Welche Bildkultur?

Traditionen der bildlichen Darstellung von konkreter Natur waren schon etabliert, lange bevor es „Ökologie“ oder andere moderne wissenschaftliche Disziplinen gab. Die Landschaftsmalerei war hier von maßgeblicher Bedeutung, seit dem 17. Jahrhundert durchlief sie verschiedene Stilepochen. Jede dieser Epochen ist gekennzeichnet durch einen spezifischen Blick der Künstler und durch einen kollektiven gesellschaftlichen Blick auf die Landschaft. Eine Bildkultur ist durch die Materialität des Bildes und seine ikonische Wahrnehmung im Produktions- und Rezeptionsvorgang ebenso gekennzeichnet wie durch die soziale Zuordnung. In diesem Sinne können beispielsweise künstlerische, wissenschaftliche, technische oder mediale Bildkulturen unterschieden werden, in denen jeweils andere ästhetische und epistemische Kriterien gelten.

In der ökologischen Forschung sind Bilder nicht erst heute im Zeitalter bildbasierter digitaler Methoden von Bedeutung für den Erkenntnisprozess und die Stabilisierung von Tatsachen. Visuelle Repräsentationen begleiteten die ökologische Forschung von Beginn an in ihren kognitiven Aktivitäten und Darstellungsmethoden. Dabei finden sich Elemente der traditionellen Landschaftsmalerei ebenso wie wissenschaftliche Zeichnungen, verschiedene fotografische Techniken, wie Luftbild- oder Mikrofotografie, aber auch diverse Verfahren zur Darstellung von Daten in Diagrammen.

Ein Ziel dieses Projektes ist es, diese Verfahren und Praktiken in ihrer zeitlich und räumlich begrenzten wissenschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Umgebung als Bildkulturen zu beschreiben. Beispiele dafür wären etwa die jüngeren Debatten um die Suche und Festlegung von Leitbildern bei der Restaurierung von Bergbaufolgelandschaften, die Analyse der epistemischen Rolle von Bildern bei der Erfindung und Verabschiedung des Phänomens „Waldsterben“, oder die historische Rekonstruktion der Bildikone von unserem blauen Planeten, der Biosphäre 1, die nicht nur verschiedenste Diskurse durchkreuzte, sondern auch sichtbare materielle Spuren hinterließ: Biosphäre 2 in der Wüste von Arizona und Biosphäre 3 in Sibirien.