Präsentation und Diskussion im Berliner Abgeordnetenhaus zur Verwundbarkeit und Resilienz des Stromsystems

Prof. Bernd Hirschl war eingeladen, im Rahmen einer Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie und Betriebe des Berliner Abgeordnetenhauses zum Thema Notstromversorgung und Blackoutgefahren in Berlin Stellung zu nehmen und die Fragen der Abgeordneten zu beantworten. Dabei betonte er die neue Bedrohung durch Cyber-Crime und den Nutzen EE-basierter Notstromkonzepte.

Im Ausschuss (siehe Einladung zur Ausschusssitzung) wurde die Frage diskutiert, welche Bedrohungen und Gefahren für das Stromsystem in Berlin bestehen und wie dem aktuell und in Zukunft begegnet werden kann. Neben Prof. Hirschl waren ein Vertreter der Stromnetz Berlin sowie der Leiter der Berlin Energie W. Neldner als Experten geladen. Prof. Hirschl ging in seinen Ausführungen darauf ein, dass die Gefahren durch die Digitalisierung, insbesondere durch staatliche oder private Hackerangriffe (Cyber-Crime) eine neue Dimension erreichen. Während Blackouts durch Extremwetter oder mutwillige Beschädigung im Regel lokalisierbar sind und nur für eine begrenzte Zeit und regional wirken, kann dies durch gezielte Hackerangriffe auch zu länger anhaltenden und großflächigen Stromausfällen und damit zu einer fundamentalen Bedrohung für die Gesellschaft und nationale Sicherheit führen. Für einen längeren Zeitraum vom Stromausfall bis zum Wiederaufbau reichen die gegenwärtigen Notstromkonzepte für kritische Infrastrukturen (KRITIS) heutzutage jedoch nicht aus, da hier im Regelfall nur wenige Stunden bis Tage Versorgungen auf Basis von z.B. Notstromdieselaggregaten vorgesehen ist. Zudem werden sich mit der Transformation des Stromsystems und dem Wegfall von Großkraftwerken auch die Konzepte des Wiederaufbaus verändern müssen. Perspektivisch müssen ohnehin verstärkt Wind- und Sonnenstromkraftwerke zusammen mit Batterien und anderen EE-Kraftwerken, aber auch mit Grüngas betriebenen Kraftwerken diese Aufgaben übernehmen. Ein wichtiger Zwischenschritt bis dahin ist aus Resilienzsicht, möglichst frühzeitig zumindest die KRITIS-Versorgung auf virtuelle Kraftwerke auf der Basis lokaler erneuerbarer Energien umzustellen bzw. die prioritär zu versorgenden Bereiche inselnetzfähig zu machen. Daher empfielt Prof. Hirschl den konsequenten und bereits kurzfristigen Aufbau möglichst vieler dezentraler erneuerbarer Energien inklusive Speicher - für eine Stadt wie Berlin z.B. verstärkt PV-Anlagen mit Quartiersspeichern - und die Entwicklung eines EE-basierten Notstromkonzepts. Ein solches EE-basiertes Notstromkonzept war bereits eine vorgeschlagene Maßnahme des BEK-Endberichts, der unter der Leitung von Prof. Hirschl dem Berliner Senat Ende 2015 übergeben wurde. Die Schadenskosten durch großflächige und langanhaltende Stromausfälle sowie der Nutzen entsprechender Resilienzkonzepte werden derzeit nicht ökonomisch berücksichtigt; sie würden jedoch den Anreiz für Hackerangriffe, die auf die Destabilisierung der nationalen Sicherheit zielen, eliminieren. Die Ausführungen des Vortrags von Prof. Hirschl basieren auf Erkenntnissen des Projekts Strom-Resilienz sowie der Mitarbeit im Akademienprojekt Energiesysteme der Zukunft zur Resilienz digitaler Energiesysteme sowie zur De/Zentralität des Energiesystems.

Von der gesamten Ausschussitzung liegt ein Wortprotokoll vor, das hier im Wortlaut zu finden ist.

Kontakt

Prof. Dr. phil. Bernd Hirschl
Management regionaler Energieversorgungsstrukturen
T +49 (0) 3573 85-534
bernd.hirschl(at)b-tu.de