Simulation von Energiesystemen
Energienetze – Komplexe Systeme für die Zukunft gestalten: Energienetze sind hochkomplexe und dynamische Systeme, die eine ganzheitliche Betrachtung erfordern, um eine zuverlässige, kostengünstige und nachhaltige Energieversorgung sicherzustellen. Dabei umfasst das Energiesystem nicht nur Erzeuger und Verbraucher, sondern auch Umwandler und Übertragungsnetze. Neben technischen und ökonomischen Aspekten spielen Umweltverträglichkeit und Anlagensicherheit eine zentrale Rolle. Der Übergang zu einer nachhaltigen Energieversorgung verlangt ein intelligentes Zusammenspiel konventioneller und erneuerbarer Energiequellen.
Die Herausforderung liegt darin, Energie mit hohen Wirkungsgraden, niedrigen Emissionen und geringer Anfälligkeit für Schwankungen bereitzustellen. Besonders erneuerbare Energiequellen wie Photovoltaik, Windkraft oder Gezeitenkraftwerke bringen naturgemäß Leistungsfluktuationen mit sich. Dies stellt Netzbetreiber, Kraftwerksbetreiber und Anlagenbauer vor neue Herausforderungen, insbesondere in den Bereichen Prozesskontrolle und -optimierung.
Wasserstofftechnologien: Schlüssel für die Energiewende
Wasserstofftechnologien spielen eine Schlüsselrolle bei der Transformation unserer Energie- und Industriegesellschaft. Sie sind auch für den regionalen Strukturwandel, etwa in der Lausitz, von entscheidender Bedeutung. Wasserstoff bietet als potenzieller Energiespeicher die Möglichkeit, Schwankungen in der Energieeinspeisung auszugleichen und so einen höheren Anteil erneuerbarer Energien in das Energiesystem zu integrieren. Unser Lehrstuhl fokussiert sich auf innovative Verfahren zur Wasserstofferzeugung (z. B. durch elektrolytische Wasserspaltung), auf neue Technologien zur Speicherung (z. B. mithilfe von Metallhydriden) sowie auf die effiziente Verteilung von Wasserstoff. Damit leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung nachhaltiger Energiesysteme.
Simulation und Prozessmodellierung
Die Optimierung von Energiesystemen basiert auf validierten Prozessmodellen, die durch Daten aus dem industriellen Betrieb sowie durch gezielte Experimente erstellt werden. Mithilfe dieser Modelle können Simulationen innerhalb definierter Gültigkeitsbereiche durchgeführt werden. Dies ermöglicht es, ohne aufwendige und teure Versuchsreihen neue Betriebsstrategien, Regelungen und Lastprofile zu testen. Selbst stochastische Einflüsse, die die Planung und Steuerung erschweren, können in Simulationen realitätsnah abgebildet werden.
Der digitale Zwilling: Virtuelles Abbild realer Systeme
Ein Meilenstein in der Simulationstechnik ist der digitale Zwilling – ein vollständiges virtuelles Abbild einer realen Anlage. Er kombiniert reale Produktionssysteme mit einer Simulationsschicht und wird für Experimente, Überwachung und vorausschauende Instandhaltung genutzt. Die Entwicklung digitaler Zwillinge erfordert eine präzise mathematische Modellierung. Unsere multiphysikalischen Simulationen in der Wasserstofftechnologie basieren auf:
- Energie- und Massebilanzen,
- numerischer Strömungsmechanik (CFD),
- elektrochemischen Modellen und
- der Verknüpfung einzelner Baugruppen zu Gesamtsystemen.
Zur Simulation nutzen wir leistungsstarke Software wie MATLAB®, inkl. Simulink und Simscape, EBSILON®Professional oder COMSOL Multiphysics®.
Virtuelle Sensoren: Optimierung durch Schätzwerte
Einzelne Prozessmodelle können zudem als virtuelle Sensoren für Industrie- oder Versuchsanlagen implementiert werden, um für Prozessgrößen, die aus technischen oder Kostengründen gar nicht, nicht zuverlässig oder nicht durchgängig gemessen werden können, kontinuierlich Schätzwerte bereitzustellen und so die Beobachtbarkeit und Kontrollierbarkeit zu verbessern.