Der Himmel unter West-Berlin. Die ‚post-sachlichen‘ U-Bahnhöfe des Baudirektors Rainer Gerhard Rümmler

Abgeschlossenes Projekt. Der Architekt und Baudirektor Rainer G. Rümmler (1929–2004) gestaltete in seiner Funktion als Leiter der Unterabteilung Entwurf der Berliner Senatsbauverwaltung zwischen 1964 und 1994 insgesamt 57 der in West-Berlin neu errichteten U-Bahnstationen. 30 Jahre Gestaltungsgeschichte der Berliner U-Bahn werden darin erfahrbar – von der Moderne bis zur Postmoderne. Die Dissertation stellt eine erste Aufarbeitung dieser U-Bahnarchitektur dar und ordnet sie in den ca. 150 Bauten umfassenden werkbiografischen, den lokal stadthistorischen sowie in den Kontext der übergeordneten Stadtplanungs- und Architekturgeschichte der Nachkriegsjahrzehnte ein.
Im Mittelpunkt der werkbiografisch basierten Forschung steht das Motto Rümmlers, einen U-Bahnhof als „unverwechselbaren Ort“ zu gestalten. Es wird darin eine architektonische Interpretation des U-Bahnhofs als Teil des Stadtraums deutlich, der über die Funktion eines Verkehrsraums hinausweist und eine Rolle bei der Bildung von Identifikationsangeboten mit der Stadt bieten soll. Mit dieser Sichtweise und ihrer architekturhistorisch gesehen beinahe plakativen Ästhetisierung von Raum und Ort zeichnet Rümmler den radikalen Wandel raumbezogener Leitbilder in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit.
Die Aufarbeitung des Werks des Baudirektors Rümmler stellt zudem einen Baustein zur Erforschung der Stadt-, Architektur- und Institutionengeschichte West-Berlins dar und macht deutlich, wie stark und mit welchen Inhalten die West-Berliner Senatsbauverwaltung das öffentliche Bild der Stadt geprägt hat. Zentrale öffentliche Bauten nach Entwürfen Rümmlers wie die U-Bahn, aber auch die Raststätte Dreilinden, ortsbildprägende Amtsgebäude, Feuerwachen, Polizeistationen und Schulen werden in der Dissertation zum ersten Mal besprochen.
Nicht zuletzt stellt die Dissertation einen Beitrag zu einer Geschichte der U-Bahnarchitektur in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dar, die noch nicht erschöpfend geschrieben wurde. Obgleich der U-Bahnbau in dieser Zeit eine bedeutende Rolle in der Entwicklung beinahe aller kleinerer und größerer Großstädte der Welt spielte, ist er bislang insbesondere architektonisch kaum erforscht. Rümmlers U-Bahnhöfe sind ein Sinnbild für die Planungs- und Ideengeschichte West-Berlins; sie sind zugleich aber auch für die architektonischen Leitbilder seiner Zeit sowie für die Idee einer individualistischen Gestaltung von U-Bahnhöfen innerhalb eines U-Bahnsystems exemplarisch und können damit Anker und Ausgangspunkt sein für weitere Forschungen zur U-Bahnarchitektur in anderen Städten.

Die Dissertation ist im Februar 2019 unter dem Titel „Der Himmel unter West-Berlin. Die post-sachlichen U-Bahnhöfe des Baudirektors Rainer G. Rümmler“ im Urbanophil Verlag für Stadt- und Architekturwissenschaft erschienen.

Bearbeiterin: Verena Pfeiffer-Kloss