Vladimir Gregorjewitsch Šuchov (1853 – 1939) Projekte

Projektliste

Projektliste nach Baujahr

In der Projektliste sind nur Bauwerke aufgeführt, die in der verwendeten Literatur einem Entstehungsjahr zugeordnet wurden (Eine Ausnahme bleibt der hyperboloide Gitter-Wasserturm in Krasnodar, Russland. Abb. 3.44 und 3.45). Beispielsweise gibt es über die aufgeführten Erdölbehälter, Wassertürme, Brücken hinaus noch viele weitere solcher Bauart. So sollen von Šuchov während seiner Zeit im Büro Bari 417 Brücken, über 20’000 Erdölbehälter und ca. 50 hyperboloide Gittertürme geplant und realisiert worden sein.

Šuchov durchlebte verschiedene politische Umwälzungen. Daher werden zu den in der Liste aufgeführten Orten auch die politische Zugehörigkeit zu Lebzeiten Šuchovs, zur Orientierung die heutige politische Zugehörigkeit und verschiedene Namen (falls Umbenennungen in der Geschichte vorkamen) genannt. Durch die Übertragung der Orts- und Flussnamen aus dem kyrillischem Alphabet, beziehungsweise der russischen Sprache und anderer slawischen Sprachen entstanden verschiedene Umschriften im lateinischen Alphabet, die in den Quellen unterschiedlich auftauchen. Um möglichst Klarheit zu verschaffen, werden ebenfalls die angetroffenen Schreibweisen der hier relevanten topografischen Namen aufgelistet.

