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Radwanderung durch die Spreeaue

16.05.2017

Der massive Eingriff in die Natur durch den Tagebau hat erhebliche Umweltauswirkungen. Er bietet aber auch Chancen, dass danach etwas Großartiges entsteht. Eine Naturführung durch die renaturierte Dissener Spreeaue hat uns wieder einmal davon überzeugt. Herr Haufe, ein passionierter Kenner der Auenlandschaft, führte uns durch die im Laufe der Renaturierung neu entstandene Flusslandschaft.

Im Jahr 2008 verschwanden trotz erheblichen Widerstandes der Bevölkerung die Ortschaft Lakoma und die dazugehörige Teichlandschaft. Der Tagebaubetreiber „Vattenfall“ erhielt die Auflage, den Reichtum an Flora und Fauna dieses Biotops zu bewahren und nördlich von Cottbus in die bis dahin für den Naturschutz wenig attraktive Spreeaue zu integrieren.

In der Vergangenheit wurden in Mitteleuropa viele Flüsse verändert. Auch die Spree wurde in ihrem Verlauf begradigt, um Land zu gewinnen und die landwirtschaftliche Nutzung zu optimieren. Die Flussaue hatte ihre natürliche Struktur mit ihren feuchten Wiesen, Buchten, Sand- und Kiesbänken und damit auch den Lebensbereich vieler Pflanzen und Tiere verloren. Bereits im Jahre 2000 wurde in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie die Wiederherstellung naturnaher Flusslandschaften in ganz Europa bis 2015 (verlängerbar bis 2027) gefordert. Die renaturierte Spreeaue wird dieser europäischen Zielstellung bereits gerecht. Wir erlebten die Spreeaue als eine von der Natur geschaffene Flusslandschaft. Doch wie intensiv der Mensch die Natur verändert hat, erfuhren wir während unserer Radwanderung.

Um die Struktur der Spree zu verbessern, wurden viele künstliche Inseln geschaffen. Sie erzeugen durch die Kraft des Wassers ungleichmäßige Strömungen und Wirbel, die das Wasser mit unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten in mehrere Bereiche lenken. So entwickeln sich neue natürliche Räume, wie Sandbänke, Buchten, Stellen mit feinem und grobem Sand sowie Strudellöcher, die gröbere Steine hervorbringen, wo Kiesleicher ihre Eier ablegen können. Drossel- und Teichrohrsänger leben auch wieder im Schilf. Sie „tröteten“ im Hintergrund.

Am Flussufer haben sich Biber eine Biberburg gebaut. Für den Ein- und Ausstieg dient ihnen eine „Biberrutsche“ Aus dem Fluss kommend bringen sie zerlegte Zweige in ihre Burg, von deren Rinde sie sich im Winter ernähren. Trotzdem der Biber zu den geschützten Tieren zählt, ist er nicht sehr beliebt, da er inzwischen etliche Bäume zu Fall gebracht hat.

Das Ufer der Spree hat durch Vorlandabsenkungen „ökologische Nischen“ für seltene Tier- und Pflanzenarten erhalten. Unterschiedliche Geländehöhen sorgen je nach Wasserstand der Spree für feuchte und weniger feuchte Stellen, so dass jedes Tier oder jede Pflanze seinen Lebensraum findet. Durch ein künstlich angelegtes Flussknie, ein Mäander, erhielt die Spree wieder ihre ursprüngliche natürliche Biegung zurück. Prall- und Gleithänge sorgen für unruhige und sanfte Strömungen. Auch in den Fluss gesetzte große Steine (Rausche) oder entgegen der Flussrichtung eingelagerte Laubbäume verursachen Veränderungen der Flussgeschwindigkeit und schaffen für viele Lebewesen Leich- oder Überwinterungsmöglichkeiten.

Es haben sich nachweislich wieder Wanderfische angesiedelt, weil sie jetzt Geröll und Kies als Laichunterlage im flachen Uferbereichen finden. So können Barben wieder flussauf- und flussabwärts „wandern“, da die früheren Unterwasserstaustufen, die Sohlschwellen, durch versetzt angeordnete Sohlgleiter ersetzt wurden. Die angelegten Ruhezonen werden von den Wanderfischen bei ihrem beschwerlichen Aufstieg genutzt. Für Wassersportler wurde in Fließrichtung zum ungehinderten Passieren neben den Fischgleitern eine Kanugasse errichtet, die auch für geübte Kanuten nicht ganz gefahrlos ist.

Die als Ersatz für die Lakomaer Teiche neu entstandenen 8 Teiche dienen erneut der Karpfenzucht und geben den vielen tausend geschützten Rotbauchunken, Lurchen, Fröschen und Kröten, die von den Lakomaer Teichen umgesiedelt wurden, Unterschlupf und Nahrung. Ihr munteres Froschkonzert im Hintergrund lässt vermuten, dass sie ihre Oase gefunden haben.

Auch Füchse, Dachse und Fischotter und viele seltene Wasservogelarten, wie Zwergtaucher, sind hier heimisch geworden. Angepflanzte Weiden, Schwarzerlen und unzählige Gehölze bieten den Tieren Schutz und sorgen für die Ausprägung eines sich entwickelnden Auenwaldes.

Die offenen Weideflächen der Spreeaue werden ganzjährig naturnah bewirtschaftet. Die in ihrem Bestand bedrohten Aueroxen, einige Wildpferde und Wasserbüffel beweiden die Wiesen. Sie passen wunderbar in das Bild dieser natürlichen Auenlandschaft und sind zugleich eine Attraktion. Die Hinterlassenschaften der Pflanzenfresser sorgen für reichlich Nahrung für dort lebende kleine Tiere, die wiederum viele Wiesenbrüter anlocken, darunter seltene Arten wie Uferschnepfen und Kiebitze.

Der Naturschutzausgleich der Lakomaer Teiche bietet nicht nur Flora und Fauna einen wertvollen neuen Ort. Er verschafft den Menschen aus der Stadt Erholung und schöne Naturerlebnisse. Die vielen ausführlichen Informationstafeln über die Entstehungsgeschichte dieses Biotops unterstützen die Umweltbildung im Sinne einer regionalen nachhaltigen Entwicklung.

Eindrucksvoll führte uns Herr Haufe durch die Spreeaue. Seine Naturverbundenheit und sein Wissen über die Vorgänge in diesem Landstrich verschafften uns einen sehr informativen und erholsamen Nachmittag.


Sabine Teutloff

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