Individuelles und kollektives implizites Wissen von Pflegelehrkräften sichtbar machen

DFG-Forschungsteam HabTrans präsentierte aktuelle Forschungsergebnisse beim 29. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE), der größten erziehungswissenschaftlichen Fachtagung im deutschsprachigen Raum.

Das seit 2020 geltende Pflegeberufereformgesetz stellt Lehrkräfte an Pflegeschulen vor enorme Herausforderungen, wenn es darum geht, die Pflegeausbildung neu zu gestalten. Die Reform erfordert ein Um- und Neudenken für alle in dem Feld tätigen Personen. Ein neues berufliches Pflege- und Lehrverständnis bedeutet beispielsweise, dass altbewährtes Handeln nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Es müssen neue Ansätze erarbeitet, erprobt und umgesetzt werden. In Zeiten von Fachkräftemangel sowie erhöhter Ökonomisierung in der Pflege und Pflegebildung stellt dies eine Gradwanderung zwischen krisenhafter Überforderung und der Chance für einen notwendigen Professionalisierungsschritt dar.  

Aktuelle Forschungsergebnisse über implizites Wissen (als "ein Erfahrungswissen") von Pflegelehrkräften zeigen, dass insbesondere das pädagogische Team eine wichtige Rolle in der Umsetzung von Reformen spielt. Das kollektive Wissen und der gemeinsame Erarbeitungs- und Reflektionsprozess im Team können dazu führen, das Veränderungen gelingen. Genauso können Teamdynamiken und erschwerte Rahmenbedingungen auch blockierend konservieren und damit Professionalitätsschritten und Neuerungen im Weg stehen.

Auf dem DGfE-Kongress wurden aktuelle Studienergebnisse des DFG-Projektes HabTrans vorgestellt. Das interessante Zwischenfazit lautet: Es gibt noch keinen stabilen, angestammten Kern der Professionalität von Pflegelehrkräften. Ein sogenannter „professioneller Habitus von Pflegelehrkräften“ existiert (noch) nicht. Stattdessen werden noch unsichere, fragile Praktiken der Lehrkräfte in den Blick genommen. Es ist das implizite Wissen, was schwer erfassbar ist und welches eine so wichtige Rolle in einem transformativen Professionalisierungsprozess spielt.

Damit jedoch sowohl individuelles, wie kollektives implizites Wissen von Pflegelehrkräften im Prozess sichtbar werden kann, hat das Projektteam eine Modifikation und Weiterentwicklung bestehender Theorieperspektiven entwickelt und auf der Tagung als „praxeologisch-wissenssoziologische Rahmentheorie“ präsentiert.

Das gemeinsame, dreijährige DFG-Projekt „Zur Transformation des professionellen Habitus von Pflegelehrer:innen“ findet unter der Leitung von Prof. Dr. Heidrun Herzberg an der BTU in Kooperation mit der TU Dresden unter Leitung von Prof. Dr. Anja Walter statt. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen des Forschungsteams Ann-Sophie Otte (BTU) und Andreas Dürrschmidt (TU Dresden) haben bisher 25 Expert*inneninterviews mit Pflegelehrkräften und Schulleitungen, 14 Unterrichtsbeobachtungen und 12 Gruppendiskussionen mit pädagogischen Teams an sechs Pflegeschulen in zwei Erhebungsphasen in Thüringen und Niedersachsen durchgeführt. Das Forschungsdesign ist triangulativ qualitativ, was bedeutet, dass die unterschiedlichen Erhebungsformen miteinander kombiniert und verschränkt werden.

Der DGfE-Kongress fand vom 10. - 13. März 2024 in Halle (Saale) statt.

Kontakt

Prof. Dr. Heidrun Herzberg
Bildungswissenschaften und Berufspädagogik in Gesundheitsberufen
T +49 (0) 3573 85-708
heidrun.herzberg(at)b-tu.de

Ann-Sophie Otte
Bildungswissenschaften und Berufspädagogik in Gesundheitsberufen
T +49 (0) 3573 85-724
Ann-Sophie.Otte(at)b-tu.de
v.r.n.l. Ann-Sophie Otte, Prof. Dr. Heidrun Herzberg, Prof. Dr. Anja Walter, Andreas Dürrschmidt