BaujahrBezeichungOrtWeitere Informationen
1878Erdölleitung 
(Erste Erdölleitung Russlands)
Baku,  Aserbaidschan 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Erste Erdölleitung Russlands von 10 km Länge für die Firma „Gebr. Nobel“.
1879Leitung für vorgewärmtes Masut
(Erste Leitung weltweit für vorgewärmtes Masut)
Baku, Aserbaidschan 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Erste Leitung weltweit für vorgewärmtes Masut (hochsiedender Destillationsrückstand des Erdöls sowie Produkt der Hochtemperaturpyrolyse; wird für Heizöl oder als Schmiermittel verwendet).
1879ErdölbehälterBaku, Aserbaidschan 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Neuartige, zylindrische, eiserne Erdölbehälter nach Šuchovs Erfindung.
1880Kerosinbehälter für LastschiffeBaku, Aserbaidschan 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1880Erdölbehälter mit kegelförmigem Holzdach
(Abb. 3.05, 3.06)
Moskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Bari-Kesselfabrik.
1885Tankschiffe
(Erste russische Tankschiffe)
Wolgograd, Russland (bis 1925 Zarizyn, bis 1961 Stalingrad; andere Schreibweisen: Volgograd, Caricyn; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion) 
und 
Saratow, Russland (andere Schreibweisen: Saratov; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Beide Orte sind an der Wolga gelegen.
1886Wettbewerb zum Ausbau der Moskauer WasserleitungenMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Von allen Angeboten zum Wettbewerb zum Ausbau der Moskauer Wasserleitungen war jenes der Firma Bari am günstigsten. Die Realisierung erfolgte dann allerdings nur teilweise nach Šuchovs Planungen, da eine andere Firma vom Finanzministerium den Zuschlag erhielt. Teilweise Beteiligung der Firma Bari an der Planung der Moskauer Wasserversorgung.
1886- 1887Erdölbehälter für ErdöllagerNižnij Nowgorod, Russland 
(1932-1990 Gorki; andere Schreibweisen: Nischni Nowgorod, Nižnij Novgorod, Nishnij Nowgorod, Nizhniy Novgorod; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1889- 1893Glasdachkonstruktion des GUM
(Abb. 3.07, 3.08)
Moskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Tonnenförmige Glasdachkonstruktion der Oberen Handelsreihen des späteren staatlichen und größten Warenhauses Russlands (heutiges GUM).
1890Tonnenförmige Gitterschalen
(Abb. 3.09)
Groznyi, Tschetschenien/ Russland 
(andere Schreibweisen: Groznyj, Grosny, Grosnij; weitere Namen: Sölsch-Ghala, Dschowchar Ghala; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Erste tonnenförmige Gitterschalen zur Überdachung von Erdöl-Pumpstationen.
1891- 1896Erdölbehälter mit kegelförmigem Holzdach
(Abb. 3.10)
Batumi, Adscharien/ Georgien 
(andere Schreibweisen: Batum; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Erdöllager.
1892Eisenbahnbrücken 
(Šuchovs erste Eisenbahnbrücken)
O.A.Šuchovs erste Eisenbahnbrücken. In folgenden Jahren sollen 417 Brücken nach seiner Planung gebaut worden sein.
1892Transportbrücke der Prochorovskij-ManufakturO.A.
1892Zwei Krestovskij-WassertürmeMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Für das Städtische Wasserwerk in traditioneller Bauweise des 19. Jahrhunderts.
1894Hängedach und Gitterschale über kreisrundem Werkstattgebäude der Bari-Kesselfabrik
(Abb. 3.11)
Moskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1894Hölzernes Kegeldach für ein Schmiedegebäude der Bari-KesselfabrikMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1895FußgängerbrückeKislovodsk, Russland 
(andere Schreibweisen: Kislowodsk; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1895Versuchbau eines eventuell hyperboloiden Wasserturms auf dem Gelände der Bari-KesselfabrikMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1895Acht AusstellungshallenNižnij Nowgorod, Russland 
(1932-1990 Gorki; andere Schreibweisen: Nischni Nowgorod, Nižnij Novgorod, Nishnij Nowgorod, Nizhniy Novgorod; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Viermal tonnenförmige Gitterschale und viermal Hängedach. Im Rahmen der 16. Warenmesse „Allrussische Ausstellung“ im Jahr 1896. Architekt V. Kossov.
1895Erster Hyperboloider Gitter-Wasserturm der Welt
(Abb. 3.41 bis 3.43)
Nižnij Nowgorod, Russland 
(1932-1990 Gorki; andere Schreibweisen: Nischni Nowgorod, Nižnij Novgorod, Nishnij Nowgorod, Nizhniy Novgorod; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion). 
Heutiger Standort: Polibino, Russland (gelegen in der Lipetsk/ Lipezk Olast; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Im Rahmen der 16. Warenmesse „Allrussische Ausstellung“ im Jahr 1896. Architekt V. Kossov. Nach der Messe von Baron Necaev-Mal’cev erstanden und im Dorf Polibino, Russland, wieder aufgebaut.
1895Sämtliche Brücken auf der Warenmesse „Allrussische Ausstellung“ im Jahr 1896Nižnij Nowgorod, Russland 
(1932-1990 Gorki; andere Schreibweisen: Nischni Nowgorod, Nižnij Novgorod, Nishnij Nowgorod, Nizhniy Novgorod; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Im Rahmen der 16. Warenmesse „Allrussische Ausstellung“ im Jahr 1896. Architekt V. Kossov.
1896Šuchovscher RohrkesselMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Serienproduktion. Der Šuchovsche Rohrkessel hatte in horizontaler und vertikaler Bauweise vor allem eine vergrößerte beheizbare Fläche und war in seiner Gesamtkonstruktion einfacher gegenüber bisherigen Kesseln. Für diese Konstruktion erhielt die Firma Bari 1900 auf der Weltausstellung in Paris eine Auszeichnung in Form einer Goldmedaille.
1896Hyperboloider Gitter-Wasserturm für die Sodafabrik Ljubimov & Sol’ve
(Abb. 3.12)
Lisičansk, Ukraine 
(andere Schreibweisen: Lyssytschansk; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1897-1899Fachwerkbogen-Eisenbahnbrücke über den Enisej-Fluß (= Jenissei, Sibirien)Bei Krasnojarsk (?), Russland 
(andere Schreibweisen: Krasnoyarsk; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Für die Transsibirische Eisenbahn.
1897Tonnenförmige Gitterschale für ein Schmiedegebäude der Bari-Kesselfabrik
(Abb. 3.13)
Moskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1897Räumlich gekrümmte Gitterschalen-Halle der Hüttenwerke Vyksa
(Abb. 3.14)
Vyksa, Russland 
(andere Schreibweisen: Wyksa; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1897Hyperboloider Gitter-WasserturmVyksa, Russland 
(andere Schreibweisen: Wyksa; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1898Brücke über den Kitoj-Fluß (= Kitoy)Bei Angarsk, Russland
(an den Flüssen Angara und Kitoj gelegen; 1948-1991 Sowjetunion)
Für die Transsibirische Eisenbahn.
1898Brücke über die BelajaUfa (?) (Oblast Baschkortostan), Russland
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Für die Transsibirische Eisenbahn.
1898Fachwerkbinder-Halle des Walzwerkes
(Abb. 3.15)
Lys’va, Russland 
(andere Schreibweisen: Lyswa; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1898-1899Brücke über die KijaMariinsk, Russland
(bei GRAEFE/ GAPPOEV/ PERTSCHI 1990 als Marbinsk bezeichnet; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Für die Transsibirische Eisenbahn.
1898-1899Brücke über die Ušajka (an der Mündung zum Tom)Tomsk, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Für die Transsibirische Eisenbahn.
1898-1899Fachwerk-Gitterkastenbrücke über den Tom (Fluss)Tomsk, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Für die Transsibirische Eisenbahn.
1898-1899Fachwerk-Gitterkastenbrücke über die OkaBei Belev, Russland 
(andere Schreibweise: Beljow; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Für die Transsibirische Eisenbahn.
1898-1899Fachwerk-Gitterkastenbrücke über den Čulym-Fluss (= Tschulym)Bei Ačinsk, Russland 
(andere Schreibweisen: Achinsk, Atschinsk; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Für die Transsibirische Eisenbahn.
1899Hyperboloider Gitter-Wasserturm für die Zentrale Elektro-Gesellschaft
(Abb. 3.16)
Simonovo (Oblast Moskau), Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1899Hyperboloider Gitter-WasserturmWolgograd, Russland 
(bis 1925 Zarizyn, bis 1961 Stalingrad; andere Schreibweisen: Volgograd, Caricyn; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1899-1903Glaskuppel des Hotels MetropolMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Raumfachwerk. Architekt: V.F. Val’kot.
1900Transportbrücke der Konovalov-Textilfabrik
(Abb. 3.17)
Vičuga, Russland 
(andere Schreibweisen: Vichuga, Witschuga; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Die Stadt ist gelegen an der Wolga.
1901Verschiedene Brückensysteme für den Bau der Eisenbahnlinie Orenburg-TaškentEisenbahnlinie Orenburg, Russland (bis 1917 Russisches Reich, 1917-1920 Alasch-Orda-Staat, 1920-1922 RSFSR, 1922-1991 Sowjetunion) –Taškent, Usbekistan (andere Schreibweisen: Taschkent; ältere Namen: Tschotsch, Toschkant, Schasch, Binkent; 1865-1917 Russisches Reich, 1918-1924 ASSR Turkestan, 1924-1991 Usbekische SSR/ Sowjetunion)
1901Anbau der Gemäldegalerie mit Fachwerkdach für Moskauer Lehranstalt für Malerei, Bildhauerei und BaukunstMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1902Ersetzen eines 1894 gebauten, hölzernen Kegeldaches eines Schmiedegebäudes der Bari-Kesselfabrik durch ein eisernes DachMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1902Glasdach der Petrovskij-PassageMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion
Architekten: S.M. Kalugin und V.V. Frejdenberg.
1902Hyperboloider Gitter-Wasserturm für das städtische WasserwerkEfremov, Russland 
(andere Schreibweisen: Jefremow; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1902Hyperboloider Gitter-Wasserturm 
(Abb. 3.18)
Kolomna, Russland 
(andere Schreibweisen: Kislowodsk; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1904Hyperboloider Gitter-Wasserturm für die Firma OlovjanišnikovJaroslavl’, Russland 
(andere Schreibweisen: Yaroslavl’, Yaroslavl, Jaroslawl, Jaroslawl; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1905-1907Verlagsgebäude „Ruskoe slovo“Moskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Architekt: A.E. Erichson.
1906Hyperboloider Gitter-Wasserturm
(Abb. 3.19)
Nikolaev, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1908Hyperboloider Adžiogol-Leuchtturm aus zwei gleichen Hyperboloid-Segmenten. 
(Abb. 3.20)
Bei Cherson, Ukraine 
(andere Schreibweisen: Kherson; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1910Entwicklung von Kriegsgerät. Minen und eine Lafette für schwere Geschütze.Moskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1910Hyperboloider Gitter-Wasserturm für die Firma V.A. GivartorvskijMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1910Hyperboloider Gitter-WasserturmAndižan, Usbekistan 
(andere Schreibweisen: Andizhan, Andischan, Andijon; 1876-1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1911Hyperboloider Gitter-Wasserturm aus zwei Hyperboloid-Segmenten (zweistöckiger Hyperboloidturm)
(Abb. 3.21)
Jaroslavl’, Russland 
(andere Schreibweisen: Yaroslavl’, Yaroslavl, Jaroslawl, Jaroslawl; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1911Hyperboloider Stanislavskij-Leuchtturm
(Abb. 3.22)
Bei Cherson, Ukraine 
(andere Schreibweisen: Kherson; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1912Hyperboloider Gitter-Wasserturm für die Mittelasiatische EisenbahnlinieSamara, Russland 
(ältere Namen: 1935-1990 Kuibyschew; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1912Glasdach als Raumfachwerk für die Schalterhalle des Moskauer Hauptpostamtes
(Abb. 3.23)
Moskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Architekten: O.R. Munc, D.I. Novikov und die Brüder Vesnin.
1912Oberlichter des Straßenbahndepot Straße Šabolovskaja/ Ecke DonskajaMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1912-1917Bahnsteighalle des Kiewer Bahnhofs
(ehemals Briansker Bahnhof)
(Abb. 3.24)
Moskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Architekt: I.I. Rerberg
1912Hyperboloider Gitter-Wasserturm für die Fabrik VogauSagiri (vlt. Sagaredzho?/ Sagarejo?), Georgien (bis 1917 Russisches Reich, 1918 Transkaukasische Republik, 1922-1936 Transkaukasische SFSR, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)Höhe: 20,0 m. Fassungsvermögen: 58'000 Liter.
1912Hyperboloider Gitter-WasserturmChar’kov, Ukraine 
(andere Schreibweisen: Kharkov, Charkow, Charkiw (ukrainisch); bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1913Hyperboloider Gitter-WasserturmJaroslavl’, Russland 
(andere Schreibweisen: Yaroslavl’, Yaroslavl, Jaroslawl, Jaroslawl; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1914Hyperboloider Gitter-Wasserturm für das Kommissarov-TechnikumMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1914Hyperboloider Gitter-WasserturmPriluki, Ukraine 
(andere Schreibweisen: Pryluky; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1915Zwei hyperboloide Gitter-WassertürmeTambov, Russland 
(andere Schreibweisen: Tambow; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1917-1918Reparatur beschädigter Bauwerke (v.a. Brücken) – Eisenbahnlinie Syzran–VjazemskEisenbahnlinie: Syzran, Russland (andere Schreibweisen: Sysran; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion) – 
Vjazemsk (vlt. Vyazemsky?/ Wjasemski? Im fernen Osten unweit der chinesischen Grenze?), Russland (bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Transsibirische Eisenbahn.
1917-1918Reparatur beschädigter Bauwerke (v.a. Brücken) – Eisenbahnlinie
Orenburg–Taškent
Eisenbahnlinie: Orenburg, Russland (bis 1917 Russisches Reich, 1917-1920 Alasch-Orda-Staat, 1920-1922 RSFSR, 1922-1991 Sowjetunion) – Taškent, Usbekistan (andere Schreibweisen: Taschkent; ältere Namen: Tschotsch, Toschkant, Schasch, Binkent; 1865-1917 Russisches Reich, 1918-1924 ASSR Turkestan, 1924-1991 Usbekische SSR/ Sowjetunion)Transsibirische Eisenbahn.
1918Neue Montagewerkstätten. Sie waren später Kern der staatlichen Organisation für BrückenneubautenMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1919-1922Šabolovka-Radioturm
(Abb. 3.25)
Moskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1920erEisenverarbeitungswerkVerchnhe-Isetsk (Ort unbekannt)
1920erEisenverarbeitungswerkBelorečensk, Russland (andere Schreibweise: Beloretschensk; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1920erBaku-Batumi-ErdölpipelineBaku, Aserbaidschan (bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion) – 
Batumi, Adscharien/ Georgien (andere Schreibweisen: Batum; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion);
Baku-Batumi-Pipeline besaß eine Länge von 822,0 km. Russisches Erdöl konnte nun auf den Weltmarkt gelangen.
1920erGroznyi-Tuapse-ErdölpipelineGroznyi, Tschetschenien/ Russland
(andere Schreibweisen: Groznyj, Grosny, Grosnij; weitere Namen: Sölsch-Ghala, Dschowchar Ghala; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion) – 
Tuapse, Russland (ältere Namen: bis 1875 Weljaminowskoje, 1875-1897 Weljaminowski Possad; seit 1916 Stadtrecht; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Russisches Erdöl konnte nun auf den Weltmarkt gelangen.
1922Hölzerne Wasserleitung (Durchmesser = 53,0 cm)Moskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1927NiGRES-Stromleitungsmaste
(Abb. 3.26)
Bei Nižnij Nowgorod, Russland 
(1932-1990 Gorki; andere Schreibweisen: Nischni Nowgorod, Nižnij Novgorod, Nishnij Nowgorod, Nizhniy Novgorod; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Am Flussufer der Oka.
1927-1929Dachkonstruktion der Lastwagengarage in der Straße Novo-RjazanskajaMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Architekt: K. Mel’nikov.
1928Dachkonstruktion des Bachmet’evskij-BusdepotMoskau, Russland 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Architekt: K. Mel’nikov.
1929IndustriehafenanlageSt. Petersburg, Russland 
(1914-1924 Petrograd, 1924-1991 Leningrad; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1929FlugzeughalleO.A.45 m Spannweite.
1929Großtanks und Gasdruckbehälter der Fabrik „Dagestanskie ogni“O.A.
1929Hyperboloider Gitter-WasserturmKinešma, Russland 
(andere Schreibweisen: Kineshma, Kineschma; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1929Heben von versenkten Schiffen.O.A.
1929Lehrgerüst als unterspannte Holz-Eisen-Konstruktion beim Bau der Torf-Bunker des fünften Leningrader Elektrizitätswerkes „Roter Oktober“St. Petersburg, Russland 
(1914-1924 Petrograd, 1924-1991 Leningrad; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
1930erHüttenwerkMagnitogorsk, Russland 
(1929-1991 Sowjetunion)
Planung und Bau.
1930erHüttenwerkKuzneck, Russland 
(andere Schreibweisen: Kuznetsk, Kusnezk; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Planung und Bau.
1930erHüttenwerkZaporože, Ukraine 
(andere Schreibweisen: Saporischschja, Zaporižžja, Zaporizhzhia, Saporischja, Saporoschje; ältere Namen: bis 1925 Olexandriwsk bzw. Alexandrowsk; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Planung und Bau.
1932Raffinerieanlage „Sovjetskij Kreking“Baku, Aserbaidschan 
(bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Die Anlage wurde bereits 1879 von Šuchov geplant. Letztendlich konnte sie 1932 in Betrieb genommen werden. Obwohl Šuchov bereits 79 Jahre alt war, ließ er es sich nicht nehmen, die Produktion der Anlage in den ersten Wochen zu überwachen.
1932Wettbewerb und Ausführung zur Erhaltung des durch ein Erdbeben beschädigten Minaretts der Ulug-Bek-MedreseSamarkand, Usbekistan 
(andere Schreibweisen: Samarqand; 1868-1917 Russisches Reich, 1918-1925 Turkestanische ASSR, 1925-1991 Usbekische SSR bzw. 1922-1991 Sowjetunion)
O.A.Hyperboloider Gitter-Wasserturm
(Abb. 3.44, 3.45)
Krasnodar, Russland
(frühere Namen: bis 1920 Jekaterinodar; bis 1917 Russisches Reich, (1917) 1922-1991 Sowjetunion)
Bilder zur Projektliste
Andere zeitgenössische Projekte
BaujahrBezeichnungOrtWeitere Informationen
1860-1862Victoria StationLondon, EnglandZweischiffige Bahnsteighalle mit leichten Zweigelenk-Fachwerkbögen und Zugbändern. Spannweite: 39,0 m. Ing.: John Fowler (1817-1898). Epoche Monumentaler Bahnsteighallen.
1861 bzw. 1863Berliner Gasbehälter mit leichter, räumlichen Fachwerkkuppel – „Schwedlerkuppel“Berlin, DeutschlandIng.: Johann Wilhelm Schwedler (1823-1894). Auskreuzung zwischen Rippen und horizontalen Ringen.
1867-1871Royal Albert HallLondon, EnglandSchmiedeeiserne Kuppel. Durchmesser: 57,0 - 67,0 m.
1871-1877Eisenfachwerkbrücke über den Firth of TayMündung des Tay-Flusses/ Nordsee, SchottlandLänge: 3’000 m. Thomas Bouch (1822-1880).
1872MainbrückeBei Hassfurt, DeutschlandGerberträger. Patent (1866) von Heinrich Gerber (1832-1912).
1882-1883Eiserne Bogenbrücke – KirchenfeldbrückeBern, SchweizGesamte Länge: 229,0 m. Bestehend aus zwei Bogen mit je einer Spannweite von 87,0 m und einer Höhe von 37,0 m.
1882-1884Eisenbahnviadukt über das Truyere-Tal (Garabit-Viadukt/ Viaduc de Garabit)Bei Loubaresse, Frankreich165 m Spannweite, 564 m Länge, 122 m Höhe. Planung: Gustave A. Eiffel (1832-1923), Maurice Koechlin (1856-1946).
1882-1890Firth of Forth BridgeBei Edinburgh, SchottlandBrücke spannt über den Firth of Forth. Gerberträger-Stahlbrücke: 2'465,0 m lang, zwei Hauptöffnungen mit je 521,0 m Spannweite. Planung: John Fowler (1817-1898) und Benjamin Baker (1840–1907).
1883-1896Mariinski-TheaterSt. Petersburg, Russland
1884Erste Skizze zum EiffelturmParis, FrankreichGezeichnet von Maurice Koechlin (1856–1946), Mitarbeiter von Gustave A. Eiffel (1832-1923).
1885-1888HauptbahnhofFrankfurt/ Main, DeutschlandDreischiffige Bahnsteighalle mit leichten Dreigelenk-Fachwerkbögen (56 m Spannweite). Planung: Johann Wilhelm Schwedler (1823–1894).
1886Erster deutscher Hochseetanker mit 3’000 t FassungsvermögenO.A.
1887-1889EiffelturmParis, FrankreichSchmiedeeiserne räumliche Fachwerkkonstruktion von Gustave A. Eiffel (1832-1923) u. Maurice Koechlin (1856-1946) mit einer Höhe von 300 m.
1887-1889Galerie des Machines  (Maschinenhalle)Paris, FrankreichGrößte Halle der Pariser Weltausstellung von 1889. Dreigelenk-Fachwerkbogen: Abmaße: 111,0 m Spannweite, 45,0 m Scheitelhöhe. Planung: Charles Louis Ferdinand Dutert (Arch. (1845-1906), Victor Contamin (Ing. (1840-1893).
1887-1890Galleria Umberto I.
(Abb. 3.27)
Neapel, ItalienPassage mit Schmiedeeiserner Rippenkuppel, ringförmig verlaufenden Gitterträgern und gebogenen Untergurten (38 m Spannweite). Versuch der räumlich gekrümmten Fläche.
1896Erste kontinentaleuropäische UntergrundbahnBudapest, Ungarn
1900Grand Palais (Abb. 3.28)Paris, FrankreichAusstellungshallen zur Pariser Weltausstellung von 1900. Stahlfachwerk-Binderkonstruktion.
1907FesthalleFrankfurt/ Main, DeutschlandDurchbrochene Bogenbinderkonstruktion von Friedrich v. Thiersch (1852-1921) und der Brückenbauanstalt Gustavsburg.
1919Entwurf vom Tatlin-TurmSt. Petersburg, RusslandHöhe: 400 m. Planung: Vladimir E. Tatlin (1885-1953). Turm als Monument für die III. Internationale.
1920Entwurf der Lenin-TribüneO.A.Planung: El Markowitsch Lissitzky (1890-1941).

