Kohleausstieg = Wassermangel? Zweite Wasserkonferenz Lausitz

Das Umweltbundesamt hat untersuchen lassen, wie hoch der künftige Wassermangel in den Lausitzer Flüssen ausfallen wird. Fest steht: Das verfügbare Wasser in der Region wird künftig nicht ausreichen, um alle Bedarfe ohne Anpassungen zu decken. Wir haben am Rande der Konferenz mit Dr. Volker Preuß vom Fachgebiet Wassertechnik und Siedlungswasserbau gesprochen.

Dr. Preuß, das ist eine sehr ernste Situation für die Lausitz. Sie lässt wenig Zeit für Diskussionen. Welche Maßnahmen müssen aus Ihrer Sicht kurz-, mittel- und langfristig ergriffen werden, um drohende Wasserdefizite abzuwenden?

Dass künftig Wasserdefizite zu erwarten sind, ist seit längerem bekannt. Auch gibt es bereits genügend hydrologische Analysen und Prognosen. Nur, immer wieder rechnen bringt uns nicht weiter. Genau deshalb wurde die UBA-Studie notwendig, um die zu erwartenden Konflikte und Handlungsoptionen zu deren Überwindung in den politischen Raum zu adressieren. Das Wichtigste ist, zeitnah Entscheidungen über den weiteren Aufbau von Wasserspeicherkapazitäten, insbesondere unter Einbeziehung der entstehenden Tagebauseen und der Überleitung von Wasser aus benachbarten Flussgebieten zur Spree, zu treffen. Fachliche Argumente hierfür liegen genügend vor, angesichts langer Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungszeiträume muss deshalb zeitnah entschieden werden. Sind diese Entscheidungen verbindlich getroffen, lassen sich die konkreten Maßnahmen zügig ergreifen.

Wie lässt sich der Wasserhaushalt der Lausitz nachhaltig steuern?

Die aktive Steuerung der Fließgewässer ist längst gelebte Realität beispielsweise durch die länderübergreifende Arbeitsgruppe Bewirtschaftung Spree und Schwarze Elster, die künftig eine eigene Geschäftsstelle haben soll oder auch die Flutungszentrale Lausitz, angegliedert an die LMBV. Sie legen beispielsweise anhand der verfügbaren Wassermengen die Rangfolge der zu bedienenden Wassernutzer fest. Davon hängt dann auch ab, ob Flutungswasser in den Cottbuser Ostsee fließt. Das geschieht anhand von Simulationsrechnungen im wöchentlichen Rhythmus. Ob dies den künftigen Anforderungen gerecht werden kann, muss noch sehr sorgfältig überprüft werden. Da das Aufgabengebiet über die Grenzen eines Bundeslandes hinausgeht, erwachsen daraus besondere Herausforderungen. Durchaus möglich, dass man deshalb einen länderübergreifenden Wasserverband gründet.

Das Gelingen des Strukturwandels hängt auch eng mit der Wasserverfügbarkeit zusammen. Auch künftige Unternehmensansiedlungen werden auf die knappen Wasserressourcen zugreifen. Wo liegen hier Chancen und Risiken?

Ohne ausreichend Wasser wird es keinen erfolgreichen Strukturwandel geben. Die Trinkwasserversorger sind sich dessen bewusst und stellen sich dieser Aufgabe, wie auch die entsprechenden Fachbeiträge zur 2. Wasserkonferenz Lausitz zeigen. Beispielsweise sind sechs Wasserversorgungsunternehmen in der Südlausitz und Ostsachsen gerade dabei, einen bestehenden länder- und verbandsübergreifenden Trinkwasserverbund auszubauen, um bei Neuansiedlungen von Industrie, Gewerbe aber auch Wohnbereichen eine sichere Trinkwasserversorgung gewährleisten zu können. In diesem Zusammenhang entwickelt sich aktuell auch eine Zusammenarbeit zwischen der ARGE Trinkwasserverbund Lausitzer Revier mit dem Arbeitsgebiet Wassertechnik und Siedlungswasserbau der BTU, an dem ich tätig bin. Bei den Standortentscheidungen zur Ansiedlung von Industrie gilt es die verschiedensten Faktoren zu berücksichtigen. Dazu zählt auch die Wasserverfügbarkeit, die nach meiner Wahrnehmung aber bisher hintenangestellt wird. Mit einer Veränderung der verfügbaren Wasserressourcen muss dieser Fragestellung aber mehr Gewicht eingeräumt werden.

Die verfügbaren Wasserressourcen müssen zahlreichen, zum Teil auch konkurrierenden Nutzern wie zum Beispiel der Industrie, der Landwirtschaft, dem Tourismus sowie den ökologischen Belangen genügen. Wie kann ein optimaler Ausgleich zwischen Wasserressourcen und Wasserbedarf geschaffen werden und das auch in Hinblick auf Wassermenge und –güte?

