Wilhelm von Traitteur (1788 – 1859) Biografie
1788 | Wilhelm von Traitteur wurde am 01. Februar in Mannheim geboren. |
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1807 | Bis 1810 organisierte er sich seine Ausbildung in Frankreich und der Schweiz selbst (Praktika). Unter anderem verblieb er dabei anderthalb Jahre in einem Pariser Ingenieurbüro. |
1810 | In Karlsruhe bewarb er sich für die Einstellung in den Ingenieurdienst von Baden. |
1811 | Traitteur schloss sein Examen für die Aufnahme in den Ingenieurdienst mit sehr schlechten Ergebnissen ab. Ausweichend war er bis 1813 als Mathematiklehrer in Mannheim tätig und erstellte außerdem ein lithografisches Album. |
1813 | Während eines Aufenthalts des russischen Zaren Alexander I. in Karlsruhe erhielt Traitteur die Möglichkeit einer Privataudienz beim Zaren. Dieser bot ihm an, als Ingenieur in russische Dienste zu treten. |
1814 | Im Januar verließ Traitteur Baden und reiste nach Russland. |
1814 | Am 19. Februar trat er in den Dienst des Generalleutnants Augustin de Bétancourt (Leiter des Corps der Verkehrswegeingenieure) in St. Petersburg. |
1814 | Traitteur wirkte bis 1820 in verschiedenen Projekten – vor allem in St. Petersburg – mit und sammelte Erfahrungen im Holzbau. |
1816 | Eintritt in den Corps der Verkehrswegeingenieure als Major. |
1816 | Traitteurs erstes lithografisches Album mit russischen Motiven erschien in St. Petersburg. Vier Jahre später folgte ein weiteres. |
1820 | Bis 1822/ 1823 war Traitteur mit der Planung und Ausführung des ersten Abschnittes der Chaussee zwischen St. Petersburg und Moskau beschäftigt. |
1822 | Im September wurde Herzog Alexander von Württemberg neuer Leiter des Amts für Verkehrswege in St. Petersburg und veranlasste den Bau von fünf Kettenbrücken. Traitteur erhielt den Auftrag für die Planung und Ausführung. |
1823 | Bis 1824 entstanden die ersten beiden Kettenbrücken unter der Leitung von Traitteur; die Pantelejmonovskij-Brücke (Panteleimon-Brücke) über die Fontanka und die Pochtamtskij-Brücke (Postbrücke) über die Mojka. |
1823 | Traitteur veröffentlichte in St. Petersburg ein weiteres lithografisches Album sowie ein Textband. |
1825 | Entwürfe zum Hochwasserschutz in St. Petersburg. |
1825 | Bis 1826 plante und baute Traitteur drei weitere Kettenbrücken in St. Petersburg; die Ägyptische Brücke über die Fontanka und die Löwen- und Greifenbrücke über den Katharinenkanal. |
1825 | Tod des Zaren Alexander I. |
1827 | Im September heiratete Traitteur Pauline von Baranoff in Wätz (= Väätsa), Estland (damals: Zarenreich Russland). Zwei Kinder wuchsen aus dieser Ehe; Theodor (*1829) und Karoline Stephanie Alexandra (*1837). |
1827 | Bis 1830 übernahm Traitteur Beratungs-, Verwaltungs- und Verlagstätigkeiten im Dienst des Corps der Verkehrswegeingenieure hauptsächlich in St. Petersburg. |
1829 | Traitteur wurde zum Generalmajor befördert. |
1830 | Im Dezember bat Traitteur um seine Entlassung. |
1832 | Ende April brach Traitteur in St. Petersburg auf und reiste nach Deutschland; erst nach Berlin, dann nach München. |
1832 | Im November des Jahres ließ sich Traitteur in Karlsruhe nieder. |
1832 | Bis 1835 war er als Korrespondent des Corps der Verkehrswegeingenieure in deutschen Ländern tätig. |
1834 | Umzug von Karlsruhe nach Mannheim, was sein ständiger Wohnsitz wurde. |
1835 | Traitteur versuchte sich bis 1859 in verschiedenste Projekte in Mannheim einzubringen – dieses jedoch ohne Erfolg. |
1849 | Aufzeichnungen zur Revolution in Baden. |
1858 | Erste Veröffentlichung eines Werkes zur intensiven Landwirtschaft. Weitere geplante Bände hierzu wurden nicht publiziert. |
1859 | Am 17. Juni starb Wilhelm von Traitteur in Mannheim. |
Berufliche Anfänge
Wilhelm von Traitteur wurde am 01.02.1788 in Mannheim als Sohn einer alteingesessenen Mannheimer Familie geboren (Abb. 2.02). Er erhielt keine methodische Ausbildung, sondern organisierte sich selbst von 1807 bis 1810 verschiedene Praktika in Frankreich und der Schweiz. Nach Beendigung dieser Tätigkeiten wollte Traitteur in den Ingenieurdienst von Baden eintreten, erzielte aber in dem dazu notwendigen Examen sehr schlechte Ergebnisse. Somit hatte er kaum eine Aussicht auf eine Anstellung in Baden.
Im Jahre 1813 hielt sich Zar Alexander I. in Karlsruhe auf, da er die napoleonischen Truppen vom Russlandfeldzug 1812 zurück nach Frankreich verfolgte. Außerdem war dessen Gattin eine badische Prinzessin. Traitteur erhielt bei einer Privataudienz beim Zaren das Angebot, nach Russland zu kommen und dort als Ingenieur tätig zu sein. Im Januar des Jahres 1814 reiste Wilhelm von Traitteur aus Baden ab und trat am 19. Februar desselben Jahres in den Dienst des Generalleutnants Augustin de Bétancourt, des Leiters des Corps für Verkehrswegeingenieure in St. Petersburg.