Ausgewählte Projekte

Erdölbehälter, 1879

Šuchovs Erdölbehälter waren 1879 die ersten rationellen Behälter ihrer Art. Er entwickelte, gegenüber den aus den USA bekannten schweren rechteckigen Behältern, leichtere zylindrische Behälter mit dünnen, auf Sandbettung gelagerten Böden und den Lasten entsprechend abgestuften Wanddicken. Im oberen Bereich hatten Šuchovs Erdölbehälter nur eine Mindestdicke, womit Material optimal eingesetzt und gespart wurde. 

Er erstellte Listen, mit denen immer die günstigste Variante hinsichtlich Volumen, Material, Aufwand und Kosten für die Planung ermittelt wurde. 1883 veröffentlichte Šuchov hierzu seine Berechnungsmethode in „Mechanische Anlagen der Erdölindustrie“. Unter dem Einsparaspekt von Material und Energie wurden die Behälter incl. aller Zubehörteile standardisiert, sodass eine Herstellung wie am Fließband möglich war. Es gab verschiedenste Schablonen für den Blechzuschnitt und das Schlagen der Nietlöcher. 1881 wurden erstmals zehn Behälter im Fließbandverfahren gebaut. In nur zwei Jahren sollen insgesamt 130 Erdölbehälter gebaut worden sein. Bis 1917 wurden wohl mehr als 20’000 Stk. gefertigt. Einige dieser Behälter waren noch 1990 in Betrieb (z.B. in Kinešma (Russland) und Batumi (Adscharien/ Georgien)). Einer der ältesten erhaltenen Behälter steht auf dem Werksgelände der ehemaligen Firma Bari (heute „Dinamo“) in Moskau. Nach Aussagen von Graefe soll die von Šuchov entwickelte Bauweise im Prinzip noch bis heute verwendet werden.

Quelle: GRAEFE 1990.

Erste russische Tankschiffe, 1885

Für den Transport des in Baku gewonnenen Erdöls boten sich das Kaspische Meer und die Wolga als Verkehrswege an. Daher entwickelte Šuchov im Jahre 1885 nach rechnerischen Analysen, welche er in seinen Artikeln aus den Jahren 1902 und 1903 publizierte, erste russische Tankschiffe für die Flussschifffahrt mit günstiger Formgebung und extrem langen sowie extrem flachen Rumpfkonstruktionen. 

Šuchov war bemüht, bei seinen Schiffen jegliches unnötige Gewicht einzusparen, wie es im Schiffbau üblich ist. Einbauten und Trennwände wurden daher als tragende Teile einbezogen und Zugelemente zur Aussteifung eingeplant.
Die ersten Tankkähne hatten eine Länge von 70,0 m, eine Breite von 10,0 m und eine Rumpfhöhe von 1,5 bis 2,0 m. Sie konnten ca. 800 t Erdöl aufnehmen. Spätere Kähne sollen sogar bis zu 170,0 m lang gewesen sein und konnten dabei ca. 10'000 t Erdöl fassen. Trotz der Vergrößerung der Schiffe sollen die Querschnittabmessungen der tragenden Teile sich nicht wesentlich vergrößert haben. Zum Vergleich der Dimensionen von Šuchovs Tankschiffen soll hier erwähnt werden, dass im Jahr 1886 erste Hochseetanker mit einem Fassungsvermögen von 3'000 t in Deutschland gebaut wurden.

Für die Produktion standardisierte Šuchov die Einzelteile der Schiffe, um eine fabrikmäßige Herstellung möglich zu machen. Die Werkplanung erfolgte in Moskau. Gefertigt wurde in Werften im heutigen Wolgograd (Russland) und Saratow (Russland) an der Wolga. Die Firma Bari erlangte im Schiffbau eine führende Marktposition. Während des wirtschaftlichen Aufschwungs bis 1900 wurde von ihr die Mehrzahl der russischen Tankschiffe gebaut.

Quelle: GRAEFE 1990.

Hängedächer und Gitterschalen, 1890er

Noch vor der Beschäftigung mit Brückenkonstruktionen Anfang der 1890er Jahre wendete sich Šuchov der Entwicklung von Dachkonstruktionen zu, vielleicht mit dem Ziel an der Ausstellung in Nižnij Nowgorod teilnehmen zu können. Er entwickelte die Tragwerkstypen des runden Hängedaches und der eisernen, gewölbten Schalenkonstruktion zu maschigen und leichteren Gitterkonstruktionen weiter.