In der Tat wird der Ausgleich der Interessen zu einem Spagat. Wichtig ist, dass alle Betroffenen zu Wort kommen dürfen und dass auf Augenhöhe diskutiert wird. Um es kurz zu sagen: Es muss jeder Wasser sparen und bei langanhaltenden Trockenzeiten wird es auch mal stärkere Einschränkungen geben müssen, wie z.B. bei der Bewässerung oder dem Wassertourismus. Es müssen letztlich Rang und Reihenfolgen bei Eintritt von sommerlichen Wasserdefiziten festgelegt werden. Mit der Entwicklung von Verbundlösungen im Trinkwasserbereich oder dem Ausbau von Speichersystemen bis hin zur Wasserüberleitung aus anderen Flusseinzugsgebieten kann aber auch den Verknappungen der Ressourcen entgegengewirkt werden. Das Austarieren der möglichen Wassernutzungen wird deshalb ein fortwährender Prozess sein, der sich nach den aktuellen Möglichkeiten richten muss.

Ist unter den prognostizierten Bedingungen die Trinkwasserversorgung in der Lausitz in der Zukunft noch gesichert?

In dieser Hinsicht sind die Trinkwasserversorger der Lausitz vielen anderen Wassernutzern ein Stück voraus. Dies hat auch mit dem Bergbau zu tun, denn durch die Eingriffe des Bergbaus wurden die heute genutzten Wasserquellen für die Trinkwasserproduktion außerhalb der bergbaulichen Beeinflussung gelegt. Das zahlt sich nun aus. In der Lausitz gibt es für die Trinkwasserversorgung gesicherte Vorräte.


Wie können Industrie und Landwirtschaft zur Stabilisierung des Wasserhaushalts in der Lausitz beitragen und in welchem Zeitrahmen sind hier wirksame Änderungen möglich?

Die Industrie muss die Kreislaufwirtschaft beim Wasser stärker ausbauen. Technische Möglichkeiten dazu stehen vielfach bereits zur Verfügung. Für den landwirtschaftlichen Bereich müssen wir zur Aufrechterhaltung der Eigenversorgung zukünftig von einem größeren Bewässerungsbedarf ausgehen. Derzeit laufen verschiedene Vorhaben, die beispielweise eine Umstellung der Bewässerungstechnik auf Tröpfchenbewässerung, den Anbau trockenresistenterer Kulturen, veränderte Techniken der Bodenbearbeitung oder auch die Verwendung geklärten Abwassers zur Bewässerung erproben. Dabei sind auch bestehende rechtliche Hürden zu überwinden. Die lokal vorhandenen Möglichkeiten der Wassernutzung müssen dabei immer wieder neu ausbilanziert werden.


Nicht nur der Braunkohleausstieg beeinflusst den Wasserhaushalt, sondern auch der Klimawandel. Wie steht es in diesem Zusammenhang um die Flutung der Bergbaufolgeseen?

Klimawandel und Folgen des Kohleausstiegs überlagern sich gegenseitig und dies macht die Sache nicht einfacher. Der Hauptzweck der Flutung von Tagebaurestlöchern liegt in der Stabilisierung der Böschungen und der Verbesserung der Wasserqualität des entstehenden Tagebausees begründet. Eine Verknappung des vorhandenen Wassers bedeutet nicht, dass sich die Restlöcher nicht mit Wasser füllen werden. Die Flutung wird in einigen Fällen aber länger dauern als bisher geplant. Auch manche Zielwasserstände müssen angepasst werden. Gerade lässt die LMBV diese Wirkungen auf ihre Bergbaufolgeseen überprüfen.

Welche Forschungsprojekte bearbeiten/planen Sie zu diesem Thema?

Als AG Wassertechnik und Siedlungswasserbau sind wir derzeit in das BMBF-finanzierte Verbundforschungsvorhaben FLEXITILITY involviert. Es erprobt Konzepte der dezentralen Trinkwasser-Zwischenspeicherung und der Wasserwiederverwendung zur landwirtschaftlichen Bewässerung. Vorab haben wir auf der Ebene kommunaler Infrastrukturbetreiber die Potenziale bestehender Versorgungssysteme zur Steigerung der Widerstandsfähigkeit  gegenüber den Risiken des Klimawandels identifiziert. Ein weiteres Themenfeld bahnt sich in der Zusammenarbeit mit dem Trinkwasserverbund Lausitzer Revier an.

Fachkontakt

Dr.-Ing. Volker Preuß
Wassertechnik
T +49 (0) 355 69-4312
Volker.Preuss(at)B-TU.De

Pressekontakt

Wiebke Wehling
Stabsstelle Kommunikation und Marketing
T +49 (0) 355 69-3043
wiebke.wehling(at)b-tu.de
Dr. Volker Preuß, Wassertechnik und Siedlungswasserbau