Hintergrund

Die obersten Millimeter der nährstoffarmen Rohböden der Sanddünen, aber auch in der Bergbaufolgelandschaft, werden von sogenannten biologischen Bodenkrusten (Biokrusten) besiedelt. Gebildet werden diese komplexen Lebensgemeinschaften aus einer Vielzahl unterschiedlicher niederer Pflanzen, Cyanobakterien, Grünalgen, Lebermoose, Laubmoose, Pilze, Bakterien und Flechten. Diese Organismen verkleben förmlich die Bodenoberfläche durch ihre Filamente und ausgeschiedene Exopolysaccharide, die eine Verbindung mit den Bodenpartikeln bilden. Biologischen Krusten stellen mit ihren komplexen Interaktionen ein „Ökosystem en miniature“ dar,  fördern die weitere Bodenentwicklung und beeinflussen ökosystemare Prozesse. Somit stellen sie auch ein Modellsystem für die Interaktionen innerhalb von Ökosystemen dar.

Zielsetzung des Projektes

Das Ziel des Projektes ist die Untersuchung der räumlichen und zeitlichen Entwicklung von biologischen Bodenkrusten in Offenlandschaften und deren Bedeutung für den Kohlenstoffhaushalt. Unter unterschiedlichen Klimabedingungen in Brandenburg werden Freilandversuche angelegt, um den Einfluss von Feuchte-/Trockenzyklen auf die physiologischen Aktivitätsphasen unterschiedlicher Organismen und deren Wachstum zu untersuchen.  Die Frage nach den ökologischen Wirkmechanismen der mikroklimatischen Prozesse zwischen der Bodenoberfläche und der Atmosphäre und deren Bedeutung für die Ökophysiologie photoautotropher Bodenorganismen und die räumliche Differenzierung der Biokrusten Entwicklung ist nur unzureichend beschrieben. Dabei ist eine Hochrechnung der physiologischen Aktivitätsphasen im Jahresverlauf eine unabdingbare Voraussetzung für die Berechnung der jährlichen Kohlenstoffflüsse und dem Wachstum der Biokrusten.

Die experimentellen Untersuchungen werden auf dem Hühnerwasser im Tagebau Welzow Süd und an der Forschungsstation Linde durchgeführt.

Wie beeinflusst das Mikroklima die physiologische Aktivität der biologischen Krusten im Jahresverlauf?

Langzeitstudien über die physiologischen Aktivitätsphasen der biologischen Bodenkrusten in Mitteleuropa wurden bisher nur vereinzelt durchgeführt. Deshalb wird in dem dreijährigen Freilandexperiment der Einfluss des standörtlichen Klimas auf die physiologische Aktivität untersucht. Dabei soll erstmalig eine Beziehung zwischen den Niederschlägen (Regen, Taufall) und der Befeuchtung der obersten Bodenschicht mit Hilfe von neuentwickelten Biokrusten- Feuchtesensoren erstellt werden und in Beziehung zu der Photosynthese bzw. Atmung verschiedener Krustentypen gesetzt werden.  Änderungen der Hydratur der biologischen Bodenkrusten und somit der physiologischen Aktivität  infolge der Befeuchtung der wechselfeuchten Organismen spiegeln sich auch in deren spektralen Eigenschaften wieder. Änderungen des Normalized Difference Vegetation Index (NDVI) im Wellenlängen-Bereich 650 und 810 nm und des Photosynthetic Reflectance Index (PRI) im Bereich 531 und 570 nm werden mit kompakten optischen Sensoren in situ erfassen, so dass ein Jahresgang dieser spektralen Parameter in Abhängigkeit von den mikroklimatischen Bedingungen und der Bodenfeuchte  erstellt wird. Aus dem NDVI lassen sich zu einem gewissen Anteil Rückschlüsse auf die Netto-Photosynthese ziehen, während der PRI Informationen über die photosynthetische Lichteffizienz und somit dem Stresszustand der Photosynthese liefert. Kombiniert werden diese Langzeit-Messungen mit in situ Messungen der Photosynthese mit Hilfe der Chlorophyllfluoreszenz.

Welchen Beitrag liefern die Biokrusten zum Kohlenstoffeintrag in initialen Ökosystemen?

Rohböden, wie sie primär von den biologischen Bodenkrusten besiedelt werden, sind charakterisiert durch geringe Mengen an Nährstoffen (insbesondere Stickstoff) und Kohlenstoff.  Photosynthese (als Input) und Atmung (als Output) sind wichtige physiologische Prozesse für den Kohlenstoffhaushalt der Biokrusten. Deren Verhältnis ist dabei abhängig vom Entwicklungsstand. Aus der Kombination der im Freiland gemessenen Aktivitätsphasen und Messungen des CO2-Gaswechsels unter kontrollierten Temperatur- und Lichtbedingungen im Labor soll die jährliche C-Bilanz der biologischen Bodenkrusten abgeschätzt werden.

Wie wird die räumliche Differenzierung der Biokrusten-Patches gesteuert?

Bisherige Untersuchungen in Trockengebieten haben gezeigt, dass kleinräumige Unterschiede im Mikroklima die Ausbildung von unterschiedlichen Biokrusten-Typen bedingen. Mit der Zunahme von Niederschlägen nimmt die Besiedlung der Bodenoberfläche mit Moosen deutlich zu. Die Dauer der Befeuchtung und das Austrocknungsverhalten der unterschiedlichen Krustentypen unter Freilandbedingungen wird während des Jahres mit neuen Biokrusten-Feuchte-Sensoren. Räumliche Muster der Biokrusten und deren physiologischen Aktivität werden mit optischen Methoden (Hyperspektral und Multispektral-Kamera, Chlorophyllfluoreszenz) erfasst.