Das eiserne Hängedach.
Die tragenden Teile sind Flacheisen, die wie Stahlbänder oder Seile zwischen zwei Ringen, einem Kleineren oben und einem Größeren weiter unten, gehängt sind. Beide Ringe lagern auf Stützen. Die auf Zug beanspruchten Seile bestehen aus biegeweichen Bandeisen, die mit ihrer Flachseite in der Dachfläche liegen. Aufgrund ihres Eigengewichts hängen sie in Form einer Seillinie durch.

Die eiserne Schalenkonstruktion.
Die tragenden Teile sind zwischen zwei Auflagern spannende, steife, hochkant stehende Bandeisen oder Winkeleisen.

Šuchovs Ideen von Dachkonstruktionen waren von grundlegender Neuheit in Russland. Er wollte flächige Tragwerke aus durchweg gleichen Teilen konzipieren. Ein Kennzeichen der Flächentragwerke ist – und damals absolutes Novum, dass das Stabgefüge des zu damaliger Zeit üblichen Fachwerks, aus Haupt- und Nebenträger bestehend, durch ein filigranes Netz gleichwertiger Konstruktionsglieder ersetzt wurde. Die Dachhaut wurde gleichzeitig tragendes Element.

Ein Beispiel dieser Konstruktion wird in Šuchovs Patent zu Netzdächern , eingereicht 1895, mit der Privilegija Nummer 1894, gezeigt (Abb. 4.03). Die Gitterkonstruktionen wurden aus sich diagonal kreuzenden Band- und Winkeleisen angeordnet, wodurch sie rautenförmige Maschen in einem flächigen Tragwerk bildeten. Die entstandenen leichten Gitter setzte Šuchov hängend in einem zugbeanspruchten Hängedach oder stehend in einem druckbeanspruchten Schalendach ein. Georgij M. Ščerbo versucht in seinem Beitrag „Über die Quellen der Neuerungen in Šuchovs Werk“ zu klären [ŠČERBO 1990], was Šuchov zu den netzförmigen Hängedächern inspiriert hatte, welche Zeitgenossen in Analogie zu den Tuchzelten auch Zelte nannten. 

Nach Ščerbo soll bereits 1830 das erste einmastige Zirkuszelt mit einem Durchmesser von 27,5 m gebaut worden sein. In den späteren Jahren wurden immer größere Zelte mit mehreren Hauptmasten und Zwischenstützen gebaut. Ščerbo meint, dass die Zirkuszelte von Barum und Bailey Šuchovs Interesse bei seiner Amerikareise geweckt haben müssen.

Rainer Graefe weist bei Inspirationsquellen für Šuchovs Hängedach in seinem Artikel „Netzdächer, Hängedächer und Gitterschalen“ [GRAEFE 1990] darauf hin, dass die Bauform nicht neu war. Schon 1824 ließ sich der österreichisch-slowakische Ingenieur Friedrich Schnirch ein Hängedach patentieren, welches aus parallel von einem Firstbalken herunterhängenden Ketten bestehen sollte. Seit 1863 baute der deutsche Ingenieur Johann Wilhelm Schwedler die nach ihm benannten eisernen Schwedlerkuppeln, bei denen die Tragelemente wie bei Šuchovs Gitterschalen in einer Ebene lagen (Abb. 3.29). Die Form des zugbeanspruchten Hängedaches bildete Šuchov jedoch erstmals als eisernes Flächentragwerk mit doppelter Krümmung aus (Abb. 3.30). 

Šuchovs enger Freund und 1877 mit Goldmedaille ausgezeichneter Mechanikingenieur und späterer Professor am Polytechnikum P. K. Chudjakov (1858-1935) schrieb über Šuchovs Netzkonstruktionen:
„In den damaligen Kursen des Ingenieur- und Bauwesens würde man vergeblich eine dahingehende Anweisung suchen. Dazu bedurfte es des besonderen unermüdlichen Forschergeistes eines eigenständigen Ingenieurs“ [ŠČERBO 1990, S. 25].

Die Abbildung 3.31 zeigt die ursprüngliche Fassung der Patentzeichnung zu Šuchovs Netzdächern. Ausschnitte dieser Zeichnung stellen die Abbildungen 3.32 bis 3.34 dar. Die Figuren 1 bis 3 gehören zu ein und derselben Netzdachkonstruktion (Abb. 3.32). Sie weist einen kreisrunden Grundriss auf. Das Dach besteht aus drei Ringen mit unterschiedlichen Durchmessern. Die Zwischenräume der unterschiedlich hoch gelagerten Ringe sind durch Zug- bzw. Druckelemente ausgefüllt. Auf dem obersten Ring stehen sechs Stäbe radial zu einander. Zwischen dem obersten Ring, der vermutlich eher druckbeansprucht ist, und dem mittleren, zugbeanspruchten Ring befinden sich Druckstäbe, die speichenähnlich angeordnet sind. Wie eine Kuppel ist diese stehende Netzdachkonstruktion zweifach gekrümmt. Zwischen dem mittleren und dem untersten Ring befinden sich speichenähnlich angeordnete Zugelemente, die den mittleren Ring ebenfalls auf Zug belasten und den untersten Ring auf Druck beanspruchen. Diese Hängedachkonstruktion ist ebenfalls zweifach gekrümmt. Aufgrund der doppelten Zugbelastung des mittleren Ringes ersann Šuchov als unterstützende Konstruktion ein sich rechtwinklig kreuzendes Stahlnetz, das in der Ebene des Ringes spannte (Figur 2).
In Abb. 3.33 ist mit Figur 4 ein Traufpunkt zu sehen. Die Figuren 5 und 6 zeigen den Anschluss der Bandeisen an dem oberen Ring. Ein Querschnitt eines Hängedaches ohne oberen Kuppelabschluss, vermutlich für ein Hängedach über rechteckigem Grundriss, wird in Figur 7 dargestellt. Die Figuren 8 bis 11 in Abb. 3.34 zeigen einfach- und doppelt-gekrümmte Gitterschalen.

Nach Aussagen von Graefe soll Šuchov sein erstes Hängedach 1894 in Moskau über einem kreisrunden Werkstattgebäude der Kesselfabrik von Firma Bari errichtet haben [GRAEFE 1990] (Abb. 3.11 und 3.35). Dieses Hängedach war in den 1970er Jahren noch erhalten, soll heute aber nicht mehr existieren.

Seine aus nur einem Profilelement gebildeten Gitterschalen waren gegenüber den bis dahin bekannten eisernen Wölbkonstruktionen einfach. Die gewohnte Wölbstruktur aus Haupt- und Nebenrippen eines üblichen räumlichen Fachwerks wurde durch ein Netz gleichwertiger Stäbe ersetzt. Stabilisiert wurde die Wölbkonstruktion durch die gegenseitige Verspannung der sich kreuzenden hochkant stehenden Bandeisen. Diese berührten sich nur an den Kanten, für deren Verbindung besondere Teile erforderlich wurden. 

Zunächst schuf Šuchov nur einseitig gekrümmte Gitterschalen. Die Realisierung der doppelt gekrümmten Gitterschale bedurfte noch einiger Versuchsbauten. 1890 erprobte er an zwei tonnenförmigen Gitterschalen zur Überdachung von 13,5 x 9,0 m großen Erdöl-Pumpstationen in Groznyi (Tschetschenien/ Russland) das Tragverhalten (Abb. 3.09). Dort wurden elliptisch gekrümmte Z-Profile verwendet. Horizontale Zugbänder nahmen den Bogenschub auf. Abgetragen wurde die Schale über ein Sprengwerk der Randträger und nach oben verjüngende Fachwerksstützen.

Ein weiterer Versuch war der 1894 errichtete Rundbau eines Werkstattgebäudes in Moskau. Dort plante Šuchov eine über 22,0 m spannende Gitterkuppel aus radial angeordneten liegenden Bandeisen. Da diese Gitterkuppel konstruktive Mängel hatte, ersetzte er diese Kuppel durch ein kegelförmiges Dach in einer Holz- oder Eisenkonstruktion. 1896 machte Šuchov einen weiteren Versuch bei einer der Ausstellungshallen der „Allrussischen Ausstellung“ in Nižnij Nowgorod. Ursprünglich sollte hier eine 25,6 m spannende Kuppel gebaut werden. Aber auch hier wurde dann doch eine einseitig gekrümmte Tonnen-Gitterschale gebaut (Abb. 3.36 und 3.37). 

1897 gelang es schließlich auch eine doppelt gekrümmte Gitterschale auf einer Werkhalle der Hüttenwerken in Vyksa (Russland)  zu errichten (Abb. 3.14, 3.39 und 3.40). 

Seine Anfang der 1890er Jahre entwickelten Ideen schrieb er in seiner Publikation „Stropila – Izyskanie racional’nych tipov Prjamolinejnych stropil’nych ferm i teorija aročnych ferm“ („Der Dachverband – Ermittlung der günstigsten Dachträgerformen und Theorie der Bogenbinder“) von 1897 nieder.

Bis auf die vier Hängedächer der Ausstellungshallen und dem ersten Hängedach von 1894 in Moskau des Werkstattgebäudes der Bari-Kesselfabrik wurden von Šuchov keine weiteren realisiert. Höhepunkt von Šuchovs Hängedächern über kreisrundem, ovalem und auch rechteckigem Grundriss blieb daher die „Allrussische Ausstellung“ 1896 in Nižnij Novgorod. Von seinen Gitterschalen hingegen sollen noch mindestens 30 weitere gebaut worden sein.

