Fritz Leonhardt (1909 – 1999) Erfindungen und genutzte Technologien

Fritz Leonhardt und seine Mitarbeiter im Büro Leonhardt, Andrä und Partner (LAP) arbeiteten von Anbeginn an der Entwicklung und Weiterentwicklung von Konstruktionselementen und -details mit dem Ziel, Tragstrukturen wirtschaftlicher, haltbarer, ästhetisch ansprechender und gleichzeitig weniger anfällig für Beschädigungen und damit einfacher im Unterhalt zu machen. Ihre Erfindungen beinhalteten eine ganze Reihe an Vorspanntechniken und Spannstäben, Verankerungen, Gleitlagern und weitere konstruktive Details.

Wichtige Erfindungen und Weiterentwicklungen. Eine Übersicht

Die Einträge in dieser Tabelle sind großenteils nicht in der darunter folgenden Tabelle „Durch Leonhardt und Mitarbeitern eingereichte Patente“ nochmals zu finden.Eine Übersicht

JahrErfindungen/ Weiterentwicklungen
ca. 1934Orthotrope Platte. 
Auch Stahlzellenplatte genannt.
Erstmaliges Einsetzen beim Bau der Brücke in Köln-Mülheim, 1948-1951 (Abb. 2.13, 2.14).
1947Entwicklung einer Schüttbauweise für den Wohnungsbau, mit Ludwig Bölkow.
1948Spannbetonverfahren Baur-Leonhardt (Abb. 4.01, 4.02).
1953Patent für die Monokabel-Hängebrücke (Abb. 4.03).
ca. 1953Entscheidende Weiterentwicklung der Schrägseilbrücke (auch: Schrägkabelbrücke). 
Die vermutlich erste „moderne“ und reine Schrägseilbrücke Deutschlands: Theodor-Heuss-Brücke (auch: Nordbrücke Düsseldorf, 1953-1957), Düsseldorf, Nordrhein-Westfalen, Deutschland (Abb. 2.15, 3.06).
1959Gleitverfahren.
1959-1964Stuttgarter Schubversuche.
1961Taktschiebeverfahren (Abb. 4.04, 4.05).
1969Thermisches Aufwindkraftwerk, mit Jörg Schlaich (*1935).
Bau einer Versuchsanlage beim spanischen Manzanares in den Jahren 1980-1982.
Durch Leonhardt und Mitarbeitern eingereichte Patente

Die Liste ist ohne Anspruch auf Vollständigkeit erstellt. Die Einträge sind sortiert nach dem Anmeldedatum. Die genannten Mitarbeiter Leonhardts waren zumeist Firmenpartner.

