projekts fasst Egbers so zusammen: "Wir haben in den acht Jahren herausgefunden, dass es bevorzugte Strömungsstrukturen der flüssigen Erdschicht gibt. Ein Teil dieser heißen Masse bewegt sich auch gegen die Erdumdrehung. Neu ist auch, dass es zu pilzartigen Strömungsstrukturen mit Folgen für die Erdkruste kommt. Diese Erkenntnisse sind für die Klimaforschung aber auch die Erforschung von Erdbeben wichtig." Ein weiteres Ziel ist die Fortsetzung der Phase IIb des Projektes "Geophysical Flow Simulation", kurz GeoFlow. Im Vordergrund des Projekts steht die experimentelle Untersuchung der Langzeitdynamik der Strömungen im Erdinneren.

Das erste "Geoflow"-Experiment gelangte 2008 auf die Raumstation, an deren Finanzierung neben Amerikanern, Russen, Kanadiern und Japanern auch die europäische Raumfahrtagentur ESA beteiligt ist. "Das war ein großer Erfolg, denn es gibt viel mehr Wissenschaftler, die Experimente im All durchführen wollen, als die Raumstation Platz bietet. Im Februar 2011 wurde dann unsere zweite Geoflow-Box an Bord einer Ariane 5-Rakete zur ISS gebracht", berichtet Egbers. Die Daten, die das Experiment liefert, kommen mit 20 Sekunden Verzögerung in der BTU an, wo sie wiederum ein Forscherteam rund um die Uhr aufnimmt und beobachtet. Die einzelnen Experimente auf der ISS sind immer nur einige Wochen oder Monate aktiv. "Geoflow II", dass ursprünglich nur eine Lebensdauer von knapp zwei Jahren haben sollte, ist bis heute funktionsfähig. 

Hintergrund

Das Projekt simuliert geophysikalisch motivierte Strömungen zur Erforschung von Konvektionsströmungen im flüssigen äußeren Erdkern. Die Versuchseinrichtung wurde 2008 zur ISS gebracht (Geoflow I). Mit Ariane 5 ist im Februar 2011 Geoflow II gestartet. Das Modell wurde von einem Wissenschaftler-Team um Prof. Dr. Christoph Egbers vom Lehrstuhl Aerodynamik und Strömungslehre der BTU entwickelt.

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Christoph Egbers
Aerodynamik und Strömungslehre
T 4868
christoph.egbers(at)b-tu.de