Konstruktive und herstellungstechnische Vorteile der räumlich gekrümmten Flächentragwerke

  1. Die dünne, Gewicht einsparende und dennoch stabile Form.
  2. Die einfachen geraden Elemente, aus denen die gekrümmten Flächen hergestellt werden konnten.
  3. Die leichte Anpassungsfähigkeit der Flächen an sich ändernde Randbedingungen (Abb. 3.38).
  4. Reine Zug- oder Druckbeanspruchung der Elemente.
  5. Hohe Tragfähigkeit auch bei konzentrierten Lasten.
  6. Einfache Herstellung und Montage durch Gleichheit der Elemente und Verbindungen.
Werkhalle der Hüttenwerke in Vyksa, Russland, 1897

Bei der Werkhalle der Hüttenwerke in Vyksa gelang es Šuchov 1897 erstmals, druckbeanspruchte Gitterschalen räumlich gekrümmt über rechteckigem Grundriss zu bauen (Abb. 3.14, 3.39 und 3.40), statt der einseitig gekrümmten Tonnenform der damals üblichen Schalen. 

Sie bilden den Höhepunkt in der Entwicklung von Šuchovs Dachkonstruktionen. Die räumlich gekrümmte Gitterschale ermöglichte nun gegenüber der einseitig gekrümmten Gitterschale größere Öffnungen in der Fassade, größere Raumhöhen, gleichmäßigere Materialausnutzung in allen Tragrichtungen (Schalenwirkung), Materialeinsparung und leichtere Tragwerke (Schalen). 

Bei der Werkhalle der Hüttenwerke in Vyksa (Russland) spannt eine Gitterschalentonne über 14,6 m zwischen zwei gekrümmten Fachwerkrahmen, welche ihrerseits eine Spannweite von 38,4 m haben. Durch die Krümmung der Auflagerlinie der Tonne ist die räumliche Krümmung möglich geworden. Insgesamt besteht die Überdachung der Halle aus fünf solcher aneinander gereihten Tonnenschalen zwischen sechs Fachwerkrahmen, wodurch die Gesamtlänge der Halle 73 m (5 x 14,6 m) misst. „In Längs- und Querrichtung bildeten die Tonnen Kreissegmente mit einer Stichhöhe von 1/6 der jeweiligen Spannweite.“ [GRAEFE 1990, S. 47] Die Gitterschale besteht aus Z-Profilen, die für die Krümmung etwas verwunden sind. Die äußere Blecheindeckung liegt auf metallenen Latten auf, welche in Längsrichtung der Tonnen verlegt sind. Auf den noch erhaltenen Zeichnungen zur Planung dieser Halle sollen keine Zugelemente zu finden sein. In der Projektumsetzung wurden jedoch in größeren Abständen einige Schrägzüge eingebaut.

Heute

Die vier, mit Hängedach geplanten Hallen Šuchovs für die „Allrussische Ausstellung“ im Jahr 1896 wurden nach der Messe verkauft. Von ihnen fehlt bis heute jede Spur. Da bis auf die vier Hängedächer der vermissten Ausstellungshallen keine weiteren von Šuchov realisiert wurden und das runde Hängedach von 1894 in Moskau der Bari-Kesselfabrik in den 70ern oder 80ern des 20. Jh. verschwunden ist, kann davon ausgegangen werden, dass heute kein Dach dieser Bauart mehr erhalten ist.
Von den mindestens 30 Gitterschalen Šuchovs ist heute nur noch die Gitterschale der Werkhalle in Vyksa (Russland) erhalten. Nach Gappoev und Graefe wird dies als besonderer Glücksfall gesehen, da diese Šuchovs schönste und schlüssigste Schalenkonstruktion ist [GAPPOEV/ GRAEFE 2008]. Die ursprüngliche Fassade mit großen Fensterflächen zur Belichtung der Halle ist durch den Umbau der Werkanklagen nicht mehr vorhanden. 1974 wurde die Werkshalle unter Denkmalschutz gestellt. Mitte 1970er und Anfang 1980er Jahre wurden einige Verbindungsstellen der Konstruktion repariert und der Halle ein neuer Anstrich gegeben. 1979 und 1982 konnten bei Untersuchungen an der Halle ein zufriedenstellender Bausubstandszustand festgestellt werden. 
Die blecherne Dacheindeckung ist heute zu einem großen Teil entfernt. Nach Abbruchgedanken und der Idee des Abbaus und Wiederaufbaus in Moskau in den 1990er Jahren haben nun der Besitzer Vyksa Steel Works und die Stadt Vyksa (Russland) vor, die Halle für eine Neunutzung zu restaurieren. Dabei werden sie von Fachleuten der Universität Innsbruck (Österreich), der Technischen Universitäten Wien (Österreich), Karlsruhe und München (beide Deutschland), der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (Schweiz), dem Kulturforum der österreichischen Botschaft Moskau, der Moskauer Staatlichen Universität für Bauwesen (das ehemalige Moskauer Polytechnikum, Russland), der Universität für Architektur und Bauwesen Nižnij Nowgorod (Russland) und der Landesregierung der Region Nižnij Nowgorod (Russland) unterstützt. Im Mai 2007 wurde mit einer Bestandsaufnahme, Messarbeiten, Schadendiagnose und der Beräumung der Werkhalle begonnen. 

Quellen: GAPPOEV /GRAEFE 2008, GRAEFE 1990, GRAEFE/ PERTSCHI 1990. 

Hyperboloider Gitterturm, 1895

Seit 1880 soll Šuchov an Plänen für verschiedene Typen von Wassertürmen gearbeitet haben. Die daraus entstandenen Konstruktionen sollen für ihn allerdings technisch und ökonomisch unbefriedigt gewesen sein. Die Schwierigkeit lag darin, dass die Behälter der Wassertürme ein immer größeres Fassungsvermögen aufnehmen sollten. Die üblichen russischen Konstruktionen, wie aber auch die Wassertürme „amerikanischer Bauart“ sollen hierfür aber schlichtweg unwirtschaftlich gewesen ein.

Šuchov fand dann Anfang der 1890er Jahre eine für ihn zufriedenstellende Konstruktion. Kurz vor der 16. „Allrussischen Ausstellung“ in Nižnij Nowgorod im Jahr 1896 ließ sich Šuchov die Gitternetzkonstruktion seines Hyperboloidturmes aus Stahlprofilen patentieren. Die Form eines Hyperboloids als Bauwerk war in der Architekturgeschichte noch nie zuvor realisiert worden.

Wie kam Šuchov auf die Form des Hyperboloids?

Aus Aufzeichnungen Kovel’mans über Šuchovs Erinnerungen zur Entstehung der hyperbolischen Wassertürme, wiederum veröffentlicht von Irina Petropavlovskaja in „Hyperbolische Gittertürme“, kann der Leser folgendes erfahren: „… Über das Hyperboloid dachte ich lange nach. Da fand offensichtlich im Unterbewussten eine Arbeit statt, die aber nicht direkt auf ihn hinauslief.“ [PETROPAVLOVSKAJA 1990a, S. 78].

Petropavlovskaja berichtet weiter, dass ein Körbchen aus Weidenholz in Form eines Hyperboloids, welches Šuchov als Papierkorb benutzte, zum Modell des Bauprinzips wurde.

Mit dem Blick auf die Geschichte der Mathematik zeigt sich, dass bereits im 17. Jahrhundert die projektive Einheit von Ellipse, Parabel und Hyperbel bekannt war. Hinsichtlich der mathematischen Erfassung der Raumgeometrie hatte sich jedoch erst im 19. Jahrhundert einiges getan. Der französische Ingenieur und Architekt Poncelet (1787-1867) soll Beweise von Sätzen der Raumgeometrie geliefert haben. Der ungarische Mathematiker János Bolyai (1802-1860) und der russische Mathematiker Nikolai Ivanowitsch Lobachevski (1792-1856) formulierten Grundforderungen, die die Geometrie der Ebenen erfüllt. 1868 zeigte Eugenio Beltrami (1835-1899), dass das Parallelaxiom (Zu einer Geraden g und einem nicht auf ihr liegenden Punkt P gibt es mehr als eine zu g parallele Gerade durch P.) auf der Ebene eines Hyperboloids gilt. Diese Geometrie soll von Felix Klein (1849-1925) um etwa 1868-1872 Hyperbolische Geometrie genannt worden sein.

Eine hyperbolische Ebene wird daher erzeugt, indem zwei gegeneinander schräg gestellte Geraden entlang eines Kreises durch den Raum bewegt werden. Die entstehende Fläche bezeichnet die Mathematik als Regelfläche mit doppelter, gegensinniger Krümmung. Durch Änderung der Schrägstellung der beiden Geraden oder der Änderung der Kreisdurchmesser variiert die Form des Hyperboloids. Durch Drehung der Geradenscharen entlang der begrenzenden Kreise kann sich das Hyperboloid in einen Zylinder oder einen Doppelkegel verwandeln. 

Šuchov soll von seinen Studienjahren berichtet haben, dass „in den Vorlesungen zur analytischen Geometrie über die Hyperboloide gesagt wurde, sie seien ein gutes Training für den Verstand, aber von keinem praktischen Nutzen.“ [PETROPAVLOVSKAJA 1990a, S. 78]. Petropavlovskaja meint, dass sich Šuchovs Kenntnis vom Hyperboloid und dessen Rotationsfläche sich „irgendwie mit dem Blick für die funktionellen Möglichkeiten einer solchen Flächenform verknüpft haben müssen.“

Georgij M. Ščerbo geht in seinem Artikel „Über die Quellen der Neuerungen in Šuchovs Werk“ der Frage nach, wie Šuchovs Genialität sich entwickeln konnte [ŠČERBO 1990]. Hinsichtlich der hyperboloiden Bauform schreibt er, dass es einen Hinweis für einen Schritt seines Gedankenganges gebe. Dieser ist, „dass ein geflochtenes, umgestürztes und belastetes Körbchen ihm zur Idee des hyperbolischen Turms verhalf“ [ŠČERBO 1990, S. 26]. Ščerbo weist daraufhin, dass bei der Planung des oberen Glockenturmteils der für die Peter- und Pauls-Kirche (Höhe 56,4 m) in St. Petersburg der russische Ingenieur D.I. Žuravskij (um 1850) eine ähnliche Konstruktionsaufgabe löste. Er schreibt, dass bei einer Lösungsvariante von Žuravskij übereinander angeordnete Ringpaare nur durch Kreuzstreben verbunden waren, welche bei jeder Stufe in die Fläche eines Hyperboloids eingeschrieben waren. Vertikale Stäbe längs des achteckigen Turmes fehlten. Šuchov konstruierte aber erstmals das hyperbolische Gittersystem.