AnmeldedatumPatent
26.04.1940Hängebrücke mit durchlaufenden Versteifungsträgern.
02.10.1948Plattenförmiges Bauelement, insbesondere zum Aufbau von Montageschalungen. 
Erfinder: Fritz Leonhardt und Ludwig Bölkow.
06.07.1950Stahltragwerk, insbesondere Brücke. 
Erfinder: Fritz Leonhardt und Hoyden.
05.11.1950Verfahren und Einrichtungen zum Spannen von Vorspanngliedern unter Abstützung gegen den erhärteten Beton. 
Erfinder: Fritz Leonhardt und Willi Baur (Abb. 4.06).
26.04.1951Verfahren zur Herstellung von Gleitkanälen in vorgespannten Stahlbetonteilen.
16.03.1952Trichterförmiger Stützkörper zur Verteilung von Ankerkräften. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996, Abb. 2.11) und Pieckert.
16.03.1952Ringförmiger Ankerkörper und Verankerung damit.
Erfinder: Fritz Leonhardt (1909-1999), Wolfhart Andrä (1914-1996) und Pieckert.
27.07.1952Verfahren und Vorrichtung zum Verankern von Spannbetonbewehrungen. 
Erfinder: Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur, Pieckert, Fritz Leonhardt.
04.08.1952Vorrichtung und Verfahren zum Verankern von Stäben, insbesondere für Spannbeton. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996) und Pieckert.
21.05.1953Verfahren zum Ermöglichen des behinderungsfreien Vorspannens von flächigen Betonfertigteilen, die auf steifen Schalformen hergestellt werden.
11.08.1954Anordnung zur Verbindung von Stäben.     
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur, Pieckert.
03.08.1955Ankerkörper aus Beton, in welchen das Ende eines bündelförmigen Vorspanngliedes besenartig einbetoniert ist. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur.
27.02.1960Keilverankerung für Spannbetondrähte. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur.
16.12.1960Spanngliedstoß. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur.
19.08.1961Verankerung von bündelartigen Spanngliedern aus Runddrähten. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996).
19.08.1961Spanngliedstoß. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur.
12.10.1961Kippgleitlager für Brücken oder ähnliche Bauwerke. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur.
13.08.1964Verfahren zum Herstellen von langen Bauwerken, insbesondere Brücken, aus Stahl- oder Spannbeton. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur.
07.12.1966Vergussmasse für die Verankerung von Zuggliedern und Verfahren zum Einbringen. 
Erfinder: Krenkler, Wolfhart Andrä (1914-1996), Fritz Leonhardt.
27.08.1969Schrägkabelbrücke mit Seilversteifung. 
Erfinder: Wilhelm Zellner.
14.08.1971Verfahren zum Verformen kunststoffumhüllter Zugglieder aus Draht- oder Litzenbündeln. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur.
08.07.1976Verfahren zum Herstellen massiger Betonteile für den Wasserbau.
19.03.1977Anordnung zur hydraulischen Übertragung von Biegemomenten an Dehnfugen balkenartiger Tragwerke o.dgl. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur, Wilhelm Zellner, Jörg Schlaich (*1935).
27.04.1977Anordnung zur Nachschmierung der Gleitflächen von Gummitopfkipplagern.
27.04.1977Bauverfahren für die Herstellung von Schrägkabelbrücken aus Stahlbeton oder Spannbeton. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur, Wilhelm Zellner, Jörg Schlaich (*1935).
17.05.1977Anordnung zur Nachschmierung der Gleitflächen von Kunststoff-Gleitlagern. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur, Karl Bayer, Erwin Beyer.
26.05.1977Be- und Entlüftung von Hochstraßen-Tunneln. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur, Erwin Beyer.
16.06.1977Bewehrung von Flachdecken gegen Durchstanzen. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Willi Baur, Wilhelm Zellner, Jörg Schlaich (*1935), Hans-Peter Andrä. 
10.09.1977Reflektor.
25.04.1978Abgespannter Mast.
17.10.1978Sattelförmiger Mantel für Rohrförmige Bauwerke sowie Verfahren zu seiner Herstellung. 
Erfinder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Wilhelm Zellner, Jörg Schlaich (*1935), Mayr.
22.03.1979Verfahren zur Herstellung von Bauwerken durch Taktschieben mit nachträglicher Ergänzung der Nutzflächen. 
Anmelder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Wilhelm Zellner, Jörg Schlaich (*1935), Willibald Kunzl, Horst Falkner, Bernhard Göhler. 
Erfinder nicht genannt.
22.03.1979Verfahren zum Herstellen einer Verankerung eines Spannstabes mit Gewinde. 
Anmelder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Wilhelm Zellner, Willibald Kunzl, Horst Falkner, Bernhard Göhler. 
Erfinder nicht genannt.
22.03.1979Verankerung von Spannstäben mit hoher Dauerschwingfestigkeit mittels Gewinde, Mutter und einer sich auf den erhärteten Beton abstützenden Ankerplatte zum Vorspannen von Betontragwerken mit nachträglichem Verbund. 
Anmelder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Wilhelm Zellner, Jörg Schlaich (*1935), Willibald Kunzl, Horst Falkner, Bernhard Göhler.
Erfinder nicht genannt.
22.03.1979Zwei- oder mehrschichtige Umhüllung von Spanngliedern. 
Anmelder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Wilhelm Zellner, Jörg Schlaich (*1935), Willibald Kunzl, Horst Falkner, Bernhard Göhler.
Erfinder nicht genannt.
23.03.1979Spanngliedkopplung durch Keilverankerung in einer gemeinsamen Ankerplatte. 
Anmelder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Wilhelm Zellner, Jörg Schlaich (*1935), Willibald Kunzl, Horst Falkner, Bernhard Göhler.
Erfinder nicht genannt
10.05.1979Hydraulisches Kipplager zur Übertragung großer Kräfte zwischen Bauteilen. 
Anmelder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Wilhelm Zellner, Jörg Schlaich (*1935), Willibald Kunzl, Horst Falkner, Bernhard Göhler.
Erfinder nicht genannt.
22.04.1980Bewehrungselement zur Übertragung von Querkräften in plattenartigen Traggliedern, z.B. Flachdecken. 
Erfinder: Wilhelm Zellner, Willibald Kunzl, Horst Falkner, Bernhard Göhler, Hans-Peter Andrä.
26.01.1981Kunststoffhülse zur provisorischen Befestigung der Ankerplatte von Stabspanngliedern im Gewindebereich des Spannstabes. 
Erfinder: Hans-Peter Andrä.
27.11.1982Abschnittsweise Erneuerung von Durchlaufträgern aus Spannbeton. 
Anmelder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Wilhelm Zellner, Willibald Kunzl, Horst Falkner, Bernhard Göhler. 
Erfinder nicht genannt.
13.01.1984Freitragende Vorschubrüstung mit druckfester Grundplatte. 
Anmelder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Wilhelm Zellner, Willibald Kunzl, Horst Falkner, Bernhard Göhler. 
Erfinder nicht genannt.
24.05.1984Verbundmittel für Stahl-Verbundkonstruktionen. 
Anmelder: Fritz Leonhardt. 
Erfinder nicht genannt.
29.06.1984Verfahren zur Herstellung von Brückenüberbauten o.dgl. langen Bauwerken aus Stahl- oder Spannbeton mit Hilfe einer frei tragenden Vorschubrüstung und Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens. 
Anmelder: Fritz Leonhardt, Wolfhart Andrä (1914-1996), Wilhelm Zellner, Willibald Kunzl, Horst Falkner, Bernhard Göhler. 
Erfinder nicht genannt. 

