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Die wundersame Wirkung der Musik auf den Menschen

15.04.2015.11.2012

Opernsängerin und Dozentin erklärt, wie sich Psyche und Physis
durch Melodie und Rhythmus beeinflussen lassen

Seit 2001 widmet sich das Uni-Kolleg der BTU regelmäßig wissenschaftlichen Themen, die einem außeruniversitären Publikum nahegebracht werden. Jetzt sprach die Gesangsexpertin Prof. Simone Schröder über die vielfältigen Wirkungen von Musik auf den Menschen.

Prof. Simone Schröder

Cottbus. Feierabend. Den CD-Spieler anwerfen, ein schönes Stück von Mozart oder Händel – wahlweise auch die Beatles oder Neil Young – einlegen und sich entspannt im Sessel zurücklehnen. Nach wenigen Minuten legt sich der Stress des Tages, die Gedanken kommen zur Ruhe, Entspannung setzt ein. Nein, das ist keine Einbildung verrückter Musikfans, sondern längst wissenschaftlich belegte Tatsache: Musik beeinflusst unsere Körperfunktionen mess- und nachweisbar. Eine Erkenntnis, die für die Opernsängerin Prof. Simone Schröder keine Überraschung ist. "Ich spüre es an mir selbst, wenn ich übe. Ich singe eine Stunde lang und fühle mich trotz der körperlichen Anstrengung hinterher frisch, erholt und glücklich." Selbst der passive Musikgenuss lässt das Herz schneller oder langsamer schlagen, beeinflusst Puls und Atmung, die Gehirnströme und die Größe der Pupillen. "Das Hören von Musik wird im Gehirn in sehr unterschiedlichen Bereichen verarbeitet, die Signale gelangen dann ins limbische System, das für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist", so die Sängerin.

Ein Zusammenhang, den sich Komponisten seit Jahrhunderten zunutze machen: Bestimmte Tonfolgen, Instrumente und Klangfarben wecken spezifische Emotionen beim Zuhörer, die sich dann dauerhaft im Gehirn mit bestimmten Musikstücken und Ereignissen verbinden. So erklären sich Gänsehautmomente bei großen Arien, bei Hymnen oder populären Filmmusiken. "Ich erinnere mich, als wir in Berlin unter freiem Himmel Beethovens neunte Symphonie gesun gen haben – ein magischer Moment, weil absolut jeder Zuhörer wusste, was kommt und vor Freude erstarrt war." Interessant auch, das frühere Komponisten stets Rhythmen von 60 Hertz bevorzugt haben – was der damaligen durchschnittlichen Herzfrequenz des Menschen entsprach. Heute liegt dieser zivilisationsbedingt bei 72 Schlägen pro Minute, entsprechend können wir bei etwas "schnellerer" Musik entspannen.

Längst wird die heilsame Wirkung von Musik bei der Behandlung von Herz- und Epilepsiepatienten genutzt. "Die Gehirnströme werden beim Hören harmonisiert, das Immunsystem wird gestärkt, die Kreativität gefördert und das Erinnerungszentrum aktiviert", so Simone Fischer. Demenzpatienten profitieren davon – wenn ihnen Worte längst entglitten sind, bleiben ihnen die Melodien ihrer Jugend. "Das Hören ist im Mutterleib der erste Sinn, der sich entwickelt, im Sterben erlischt es als Letztes", so die Musikerin. Den Zuhörern ihres Vortrages wollte sie die positiven Effekte der Musik nahe bringen – sie ließ das Publikum kurzerhand den Kanon "Viva la Musica" anstimmen und freute sich über das Lächeln, das sich anschließend auf vielen Gesichtern zeigte.

In der anschließenden Diskussion kam allerdings auch die negative Wirkung von Musik zur Sprache. "Wenn ich im Wartezimmer meines Arztes sitze und mich ohnehin schon schlecht fühle, macht mich das Gedudel aus dem Radio zusätzlich krank", klagt etwa Joachim Haberland. Er habe sogar schon den Arzt gewechselt, weil er die Dauerbeschallung in dessen Praxis nicht mehr ertragen konnte.



Quelle: Andrea Hilscher, Lausitzer Rundschau, 18.04.2015

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