Fiktionen Bauen

Atmosphären werden aus unterschiedlichen Eigenschaften und situativ aufgebaut. Ein physischer Raum - eine Zusammensetzung aus architektonischen Elementen und den daraus entstehenden Proportionen - bietet ein Gerüst für bestimmte Atmosphären. Der Raum in seiner Form wird zu einer Art Kulisse für Aktionen, Geschichten und Gefühle, die sich insbesondere an diesem Ort entfalten können. Wie dieser Raum wahrgenommen wird, hängt zum einen von seiner architektonischen Ausformulierung ab und zum anderen von der Situation, in der sich der Betrachter an dem Ort wiederfindet. Atmosphären sind demnach weder etwas rein objektives, noch lassen sie sich allein auf ein subjektives Gefühl beschränken. 

Renderings, Zeichnungen, Modellfotografien sind zweidimensionale Medien der Architektur, die zur Erklärung und Beschreibung dieser gelten. Sie versuchen im besten Fall die ungebaute Architektur so darzustellen, dass die Fiktion des entworfenen Raums für den Betrachter zur Realität wird. Dieses fiktiven Bilder bieten dem Betrachter die Möglichkeit ein Gefühl für den Raum, seine Proportion, Atmosphäre und Fähigkeiten zu entwickeln.

In der Literatur wird das Format des Textes genutzt um Raum zu porträtieren. Durch die Erzählung einer Situation, die in den beschriebenen Räumen stattfinden, werden imaginäre Atmosphären erzeugt. Um es mit J.M.W. Turner‘s Worten zu sagen: “Das Eigentümliche bei einer Geschichte, die man liest oder die vorgelesen wird, ist ja dies: sie teilt uns nicht nur mit, dass irgendwo eine bestimmte Atmosphäre geherrscht habe, sondern sie zitiert diese Atmosphäre selbst herbei, beschwört sie.“

In diesem Seminar möchten wir uns mit den unterschiedlichen Darstellungsmedien beschäftigen, die uns zur Verfügung stehen um Atmosphären zu beschreiben - sie aus unserer Imagination zu übersetzten und zugänglich zu machen. 

Wir starten mit dem Medium des Texts. In Gruppen von zwei Studierenden wird sich jeweils mit einem Literaturfragment beschäftigt, das einen Raum und die darin herrschende Atmosphäre beschreibt. Gemeinsam werden diese Textfragmente zuerst in Skizzen und dann in dreidimensionale Modelle übersetzt. Wie bereits in der Einleitung beschrieben besteht die Atmosphäre nicht allein aus dem Raum und seinen Proportionen. Um die beschriebene Atmosphäre bestmöglich festzuhalten ist das Ziel am Ende eine Modellfotografie - ein Bild - zu erstellen, welches die Atmosphäre abbildet. Hierbei setzten wir uns neben Raumproportionen und -Öffnungen auch mit Materialität, Licht und Komposition auseinander. 

Parallel dazu werden wir in die Darstellung unterschiedlichster Atmosphären im Medium Film eintauchen. Über das Semester werden wir acht Filme sehen und die dort erschaffene Atmosphären analysieren. Wir wollen uns damit auseinandersetzen wie der architektonische Raum, Licht und Komposition filmisch zusammenkommen und welchen Einfluss die einzelnen Elemente auf unsere Wahrnehmung haben. Jeder Gruppe wird einen der Filme genauer untersuchen und die Ergebnisse der Seminargruppe anhand von Filmstils erläutern.