Hundezahn und Spitzeisen

Scharriert, bossiert oder einfach nur beschädigt?

Für den Erhalt eines Gebäudes ist es in erster Linie notwendig dieses zu verstehen. Das bedeutet, dass nicht nur eine umfassende Dokumentation der Bauteile notwenig ist, sondern auch die unterschiedlichen Baumaterialien und ihre jeweiligen Schadensphänomene und -ursachen analysiert werden müssen. Hierbei sind, je nach Objekt, diverse Disziplinen an der Untersuchung beteiligt, so dass der Bau umfassend und kontextbezogen analysiert werden kann. Neben der (Kunst-)Geschichte und den Naturwissenschaften sind die bauhistorischen Untersuchungen der Restaurierungswissenschaften von Bedeutung. Im Seminar “Hundezahn und Spitzeisen” im Wintersemester 2017 ging es darum, die Schnittmenge dieser Disziplinen zu erfahren. Hier wurden historische Steinoberflächen bezüglich ihrer Textur analysiert. Ziel war unterscheiden zu können, ob ein bestimmtes sichtbares Oberflächenmerkmal durch bauzeitliche Steinbearbeitungswerkzeuge hervorgerufen wurde, ob es sich um spätere (restauratorische) Eingriffe und Überarbeitungen oder schlichtweg um schadhafte Veränderungen in der Oberfläche handelt. Wie unterscheiden sich Spuren der Nutzung – wie etwa die sog. “Teufelskrallen” an sakralen Bauten – beispielsweise von Verwitterungsphänomen? Erst durch den transdisziplinären Ansatz ist eine umfassende Beurteilung eines Denkmals und die Umsetzung eines Erhaltungskonzepts möglich.

Für dieses Seminar konnte Peter Völkle gewonnen werden. Er arbeitet als Steinmetz, Steinbildhauermeister und Betriebsleiter an der Berner Münster-Stiftung und ist Autor des 2017 erschienen Buches “Werkplanung und Steinbearbeitung im Mittelalter”. Mit seiner langjährigen Erfahrung konnte er 14 Masterstudenten aus den Studiengängen Bauen & Erhalten und Architektur theoretische Einblicke in historische Steinbearbeitungstechniken geben. Erweitert wurde dies durch praktische Übungen mit Steinbearbeitungswerkzeugen an Kalksandsteinen, die uns freundlicherweise von der FMPA der Universität zur Verfügung gestellt wurden (an dieser Stelle herzlichen Dank an Uwe Schmidt für die Koordination). Am Beispiel diverser Gebäude in Görlitz untersuchten Studenten historische Steinfassaden bezüglich sichtbarer Steinbearbeitungsspuren und Schadensphänomene, die daraufhin mit unterschiedlichen Dokumentationsmethoden festgehalten wurden.