Russland. Ein Geschichtlicher Kontext
Als Alexander I. im Jahre 1801 an die Macht kam, begann er Russland zu reformieren. Unter der Herrschaft Katharina der Großen, Alexanders Großmutter, sowie unter seinem Vater war das Land nach außen verschlossen. Mit Alexander öffnete sich Russland wieder der westlichen Welt. Er veränderte die Regierungsstrukturen und machte das Reisen ins Ausland möglich. Auch das Einreisen nach Russland wurde erleichtert und zahlreiche Bildungseinrichtungen gegründet. Da es in Russland aber wenig Fachingenieure gab, mussten diese aus dem Ausland, vornehmlich aus Frankreich, berufen werden. Im Zuge der Reformierung durch Alexander I. wurden auch Städte umgebaut. So gab es beispielsweise in St. Petersburg zahlreiche Stadterneuerungsmaßnahmen. Der Corps der Verkehrswegeingenieure wurde zur Überwachung und Koordinierung dieser Arbeiten gegründet.
Die ersten Jahre in Russland



Von 1814 bis 1820 sammelte Traitteur unter der Leitung von Generalleutnant Augustin de Bétancourt viele Erfahrungen im Holzbau bzw. Holzbrückenbau. Er führte in dieser Zeit vorrangig Teilarbeiten großer Aufträge aus. So überwachte er beispielsweise die Bauausführung der Isaaksbrücke über die Neva (1819-1821. Abb. 2.03), die von Bétancourt geplant worden war. In den Jahren von 1820 bis 1822 plante Traitteur die Brücken des ersten Abschnitts der Chaussée von St. Petersburg nach Moskau. Als Beispiele seien hier genannt: eine Einfeldbogenbrücke aus Holz über die Rauna bei Babino von 1821 bis 1822 (Abb. 2.04) und eine Dreifeldbogenbrücke aus Holz über die Tigoda bei Ljuban’ von 1822 bis 1823 (Abb. 2.05). Viele seiner Entwürfe wurden jedoch nicht unter der Leitung Traitteurs, sondern unter anderen Ingenieuren in abgeänderter Form ausgeführt.
Die fünf Kettenbrücken


Im September 1822 wurde Herzog Alexander von Württemberg (Württemberg war ein Großherzogtum, welches an Baden grenzte) neuer Leiter des Corps der Verkehrswegeingenieure. Dieser veranlasste u.a. den Bau der fünf Kettenbrücken in St. Petersburg und beauftragte Traitteur mit der Planung und Ausführung. Diese Brücken sind die wichtigsten Werke im Schaffen Traitteurs.
Die erste Brücke, die Pantelejmonovskij-Brücke (Panteleimon-Brücke) über die Fontanka wurde von 1823 bis 1824 geplant und gebaut (Abb. 2.06). Ungefähr zeitgleich entstand die Pochtamtskij-Brücke (Postbrücke) über die Mojka. Kurz nach deren Errichtung erhielt Traitteur die Aufträge für drei weitere Brücken in St. Petersburg: Die Ägyptische Brücke über die Fontanka (Abb. 2.07) und die Löwen- und Greifenbrücke über den Katharinenkanal. Erbaut wurden die drei Brücken in den Jahren von 1824 bis 1826.
Verschiedene Tätigkeiten
In den Jahren nach dem Bau der Kettenbrücken in St. Petersburg war Traitteur vorrangig als Berater, Verwalter und Verleger tätig. Er wurde außerdem vom Corps der Verkehrswegeingenieure viel herumgeschickt, um verschiedenste Projekte zu begutachten. Im Jahre 1829 erhielt er die Beförderung zum Generalmajor. Doch schon ein Jahr später bat Traitteur um seine Demission und Entlassung. Mögliche Gründe für diese Entscheidung könnten seine Schmerzanfälle aufgrund des Petersburger Klimas und der Tod seines Vaters in Baden gewesen sein. Aber der eher wahrscheinliche Grund war der Tod des Zaren Alexander I. im Jahre 1825. Dessen Bruder, Nikolaus I., wurde neuer Zar. Nikolaus begann die Reformen Alexanders rückgängig zu machen und das Leben der Ausländer wurde im russischen Zarenreich schwieriger. Es gab Verbote ins Ausland zu reisen und Ausländern wurde eine Einreise schwer gemacht. Außerdem wurden Polizeitruppen organisiert, die sehr strenge staatliche Kontrollen ausübten.
Auslandskorrespondenz
Im März 1832 reiste Traitteur aus St. Petersburg ab. Dies stellte allerdings keinen Bruch mit den Corps der Verkehrswegeingenieure dar. Weitere drei Jahre blieb er als Korrespondent im Ausland in russischen Diensten. Durch den Wechsel von Briefen und Schriften informierte Traitteur den Corps über die verschiedensten Themen. Darunter fielen auch Brückenbauprojekte. Ab dem Jahre 1835 wurde dieser Kontakt jedoch eingestellt, da der neue Leiter der Verkehrswegeingenieure die Korrespondenz für unnötig hielt.
Die letzten Jahre in Baden
Nach dem Ende der Korrespondenz versuchte sich Traitteur in unterschiedliche Projekte in Deutschland, vor allem in Baden, einzubringen, hatte dabei aber keinen Erfolg. Er kritisierte viele deutsche Projekte sehr hart, was jede mögliche Zusammenarbeit oder Anstellung im Staat verhinderte. Am 17.06.1859 starb Wilhelm von Traitteur in Mannheim.