»Die Menschen in Welzow brauchen Vorschläge«

Landschaftsarchitektin Dr. Christine Fuhrmann hat mit ihren Studierenden ein Konzept für die Zukunft des Tagebaus Welzow-Süd entwickelt

Wo heute noch eine Mondlandschaft ist, sollen im Jahr 2035 Obstbäume blühen und Weinreben wachsen. Sanft ziehen sich die Terrassen bis in die Stadt, ein See lädt zum Verweilen ein und eine Mountainbike-Strecke lockt Radsportler von nah und fern. In einem neu entwickelten Gewächshaustyp – made at BTU – an den Hängen der Terrassenlandschaft werden Pflanzen kultiviert. Noch ist das eine Vision – erdacht von BTU-Landschaftsarchitektin Dr. Christine Fuhrmann und ihren Studierenden. Doch schon in zwei Jahren wird am Tagebau Welzow-Süd der Schüttungsprozess auf einer Kippfläche von 110 Hektar beginnen und somit der Grundstein für die Bergbaufolgelandschaft gelegt. »Unsere Aufgabe war es neue Leitbilder und Strategien zur integrierten Gestaltung dieser Landschaft zu entwickeln. Die Menschen in Welzow brauchen Vorschläge. Wir wollen sie damit auch ermutigen, sich einzubringen. Durch die Arbeit der Studierenden habe ich gemerkt, dass die Berührungsangst der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr so groß ist, wenn wir dort immer wieder sind und das Gespräch mit ihnen suchen«, erläutert Dr. Fuhrmann. Sie erinnert sich besonders an einen Mann, der eigentlich immer gegen alles war und genau dieser Mann stand bei der Präsentation der Ideen plötzlich auf und sagte: »Das finde ich gut.« Ein wunderbarer Moment für die Landschaftsarchitektin und ihr Team.

Sehr engagiert mit dabei ist auch die Master-Studentin Hanna Strahl. Ihre Aufgabe war es ein Konzept für eine Bürgerwerkstatt zu entwickeln. Mit viel Liebe zum Detail gestaltete sie eine Meinungsbox mit Postkarten. »Es ist oft eine große Herausforderung, die Bürgerinnen und Bürger zu motivieren, sich zu beteiligen – auch weil manche es nicht gewohnt sind, ihre Meinung vor vielen Menschen kundzutun. Die Meinungsbox ermöglicht es jedem, seine Ideen und Anregungen einfließen zu lassen. Sie birgt auch den Vorteil, dass Aspekte, die einem nicht sofort eingefallen sind und reflektiert werden müssen, mitgeteilt und berücksichtigt werden können«, so die gebürtige Magdeburgerin. Nachdem die Meinungsbox für zwei Wochen im Welzower Rathaus stand und viele Postkarten aufgenommen hatte, machte sich Hanna Strahl an die Auswertung. Die Anregungen der Bürger dienten sodann als Grundlage für die weitere Bearbeitung des Projektes.

Dr. Fuhrmann legt stets großen Wert darauf, Studierende miteinzubeziehen, so fand beispielsweise im März 2018 eine Winter School mit Entwurfsworkshop in Welzow statt. Für das nächste Jahr ist ein Planungsworkshop für die Mountainbike-Strecke angesetzt. Zudem arbeitet sie mit der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle zusammen: »Die Studierenden dort haben nach unseren Entwürfen 3D-Landschaften erstellt. Es ist total spannend zu sehen, wie realistisch unsere Ideen dann wirken«, freut sich die Dozentin. Eben diese Entwürfe hat sie im September bei der LEAG zur Prüfung eingereicht. Im gleichen Monat haben Dr. Christine Fuhrmann und ihre Studierenden die Entwicklungskonzeption, ihre Vision für die Bergbaufolgelandschaft, auf der Stadtverordnetenversammlung in Welzow vorgestellt. Die Stadt soll entscheiden, wie die Fläche gestaltet und wie sie später genutzt wird. Ein Beschluss steht bisher noch aus, doch das Team der BTU ist zuversichtlich. »Unser Projekt erinnert die Menschen zum einen an ihren Urlaub und zum anderen daran, wie die Lausitz früher einmal war – also an ihre Heimat«, sagt Dr. Fuhrmann.

Kontakt

Dr. Christine Fuhrmann
Landschaftsarchitektur
T +49 (0) 355 69-3120
christine.fuhrmann(at)b-tu.de
Szenario 2035: Neue Landschaft Welzow, 3D Visualisierung: Christine Fuhrmann, Hannes Stolle