Gewölbearchitektur im Umfeld der Dientzenhofer im Kontext von angewandter Geometrie und Stereotomie
Die in der Sakralarchitektur Böhmens und Frankens von Mitte des 17. bis Mitte des 18. Jahrhunderts stilprägende Baumeisterfamilie Dientzenhofer spielte in der Entwicklung barocker Raumkonzepte eine entscheidende Rolle und hatte großen Einfluss auf weitere Meister der Baukunst wie Balthasar Neumann. Das geometrische Grundwissen für die Entwürfe im Umkreis der Dientzenhofer kann in zeitgenössischen stereotomischen Architekturtraktaten gefunden werden. Mit neuen Methoden der Bauaufnahme und -analyse können die komplexen Gewölbegeometrien der barocken Baumeister nun erstmals genau erforscht und kritisch interpretiert werden.
Ziel dieses Promotionsvorhabens ist die Untersuchung ausgewählter Gewölbearchitekturen im Umkreis der Baumeisterfamilie Dientzenhofer anhand von Objekt- und Traktatstudien. Um die geometrischen Konzepte, Entwurfs- und Konstruktionsprinzipien der räumlich schwer beschreibbaren Gewölbe zu entschlüsseln, kommt die vielseitige Methode des 3D-Laserscannings zum Einsatz. Die Analyse dieser so erzeugten Punktwolken und ihr Vergleich mit regelhaften Geometrien verspricht über Reverse Geometric Engineering neue Erkenntnisse über Entwurf und Baukonstruktion, die mit bisherigen Messmethoden nicht möglich waren. Im Vergleich mit den stereotomischen Traktaten von Guarino Guarini, Johann Jacob Schübler, sowie weiteren Schriften aus dieser Quellengruppe, wird Aufschluss über die Herkunft des nötigen Fachwissens der Baumeister gewonnen. Die konstruktionsgeschichtliche Bedeutung dieser „postguarinischen“ Gewölbe kann so neu beleuchtet werden.
Bearbeiterin: Rebecca Erika Schmitt