Konstruktion

Die Gittertürme in Hyperboloidform wurden mit schräg gestellten geraden Stäben zweier sich kreuzender Geradenscharen aus Winkel-, Rohr- oder Doppel-U-Profilen konstruiert, welche immer im gleichen Abstand um einen Kreis gestellt wurden. Sie übernehmen die tragende Funktion von Druckstreben. Das entstandene Gitter bildete die Fläche des Hyperboloids mit gleicher oder ähnlicher Maschengröße. Die Netzfläche leistete dem Innendruck auf die Behälterwände Widerstand.

Damit die Außenflächen der Stahlprofile flächig miteinander verbunden sind, wurden die Stahlprofile über ihre gesamte Länge leicht verwunden. Dies geschah schrittweise während der Montage und war durch die große Schlankheit der Profile möglich. Die Verwindung der Profile erzeugte ebenfalls eine weitere Aussteifung der Türme.

An den Kreuzungspunkten der Profile wurden diese miteinander vernietet. Die Profile wurden unten im Fundament und am oberen Turmrand an einem Ring aus Winkelprofilen befestigt. Der obere Ring wurde biegsteif ausgeführt, um Windlasten besser zu widerstehen. Hauptsächlich waren die Verbindungen genietete Blechverbindungen. Der unterste Ring wurde über Schrauben im Fundament verankert. Zur Konstruktionsbeschreibung – siehe Abb. 3.41 bis 3.45. 

Über die gesamte Turmhöhe wurden zusätzlich Ringe verteilt, die mit den geraden Profilen vernietet, diesen zusätzlich immer wieder Halterungspunkte gaben, die geraden Profile untereinander verbanden und der Aussteifung des Gitters dienten. Es gab einen Montageplan, in dem die genaue Lage der Ringe, Kreuzungsstellen und Stoßverbindungen festgelegt wurde (Abb. 3.46). Die Ringe wurden vorzugsweise zwischen den Kreuzungsstellen der Geradenscharen angeordnet. Dadurch wurden immer nur zwei Elemente in einem Knotenpunkt verbunden, was eine einfachere sowie bessere Herstellung und eine Verringerung der Lastkonzentration ermöglichte. Auf ihren kurzen Strecken zwischen den Verbindungsstellen sind die Ringe auf Biegung beanspruchbar und bilden mit den geraden Stahlprofilen Dreiecke, die das Gitter verformungssteif machen.

Šuchov soll bei seinen Hyperboloidtürmen in allen Punkten der Konstruktion möglichst gleiche Spannungen berechnet haben.

Šuchov schreibt in seiner Patentschrift „Beschreibung eines gitterförmigen Turmes“ von 1896: „Der auf diese Weise gebaute Turm stellt eine stabile Konstruktion dar, die bei geringem Materialaufwand äußeren Kräften widersteht. … Netzflächen, gebildet aus sich kreuzenden Spiralen, um dem Innendruck auf die Behälterwände Widerstand zu leisten.“ [ŠUCHOV, V. G./ PERTSCHI [Übers.] 1990c, S. 177].Die Turmkonstruktion Šuchovs war leicht und steif, weshalb solche auch als Maste im Schiffbau, insbesondere für amerikanische und russische Kriegsschiffe eingesetzt wurden.Die konstruktiven und herstellungstechnischen Vorteile der räumlich gekrümmten Flächentragwerke bewährten sich auch hier bei seinen Hyperboloid-Gittertürmen, wobei einige seiner Türme ziemlich aufgelöste Flächenstrukturen besaßen. Die Vorteile im Einzelnen: 

  1. Die dünne, materialeinsparende und dennoch stabile, sattelähnliche Form.
  2. Die einfachen geraden Elemente, aus denen die gekrümmten Flächen hergestellt werden konnten.
  3. Die leichte Anpassungsfähigkeit der Regelflächen an sich ändernde Randbedingungen. Formänderungen waren möglich beispielsweise durch die Änderung der Stabneigungen oder die Änderung der oberen und unteren Ringdurchmesser.

Der erste der Öffentlichkeit präsentierte hyperboloide Gitter-Wasserturm auf der 16. „Allrussischen Ausstellung“  in Nižnij Nowgorod im Jahr 1896 erregte in ganz Russland wie auch im Ausland Aufsehen. Fachzeitungen wie die „Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure“ und die „Le Génie Civil“ berichteten von Šuchovs Konstruktionen anerkennend. 

Da durch die Industrialisierung eine Menge Wassertürme gebraucht wurden, Šuchovs Hyperboloidtürme im Vergleich zu den herkömmlichen, massiven und steinernen Turmkonstruktionen sehr kostengünstig sowie in seiner Herstellung einfach und in kurzer Bauzeit realisierbar und dennoch stabil waren, waren seine Wassertürme nach dieser Ausstellung sehr gefragt. Für die große Nachfrage typisierte Šuchov die Türme und standardisierte Bauteile wie Fundamente, Behälter und Treppenaufgänge. Zudem legte er die Unterteilung des Turmschafts durch Ringe und Anschlüsse fest. Šuchov berechnete die Profile, die Stablängen der Gittermaschen und die Anzahl der Winkeleisen für die Stäbe in Abhängigkeit vom Fassungsvermögen des Behälters und der Turmhöhe. Irina A. Petropavlovskaja berichtet in ihrem Artikel "Hyperbolische Gittertürme“ von Planungstabellen für Šuchovsche Wassertürme [PETROPAVLOVSKAJA 1990a]. Dennoch zeigen seine Türme unterschiedlichste Varianten von Hyperboloiden. Jede Form ist für ihre Beanspruchungsbedingungen ausgelegt. 

Bei einigen Varianten hatte der einstöckige Turm (ein Hyperboloidkörper) eine ausgeprägte Einschnürung oder sah aus wie ein oben abgeschnittenes Hyperboloid (Abb. 3.47). Solche abgeschnittenen Turmhyperboloide hatten eine große Höhe kombiniert mit großen Behältervolumina. Zur Schaffung einer größeren Stabilität wurden die Hyperboloide bei einer bestimmten Höhe abgeschnitten. Bei höheren Türmen entwarf Šuchov eine weitere neue Turmform. Sie war durch die Einführung mehrerer Stockwerke gekennzeichnet. Nicht mehr nur einstöckige Hyperboloidtürme, sondern auch mehrstöckige Hyperboloidtürme aus übereinander gestellten Hyperboloiden waren nun möglich. Das erste Beispiel dieser „Kreation“ war der 1911 gebaute Wasserturm in Jaroslavl’, Russland. Bei einer Schafthöhe von 39,5 m trug er sogar zwei Behälter.

Šuchovs Leuchttürme aus den Jahren 1908 und 1911 wurden aufgrund ihrer erforderlichen Abmessungen und Beanspruchungen im Meer durch ein Eisenrohr im Turminneren, welches gleichzeitig dem geschützten Aufstieg diente, stabilisiert. Auf die Ebenen der Turmringe wurde das Turmgitter alle 10 m durch radiale Zugbänder mit dem Eisenrohr verbunden (Abb. 3.22).

1910 gab es bereits 45 Wassertürme. 13 von ihnen hatten ein Fassungsvermögen von 370’000 bis 740’000 Liter. 

Šuchovs Turmbauweise wurde die erfolgreichste Konstruktion unter seinen Gitterkonstruktionen. In Städten setzten seine Türme oft städtebauliche Akzente und bildeten architektonisch auffallende Orientierungspunkte.

Während des Ersten Weltkrieges wurde der Bau der Wassertürme fast völlig eingestellt. Nach Kriegsende wurde der Bau dann von der Sowjetmacht wieder aufgenommen. In der Zeit von 1924 bis 1929 sollen mehr als 40 Wassertürme gebaut worden sein. 

1930 wurde von Šuchov ein Typenplan für Standard-Wassertürme nach Šuchov-System zugelassen.

Die allgemein ansteigende Zahl von Wassertürmen hatte zur Folge, dass 1949 ein Atlas der Wasserturmstandorte herausgegeben wurde. In diesem wurden auch die Šuchov-Türme erfasst.

Heute

Gappoev und Graefe schätzen, dass es von den ca. 200 gebauten Hyperboloidtürmen noch etwa 12 Türme gibt [GAPPOEV/ GRAEFE 2008]. Einige Türme werden noch instand gehalten. Hierzu zählt ein Wasserturm in Nikolina Gora bei Moskau, Russland. Er soll noch immer in Betrieb sein. Die Leuchttürme Adžiogol (Baujahr 1908) und Stanislavskij (Baujahr 1911) bei Cherson, Ukraine, sollen ebenfalls noch erhalten sein.

Quellen: GAPPOEV/ GRAEFE 2008, GRAEFE/ PERTSCHI 1990, PETROPAVLOVSKAJA 1990, TOMLOW 1990.