Die Patentschriften können beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) im amtsinternen, elektronischen Patentinformationssystems (DEPATIS) eingesehen werden.

Zeitgenössischer bautechnikgeschichtlicher Kontext
1910erVervollkommnung der Stahlbetonbauweise: 
Die Jahrhunderthalle in Breslau, das heutige Wrocław in Polen, entworfen von Max Berg (1870-1947) wird von 1911-1913 gebaut. Die Umsetzung erfolgte mit der Firma Dyckerhoff & Widmann. Der kühne Kuppelbau mit einer Spannweite von 67 m ging in die Geschichte der Bautechnik ein und wird seit 2006 als Weltkulturerbe geführt.
1920erBrücken aus Stahlbeton:
Bereits vor dem Ersten Weltkrieg plante Robert Maillart (1872-1940) eine größere Anzahl an Stahlbetonbrücken in der Schweiz. Ab ca. 1924 war sein Können aber mehr denn je gefragt und Maillart sah sich gezwungen neben seinem Büro in Genf Zweigniederlassungen in Bern und Zürich zu gründen. Seine Bauwerke, insbesondere seine Brücken, zeichneten sich durch eine hervorragende architektonische Gestaltung und die konsequente Ausnutzung der Möglichkeiten des Stahlbetons aus. Sein bekanntestes Bauwerk wurde die 1929-1930 gebaute Salginatobelbrücke [Salginatobelbrücke, Schiers, Kanton Graubünden, Schweiz, 1929-1930], die später von der Amerikanischen Ingenieurvereinigung zum „World Monument“ ernannt wurde.Schalenbau mit Stahlbeton:
Franz Dischinger (1887-1953) erkannte das Potential der Stahlbetonschale und stellte die Behauptung auf, dass die Schalendicke lediglich 1/ 600 der Spannweite betragen müsse. Bei der Kuppel des Planetariums in Jena führte er die Schale mit einer Stärke von 6 cm bei einer Spannweite von 40 m und einem Stich von 7,87 m aus. Danach baute er in den 1920er Jahren wie auch danach noch einige Hallen mit Stahlbetonschalen.Spannbeton:
Nach der Unterbrechung bei der Erforschung vorgespannter Betonkonstruktionen durch den Ersten Weltkrieg (1914-1918) erforschte Eugéne Freyssinet (1879-1962) ab 1926 die elastischen und plastischen Verformungen (Kriechen) des Betons. Parallel zu Freyssinet entwickelten Dischinger und Ulrich Finsterwalder (1897-1988) Vorspanntechniken.
1930erSpannverfahren ohne Verbund:
Dischinger baute 1935-1937 die Bahnhofsbrücke in Aue, Sachsen, Deutschland  mit einem Spannverfahren ohne Verbund, nach dem Prinzip des unterspannten Balkens, welches er aber erst 1940 als Patent anmeldete.
1940erDie Dynamik als Lastannahme:
Die Tacoma-Narrows-Brücke stürzte 1940 infolge von Aufschaukelung durch Wind ein. Die Resonanzkatastrophe machte den Einsturz nicht nur zum berühmtesten Brückeneinsturz überhaupt. Bedeutender ist, dass seither neben der Statik auch die Dynamik bei der Konstruktion von Brücken berücksichtigt wird.
1950erNeue Erfolge mit der Vorspanntechnik:
Nach dem zweiten Weltkrieg gelang es 1948 erstmals mit dem Baur-Leonhardt-Verfahren, den Vorsprung der Freyssinetschen Spanntechnik einzuholen. Die weltweite Bedeutung der Spannbetontechnik wurde 1952 mit der Gründung der Féderation Internationale de la Précontrainte deutlich. Die General-Rafael-Urdaneta-Brücke (1958-1962), welche als 8,7 km lange Spannbetonbrücke über den Maracaibo-See in Venezuela von Riccardo Morandi (1902-1989) geplant wurde, sorgte für Furore.
1960erTaktschiebeverfahren:
Beim Bau der Caroní-Brücke 1962-1964 bei Ciudad Guayana, Bundesstaat Bolívar, Venezuela brachte Fritz Leonhardt zum ersten Mal einen Vorläufer des Taktschiebeverfahrens zum Einsatz, das er 1965-1968 bei der Innbrücke in Kufstein, Tirol, Österreich mit Willi Baur optimierte.