(K)Ein jüdischer Ring – Die Architektenvereinigung Chug im Tel Aviv der 1930er-Jahre als Motor der White City
1932 konstituierte sich in Tel Aviv die Architektenvereinigung Chug in Anlehnung an die Tradition des avantgardistischen Berliner Ring von 1926. Für die folgenden acht Jahre wird diese Vereinigung zum Motor des Wandels Tel Avivs von einer dem Eklektizismus verpflichteten Vorstadt der türkisch und arabisch geprägten Hafenstadt Jaffa hin zu einer modernen und eigenständigen Metropole. Ausdruck dieser Entwicklung sind die Bauten der im Chug vereinten Architekten, die im Stil der avantgardistischen Architekturtendenzen der 1920er-Jahre in Europa und Nordamerika bauten. Heute steht die white city in Tel Aviv als Stätte des Welterbes unter dem Schutz der UNESCO. Umso mehr verwundert es, dass dem Chug als Nukleus dieser modernen Stadt, bisher in der architekturgeschichtlichen Forschung noch keine grundlegende Beachtung zuteilwurde.
Das Forschungsvorhaben soll aus europäischer Perspektive und anhand konkreter Quellen (Zeitschriften, Ausstellungsbroschüren, Reiseberichte, Briefe, Bauakten) die Formen und Folgen der Beobachtung, Aneignung und Transformation europäischer sowie amerikanischer Netzwerkstrukturen auf dem Gebiet der Architektur zu identifizieren und zu analysieren. Konzentriert wird sich dabei auf den Bereich der Architektenausbildung, der Akquisition von Bauaufträgen, der Bereitstellung von Finanzmitteln, der Bautechnik und Baumaterialien. Auf diese Weise soll die Architektenvereinigung Chug einer transfergeschichtlichen Perspektive unterzogen und damit ein Beitrag zur transnationalen Neubewertung der Architekturgeschichte und -produktion im 20. Jahrhundert geleistet werden.
Bearbeiter: Kolja Missal