Fakultät 6: Preis für die beste Bachelorarbeit 2021

Anne Lina Wehrle, B.Sc., erhält den Preis für ihre Arbeit »Die spätgotischen Zellengewölbe in der Kapelle St. Petri in Brandenburg an der Havel«, Betreuung: Prof. Dr.-Ing. David Wendland und Dipl.-Ing. Heike Bücherl M.A., Fachgebiet Bautechnikgeschichte

Den Standpunkt des ältesten Kirchenbaus der Stadt Brandenburg an der Havel und gleichzeitig einen historisch bedeutsamen Ort in der Entwicklungsgeschichte der heutigen Mark Brandenburg markiert die äußerlich unscheinbare Kapelle St. Petri auf der Dominsel. Die ursprüngliche Errichtung ihres Vorgängerbaus veranlasste der letzte Slawenfürst Pribislav, vermutlich um das Jahr 1130. Die heutige Bausubstanz der Kapelle gründet wohl auf den Überresten zweier Vorgängerbauten und zeugt von neun Jahrhunderten brandenburgischer Stadt- und Baugeschichte. Auf Grundlage mehrerer Theorien versucht die vorliegende Arbeit, die umstrittene Entstehungs- und Nutzungsgeschichte des Kirchenbaus darzustellen.

Neben dem historischen Wert liegt die Besonderheit der St. Petri Kapelle in ihrem, für die Region Brandenburg nahezu einmaligen, spätgotischen Zellengewölbe, welches vermutlich seit 1520 den Kirchenraum überspannt. Diese Sonderform des Gewölbebaus verbreitete sich ab 1470, von Meißen ausgehend, in weiten Gebieten Mitteleuropas und zeichnet sich durch ihre hochbusigen, pyramidenförmigen Gewölbekappen aus Ziegelsteinen und die zumeist rippenlosen scharfkantigen Grate und Kehlen aus. Zur Ergründung der planerischen Grundlagen des Kapellengewölbes, nach dem Prinzip des reverse engineerings, kamen die Bauaufnahmemethoden der Tachymetrie und Photogrammetrie zum Einsatz. Während letztere aufgrund von schwierigen Voraussetzungen im Kapelleninnenraum zu keinen repräsentativen Ergebnissen führte, entstand aus den Messwerten der Tachymetrie ein Plansatz, der bisher unerforschte Maße des Gewölbes offenlegte.

Die gewonnenen Messwerte ermöglichten Rückschlüsse auf einige Konstruktionsprinzipien und Besonderheiten des Brandenburger Zellengewölbes und einen Vergleich der vorliegenden Konstruktion mit allgemeinen Regeln des spätmittelalterlichen Gewölbebaus. Zudem war eine grobe rechnerische Abschätzung des Gewölbeschubes aus den einzelnen tragenden Kreuzgratbögen sowie des Lastabtrags über die Kapellenwände möglich. Die gewonnenen Erkenntnisse können die Grundlage für detailliertere Forschungsschritte am Gewölbe der Brandenburger St. Petri Kapelle bilden und einen Beitrag zur Erforschung der spätgotischen Zellengewölbe leisten.

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Anne Lina Wehrle (Foto: privat)