„Allrussische Ausstellung“ in Nižnij Nowgorod, Russland, 1896

1896 stand die 16. Warenmesse „Allrussische Ausstellung“ in Nižnij Nowgorod an, auf welcher die Firma Bari sich und ihre Produkte gewinnbringend präsentieren wollte. Aber neben der Ausstellung ihrer Technik für die Erdölindustrie hatte die Firma Bari den Auftrag acht Ausstellungshallen (Abb. 3.30, 3.37, 3.48-3.52), einen Wasserturm (Abb. 3.41-3.43) und sämtliche Brücken des Ausstellungsgeländes zu planen und zu bauen. Für die Ausstellungshallen entwarf Šuchov neue Dachkonstruktionen aus Hängedächern und Gitterschalen , welche auf der Ausstellung erstmals der breiteren Öffentlichkeit gezeigt wurden. Der Wasserturm hatte die Form eines Hyperboloids. Die Hängedächer wie auch der Wasserturm zeigten völlig neue Bauformen, deren Architektur an ein elegantes und einfaches Tragwerk aus immer gleichen Konstruktionselementen geknüpft war. Das Tragwerk war hier gleichzeitig Gestaltungselement. Von einer Präsentationsmöglichkeit für die Firma Bari avancierte die Ausstellung zu einem Versuchsfeld Šuchovs für neue Konstruktionsideen. Graefe vermutet, dass der Architekt sämtlicher Hallen V. Kossov war, der die Konstruktion seiner Zeit voraus nicht hinter Zierrat verbergen wollte [GRAEFE 1990]. 

Die zuständigen Behörden hatten zunächst Zweifel an der Stabilität der Dachkonstruktionen. Deren Einwände wurden jedoch während des schneereichen Winters von 1895/ 1896 ausgeräumt, da die Dächer der damalig überdurchschnittlichen Schneelast standhielten. Die Gitterkonstruktionen waren eine Sensation und fanden internationale Bewunderung (Abb. 3.53).

Graefe und Pertschi loben unter anderem den „sicheren Umgang mit den neuen, ungewohnten Bauformen und die Fähigkeit, auch bei Verwendung gleicher Bauteile abwechslungsreiche Raumfolgen und Durchblicke zu schaffen“ [GRAEFE/ PERTSCHI 1990, S. 13]. Die meisten der Ausstellungshallen und der Wasserturm wurden verkauft. Nach dieser Ausstellung hatte die Firma Bari über mehrere Jahre Aufträge für Fabrik- und Eisenbahnhallen, Wasser- und Leuchttürme sowie Dächer repräsentativer Bauten.

Šuchov-Bari-Produkte auf der 16. Warenmesse „Allrussische Ausstellung“ Nižnij Nowgorod:

  1. Der Šuchovsche Rohrkessel (Abb. 4.06).
  2.  Vier Ausstellungshallen mit tonnenförmigen Gitterschalen. Zwei davon erhielten Holztonnendächer. Die große Maschinenhalle wurde mit einer Bogenbinder-Gitterschale ausgestattet (Abb. 3.37). 
  3. Vier Ausstellungshallen mit Hängedächern (Abb. 3.30 und 3.48-3.52).
  4. Ein hyperboloider Gitterstruktur-Wasserturm (Abb. 3.41-3.43).

Quellen: GRAEFE 1990, GRAEFE/ PERTSCHI 1990.

Kiewer Bahnhof in Moskau, Russland

Šuchov wendete beim Errichten der Bahnhofshalle (Abb. 3.24) ein bekanntes rationelles Montageverfahren an. Die Binderhälften wurden mit zwei mobilen Holztürmen, welche von Binderachse zu Binderachse fuhren, hochgezogen und aufgerichtet zusammengefügt. 

Abmaße der Bahnhofshalle: 
Spannweite: 48,0 m 
Höhe: 30,0 m 
Länge: 230,0 m

Quelle: BELENJA/ PUTJATO 1990.

Šabolovka-Radioturm, Moskau, Russland, 1919-1922

Unter der Übergangsregierung der Sowjets wurde Šuchov mit der Planung und dem Bau eines Sendeturms der Komintern-Radiostation Šabolovka in Moskau, Russland, beauftragt. Bereits im Februar 1919 legte er den Entwurf für einen 350,0 m hohen hyperbolischen Funkturm vor. Dieser war eine Weiterentwicklung der bis dahin von Šuchov überwiegend aus einem einzigen Hyperboloid gebauten Hyperboloid-Gittertürme. Eine Addition aus neun übereinander gestellten Hyperboloiden führte zu einer kegelähnlichen Gesamtform (Abb. 3.54). Es wurde ein wirtschaftlicher und zweckmäßiger Prestigebau. Noch heute wird dieser Entwurf als „eine der spektakulärsten Visionen der Ingenieurbaukunst, die wegweisend für den Leichtbau wurde“ [GÜNTHER 2002, S. 72], angesehen. Wie Tatlins Entwurf vom 400,0 m hohen Turm als Monument für die III. Internationale – eine Architektur-Utopie – sollte Šuchovs Entwurf als Zeichen des technischen und politischen Fortschritts den Pariser Eiffelturm übertreffen.
Bei einer Höhe von 350,0 m wies Šuchovs Turm ein Gewicht von ca. 2’200 t auf. Der Eiffelturm aus dem Jahr 1889 brachte es auf eine Höhe von 305,0 m bei einem Gesamtgewicht von ca. 8’850 t. Die Daten sprechen für die Konstruktion des Šabolovka-Radioturms von Šuchov. Ein Vergleich der beiden Türme ist allerdings ausschließlich hinsichtlich der Abmaße und des Materials möglich, denn im Übrigen vertraten die Türme völlig verschiedene Stilrichtungen.

Nach Šuchovs Berechnungen hätten drei solcher Türme genügt, um die gesamte Sowjetrepublik mit Komintern-Radio zu versorgen. Aufgrund des Stahlmangels wurde damals jedoch von Lenin verfügt, dass eine auf 150,0 m Höhe verkleinerte Version zu bauen sei. In Šuchovs Arbeitsbuch finden sich Berechnungen für einen nun sechsteiligen Hyperboloidturm, datiert mit dem 28.02.1919. 

Insgesamt wurden 240,0 t Stahl benötigt, die aus Armeebeständen genommen wurden. Im Spätherbst 1919 begannen die Bauarbeiten. 1922, pünktlich zur Gründung der Sowjetunion, wurde der Sendeturm in Betrieb genommen.

Die Erscheinung des Radioturmes wurde wie bei seinen bisherigen Projekten von konstruktiven und statischen Anforderungen geprägt. Entsprechend der Beanspruchung wurden nach oben hin die Radien der Hyperboloid-Segmente kleiner und der Turm schlanker, wodurch er in seiner Gesamtform eher kegelförmig aussah. Die Zahl der Profilstäbe sowie der Profilquerschnitt wurden auch von Segment zu Segment nach oben hin kleiner.

Hyperboloid-Segment

Abb. 3.55 zeigt den vermutlich einzigen Ausführungsplan des Bauwerks. Er enthält alle zum Bau erforderlichen Informationen: Höhenangaben, Ringdurchmesser, Stabanzahl und die Anzahl der Knotenpunkte im Gitter. In „Rettungsaktionen für Šuchov-Bauten in der Region Nižnij Novgorod“ weisen die Autoren darauf hin, dass Abweichungen zwischen Zeichnung und ausgeführtem Turm bestehen. Gappoev und Graefe führen dies auf Šuchovs „ständiges Bemühen um konstruktive Optimierung und gestalterische Schlüssigkeit“ zurück. [GAPPOEV/ GRAEFE 2008]

Ein Hyperboloid-Segment konstruierte Šuchov mit schräg gestellten, geraden Stäben zweier sich kreuzender Geradenscharen aus jeweils zwei U-Profilen ([ 140/70 mm), die im immer gleichen Abstand um einen Kreis gestellt wurden. Das entstandene Gitter bildete die Fläche des Hyperboloids mit gleicher Maschengröße oder ähnlicher Größe. Die zwei U-Profile eines Gitterstabes wurden über Abstandshalter aus Rohrstücken, durch die ein Nietbolzen verlief, verbunden. Das Detail oben links auf der Abbildung 3.55 neben der Turmzeichnung zeigt diesen Anschluss. An den Kreuzungspunkten sind die sich kreuzenden Profile mit vier Nieten verbunden. 
Die U-Profile stützten sich unten im Fundament und am oberen Turmrand auf einem Ring ab. Das Detail unten links neben der Turmzeichnung zeigt den untersten Stützring, den zwei gleichschenklige Winkeleisen (100 x 6 (Schenkellänge x Materialstärke)) bildeten, welche über Bolzen im Fundament verankert wurden (Detail unter der Turmzeichnung). Wie schon bei den einfachen Hyperboloidtürmen wurden über dem Turmquerschnitt zahlreiche horizontale Ringe (Zwischenringe) gleichmäßig verteilt. Sie wurden mit den U-Profilen verbunden und bildeten so steife Dreiecksgitter aus (Detail oben links neben der Turmzeichnung). Diese Ringe wurden vorzugsweise zwischen den Kreuzungsstellen der beiden Geradenscharen (U-Profile) angeordnet. Für die Wassertürme Šuchovs gab es einen Montageplan, in dem die genaue Lage der Stütz- und Zwischenringe, Kreuzungsstellen und Stoßverbindungen festgelegt wurde (Abb. 3.46). Sicher gab es solch einen Montageplan neben dem in Abbildung 3.55 dargestellten Ausführungsplan auch für den Šabolovka-Radioturm.
Für die Hyperboloid-Segment-abschließenden Ringe/ Stützringe wurden zwei gleichschenklige Winkeleisen (100 x 10 (Schenkellänge x Materialstärke)) gewählt (rechts oben in Abb. 3.55). Sie wurden durch ein leichtes Gitter, fachwerkähnlich, in einem 30,0 cm breiten Abstand gehalten und lagen horizontal zueinander. Zwischen den Winkeln dieser Stützringe wurden die Gitterstäbe der verschiedenen Richtungen durch Bleche verbunden. An den Verbindungsstellen der einzelnen Turmsegmente ergab sich leider ein Versatz der Fachwerkringe (Stützringe), was zu einer Momenten- und Torsionsbeanspruchung im Fachwerkring führte. 

