David Gilly (1748 – 1808) Würdigung

Verglichen mit anderen Ingenieuren seiner Zeit steht das Werk David Gillys eher wenig im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Das mag zum einen an den wenigen in Deutschland erhaltenen Gebäuden, zum anderen an der sehr bescheidenen Person Gillys liegen. Mit seinen sehr ganzheitlichen Standpunkten zur Baukunst entwirft er das Berufsbild eines interdisziplinär arbeitenden Baumeisters, welches heute, zu Zeiten fortschreitender Spezialisierung, aktueller denn je scheint. Denn der moderne Bauplaner soll alle ökonomischen, technischen, konstruktiven und gestalterischen Bereiche des Bauens – trotz notwendiger Spezialisierung – überblicken können und sich mit seiner Arbeit in den Dienst der Gesellschaft stellen.

Die Frage der Nachhaltigkeit in der Baukunst beschäftigte Gilly zeitlebens und bewegte ihn zu Forschungen an dauerhaften und materialschonenden sowie kostengünstigen Konstruktionen, wie der Bohlenbinderbauweise oder der Lehmpatzenbauweise. Dabei stellte er immer auch die Frage der Angemessenheit eines Entwurfes für den jeweiligen Zweck und entwickelte daraus einen eigenen, sehr  rationellen und markanten Baustil, mit dem er die Epoche des Klassizismus in Deutschland begründete. Gilly wusste, dass zur Nachhaltigkeit auch die Ausbildung der nachfolgenden Generation gehörte und so gründete er mit anderen Zeitgenossen zunächst 1794 eine private Bauakademie und gehörte später zum Gründungsgremium der Berliner Bauakademie, an der er auch selbst unterrichtete. Zu seinen Verdiensten zählt, neben einigen Lehrbüchern über ökonomisches Bauen und Vermessungskunde, auch die Herausgabe der ersten deutschen Bauzeitschrift, die „Sammlung nützlicher Aufsätze und Nachrichten die Baukunst betreffend“. Die theoretische Auseinandersetzung mit der Baukunst und die Erforschung neuer Bauweisen gehörten für ihn zu den Grundidealen eines Baumeisters.

David Gilly gehört zu den Vorreitern moderner Baugesetzgebung. Zusammen mit anderen Mitgliedern des preußischen Oberbaudepartements veröffentlichte er in der „Sammlung nützlicher Aufsätze und Nachrichten die Baukunst betreffend“ von 1798 einen Entwurf für eine Berliner Bauordnung, die darauf ausgerichtet war, die Gefahren für die Bewohner eines Hauses zu verringern.

Die Brandenburgische Technische Universität Cottbus und die Fachhochschule Lausitz (seit 2014 fusioniert zur BTU Cottbus-Senftenberg) organisieren seit 2005 das Studium des Bauingenieurwesens in einem hochschulübergreifenden David-Gilly-Institut (Abb. 6.01). Die Besinnung auf David Gilly als Namenspate ist als inhaltliche Positionierung zu einem ganzheitlichen Ansatz in der Lehre zu verstehen und wäre für den preußischen Baumeister Gilly sicher eine Ehre.