An die über die Höhe gleichmäßig verteilten Zwischenringe wurden die geraden Scharprofile (U-Profile) einer Richtung direkt genietet (Detail unten rechts der Turmzeichnung, Abb. 3.55). Die entgegengesetzten Profile, die die Ringe nicht direkt berührten, wurden über Winkelprofile an den Ringen befestigt. Auf ihren kurzen Strecken zwischen den Verbindungsstellen waren die Zwischenringe auf Biegung beanspruchbar und bildeten mit den geraden Profilen Dreiecke, die das Gitter verformungssteif machten.

Der Turm entstand in einer Zeit großer Not (1921 große Hungerskatastrophe in Russland) und sein Bau blieb damals nicht ohne Kritik (Abb. 3.58). Dennoch wurde der Radioturm von der Moskauer Bevölkerung begeistert angenommen. Er symbolisierte den Fortschrittsglauben, der damals neu gegründeten Sowjetunion und hat noch immer eine faszinierende Wirkung auf seine Betrachter (Abb. 3.59, 3.60 und 3.61).

Heute

Viele Jahre war der Radioturm das höchste Bauwerk der UDSSR und soll heute - wenn auch keine Attraktion im Moskauer Stadtbild mehr - immer noch das Emblem des russischen Rundfunks sein. 

Als 1947 weitere Antennen angebracht werden sollten, wurden 200 Verbindungsstellen überprüft. Die Korrosion soll an den Verbindungsstellen 5% der Metalldicke betragen haben. In der zweiten, dritten und vierten Turmstufe sollten damals 17 zusätzliche Ringe, vom Querschnitt Winkeleisen (100 x 10), zur Verstärkung angebracht werden.
1970 gab es Planungen für die Anbringung einer weiteren Antenne und der Installation eines Aufzugs in das Bauwerk. Geprüft wurde der Erhaltungszustand des Turms erneut. Diesmal wurde die Korrosion der Stäbe mit 10% berechnet.
Drei Jahre später gab es erneute Berechnungen zur Verstärkung des Bauwerks. Wo sich die Schwachstellen befanden, wurde nach Aussagen von Irina A. Petropavlovskaja damals nicht berichtet [PETROPAVLOVSKAJA 1990b]. Verstärkungsringe wurden daraufhin allerdings im dritten und fünften Abschnitt angebracht.  
Später wurde der untere Turmteil einbetoniert. Dadurch änderten sich Konstruktions- und Berechnungsschema des Hyperboloids. Die Profile der erzeugenden Schargeraden erfahren seitdem durch die lokale Einspannwirkung am Fußpunkt größere Beanspruchungen. Die Folge daraus - das Baudenkmal ist nun in seiner Substanz gefährdet.

Schon in den 1990er Jahren bemängelte Šuchovs Enkel Fedor V. Šuchov die Veränderungen an der Konstruktion und forderte den Turm in den Originalzustand wieder zu versetzen. Heute sollen Turm und seine Umgebung in einem ungepflegten Zustand sein. Zu einer erneuten aktuellen Bestandsaufnahme zur Erfassung seiner alters- und nutzungsbedingten Schäden wird in „Rettungsaktionen für Šuchov-Bauten in der Region Nižnij Novgorod“ durch Murat Gappoev und Rainer Graefe angeraten und eine Wiederherstellung der ursprünglichen Konstruktion von 1922 gefordert [GAPPOEV/ GRAEFE 2008]. 

Quellen: GAPPOEV/ GRAEFE 2008, GRAEFE/ PERTSCHI 1990, GÜNTHER 2002, PETROPAVLOVSKAJA 1990b, TOMLOW 1990.

Teleskop-Montageverfahren

Der Šabolovka-Radioturm wurde mit dem Teleskop-Montageverfahren errichtet. Jedes einzelne Turmsegment wurde an Ort und Stelle zusammengebaut. Nachdem das erste Turmsegment am Fundament verankert war, wurden auf dem oberen Ring des ersten Segmentes (Stützring) fünf A-förmige, mit Flaschenzügen ausgestattete Holzkräne angebracht. Die Abbildungen 3.62 und 3.63 zeigen diese beispielhaft beim Bau der NiGRES-Stromleitungsmaste. Anfangs wurde die Anzahl von fünf Kränen angezweifelt, doch Šuchov konnte sie als ausreichend rechnerisch nachweisen. Die letztendliche Bestätigung des Funktionierens der Montage mittels fünf Kränen wurde durch die Umsetzung erhalten.

Das darauf folgende Turmsegment wurde am Boden im Turminneren des ersten Segmentes inklusive Holzkräne montiert. Aus dieser Position wurde es anschließend auf das erste Hyperboloid-Turmsegment gehoben. Nach und nach konnten so die einzelnen Turmabschnitte erzeugt und in ihre vorgesehene Position gebracht werden.

Eine Schwierigkeit der Montage ergab sich aus den Durchmessern der Stützringe der einzelnen Segmente. Um einen weiteren Abschnitt auf einen bereits stehenden Segments zu bringen, musste der unterste Ringdurchmesser des neuen Segments durch Zugbänder reduziert werden, dass er auch durch den obersten Stützring des bestehenden Turmsegments passte. Wenn das Turmsegment vollständig gehoben war, wurden die Zugbänder gelöst und die beiden Ringe des oberen und unteren Segments verbunden, wobei die Verbindungsstellen besonderer Aufmerksamkeit bedurften (Detail oben rechts der Turmzeichnung auf Abb. 3.55). 

Quelle: PETROPAVLOVSKAJA 1990b.

NiGRES-Stromleitungsmaste, 1927

Im Rahmen des Staatsplanes für die Elektrifizierung Russlands wurden 1927 nach Šuchovs Plänen in der gleichen Bauweise wie der Moskauer Šabolovka-Radioturm mehrstöckige hyperboloide Stromleitungsmaste für zwei parallele Fernleitungen im Gebiet um Nižnij Nowgorod, Russland, zur Versorgung des desselben mit Strom, gebaut. Insgesamt waren dafür von Šuchov vier paarweise aufgestellte, dreistöckige Stromleitungsmaste von etwa 60,0 m Höhe und zwei 128,0 m hohe, fünfstöckige Türme geplant. Letztere erhielten ihren Standort am Flussufer der Oka und fielen zur Überbrückung derer besonders hoch aus (Abb. 1.02/ 3.26, 3.64 und 3.66). 

Die Gesamtkonstruktion eines solchen Turmes sah eher kegelähnlich aus. Errichtet wurden sie in dem bewährten Teleskop-Montageverfahren. 

Die Konstruktion des 1919 bis 1922 gebauten Radioturmes in Moskau wurde für die NiGRES-Stromleitungsmaste weiterentwickelt und konstruktiv sowie gestalterisch verbessert. Änderungen hinsichtlich des Lastabtrags waren beispielsweise die Vermeidung des Versatzes an den Verbindungsstellen der einzelnen Turmsegmente.

Im Vergleich zu allen anderen hyperbolischen Turmbauten bilden diese Stromleitungsmaste den Höhepunkt in der Entwicklung dieses Turmkonstruktionstypus und übertreffen den Šabolovka-Radioturm in der Ausarbeitung der Details, der Leichtigkeit und der Feingliedrigkeit. Neben Beanspruchungen aus Eigen-, Wind-, Schwingungs- und Vereisungslasten haben diese Türme gegenüber dem Radioturm zusätzlich die Lasten der Stromkabel zu tragen.

Nach Gappoev und Graefe ist die Analyse der damaligen Planung und Ausführung der Konstruktion einschließlich der Details der NiGRES-Türme noch nicht abgeschlossen [GAPPOEV/ GRAEFE 2008].

Heute

Bis 1990 waren die Stromleitungsmaste noch im Betrieb und nicht als technisches Denkmal betrachtet worden. 

Heute sind fünf der sechs ursprünglichen Stromleitungsmaste zerstört. Nur einer der beiden fünfstöckigen, 128,0 m hohen Türme ist momentan noch erhalten, allerdings durch Abbruchversuche sehr beschädigt. Aus dem untersten Segment wurden von 40 Stäben 16 herausgeschnitten. 

Zur Rettung dieses Höhepunktes von Šuchovs Turmkonstruktionen arbeiten nach Aussagen von Gappoev und Graefe – wie bei der Werkhalle in Vyksa, Russland – international Fachleute zusammen [GAPPOEV/ GRAEFE 2008]. Sie kommen von der Moskauer Staatlichen Universität für Bauwesen (das ehemalige Moskauer Polytechnikum), der Universität für Architektur und Bauwesen Nižnij Nowgorod und der Landesregierung der Region Nižnij Nowgorod (alle Russland), der Universität Innsbruck (Österreich), der Technischen Universitäten Wien, Karlsruhe und München (Österreich und Deutschland), der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (Schweiz) und vom Kulturforum der österreichischen Botschaft in Moskau. Ziel ist eine denkmalgerechte Sanierung dieses letzten Turmes sowie eine Nutzungsplanung der näheren Turmumgebung, einschließlich der Sicherung der gefährdeten Uferzone an der Oka. Durch frühere Ufererweiterungen wurde der verbliebene NiGRES-Turm bisher gefährdet. Aktuell sollen die Reparaturmaßnahmen am Turm beauftragt worden sein.

Quellen: GAPPOEV/ GRAEFE 2008, GÜNTHER 2002, PETROPAVLOVSKAJA 1990b.