Interview mit BTU Alumnus Fabian Uhse (Informations- und Medientechnik)

"Ich bin in Cottbus aufgewachsen und fand es schon lange großartig, dass ich eine erstklassige Uni direkt vor meiner Haustür hatte."

Fabian Uhse studierte Informations- und Medientechnik an der BTU und hat sich im IT- und Softwarebereich spezialisiert. Inzwischen arbeitet er für Microsoft als Senior Product Manager in den USA, wo er schon mehrere Jahre lebt und arbeitet.

Hallo Fabian, wie bist Du zum Studium an die BTU gekommen?
Ich bin in Cottbus aufgewachsen und fand es schon lange großartig, dass ich eine erstklassige Uni direkt vor meiner Haustür hatte. Durch das Angebot von Studiengängen und modernen Einrichtungen war mir eigentlich schon vor dem Abi klar, dass ich mich für die BTU entscheide. Zu Beginn war mir nicht klar, dass die Größe der BTU einen entscheidenden Vorteil bietet. Nicht so groß, dass man als Student keinen Zugang zu Professoren oder Mitarbeitern hat und nicht zu klein, dass Angebot und Innovation darunter leiden. Daher hat mir besonders gefallen, dass man schon während des Bachelors und besonders während des Masters Kontakte aufbauen kann, wenn man sich in einer Fachrichtung engagiert.

Wie kam es zu Deinem Interesse und Deiner Spezialisierung im IT-Bereich?
Der Bereich hat mich schon früh interessiert. Ich bin in den 90ern in der Grundschule gewesen und damals war der Besitz von Computern für Kinder noch nicht die Norm. Ich hatte Glück, dass meine Familie mir das zeitig ermöglicht hat und ich damit aufwachsen und lernen konnte. Die Faszination war weniger das Nutzen, sondern schon fast vom ersten Tag an herauszufinden, wie ich da etwas Nützliches selbst kreieren kann. Während der Abi-Zeit habe ich ein paar Webseiten für kleinere Firmen gebaut und mir hin und wieder eine neue Programmiersprache beigebracht. Was mir gefehlt hat, war ein strukturierter Lernansatz. Grundlegende Konzepte sind mir meist erst im Nachhinein aufgefallen und etliche gar nicht. Das war sehr zeitintensiv und ich wusste, dass ich mich im Studium auf den IT-Bereich spezialisieren wollte.

Du arbeitest als Senior Product Manager für Microsoft. Was sind da Deine Aufgaben und wie kann man sich Deinen Arbeitsalltag vorstellen?
Als Product Manager bei Microsoft arbeitet man in einer Produktgruppe, in meinem Fall Azure Storage. Die Produktgruppe selbst ist aufgeteilt in Softwareentwickler und Product Manager, oft 8- bis 10-mal mehr Entwickler als Product Manager. Als Product Manager ist man „business owner“ und „customer advocate“. In einem bestehenden Produkt oder Cloud Service konzipiert und begleitet man neue und bestehende Service Features. Wie überall wächst der Verantwortungsbereich mit Erfahrung. Als Product Manager sucht man selbst, worauf man sich gerade konzentrieren muss. Ganz wichtig sind dabei selbstverantwortliches Arbeiten, ständiges Lernen und immer wieder neu seine Motivation finden und erweitern. Über die vergangenen 19 Monate habe ich einen neuen, hybriden Cloud Service konzipiert. So etwas macht man normalerweise mit einem Team von Product Managern, in meinem Fall hat man mir das allein zugetraut. Das beginnt mit einer Beschreibung der Vision und des Geschäftsmodells. Nichts passiert im Vakuum. Als Product Manager bringt man seine eigene Erfahrung ein, allerdings ist es viel wichtiger, konstant von anderen zu lernen. Von Kollegen, anderen Services, ganz besonders von Kunden, um ihre Bedürfnisse tiefgreifend zu verstehen. Man behält Mitbewerber im Auge und letztlich hält man dem Entwickler-Team den Rücken frei. Entscheidungen über Funktion, Technologie und das Zusammenspiel mit Partnerteams, auf deren Technologie das eigene Produkt beruht, sind Teil meiner täglichen Arbeit. Ich begleite daher meinen neuen Service von der ersten Idee, durch die Beta-Phasen bis zur vollen Veröffentlichung und darüber hinaus. Ich glaube mein Job ist sehr gut mit einem Zitat von Don Norman beschrieben: “No product is an island. A product is more than the product. It is a cohesive, integrated set of experiences. Think through all of the stages of a product or service – from initial intentions through final reflections, from the first usage, to help, service, and maintenance. Make them all work together seamlessly.” Das Zitat stammt aus dem User Experience Bereich, aber wenn man es um technische und betriebswirtschaftliche Bereiche erweitert, trifft es sehr gut auf die Product Manager Rolle bei Microsoft zu.

Viele Studierende träumen von einem Job bei Microsoft. Wie bist Du dazu gekommen und was für Tipps hast Du für Studierende, die Deinem Vorbild folgen wollen?
Microsoft hat Niederlassungen weltweit. Die Zentrale unserer Produktentwicklung ist aber ganz klar in Redmond, Washington. Bewerbt euch also entweder bei einer Niederlassung, zum Beispiel bei Microsoft Deutschland, oder eben direkt in Redmond. Es hängt stark davon ab, ob ihr Produkte und Services erfinden beziehungsweise bauen wollt oder Kunden dabei helfen wollt, diese zu nutzen. Falls es dich in die USA verschlägt, kümmert sich Microsoft auch um US-Visa beziehungsweise Green Card für dich und deinen Ehepartner. Mein Weg hat bei Microsoft Deutschland als Student Partner begonnen. In die USA bin ich über ein Praktikum gekommen. Ein Praktikum ist aus meiner Sicht der ideale Weg zu Microsoft in die USA. Einzige Voraussetzung ist, dass du noch studierst. Grundsätzlich sind Praktika gegen Ende des Bachelors oder während des Masterstudiums ideal. In welches Team man als Praktikant kommt, hängt von vielen Faktoren ab. Zum Teil spielen Erfahrung und Spezialisierung im Studium eine Rolle, zum anderen aber auch wo Praktikumsstellen verfügbar sind. Es gibt hier generell eine „Praktikums-Saison“ im Sommer, verpasst also den Bewerbungsschluss nicht! Graduierte können sich nicht mehr auf ein Praktikum bewerben, sondern auf konkrete Stellen. Die sind international ein wenig schwerer zu bekommen. Ihr werdet auch feststellen, dass Microsoft für etliche Stellen keinen bestimmten Abschluss als Voraussetzung angibt. Ein Bachelorabschluss, nahezu jeglicher Ausrichtung ist als Mindestanforderung für eine Product Manager Stelle weit verbreitet. In den vergangenen Jahren haben wir gelernt, diverse Perspektiven auch in anderen Fachgebieten zu suchen. Mein Ratschlag ist jedoch sich auf technische Stellen auch mit einem entsprechenden Abschluss zu bewerben. Die Erwartungen an dich und deine Lernkurve können sonst recht hoch sein. Allerdings gibt es etliche Stellen, die nicht unbedingt einen technischen Abschluss benötigen. Jobs findet ihr hier: Microsoft Jobs für Studenten und Absolventen.

Du lebst schon länger in den USA. Hast Du Tipps für interkulturelle Kompetenz und wie man sich am besten in einem neuen Land einlebt?
Offenheit und Neugierde. Der einfachste Weg, den ich gefunden habe, ist sich ernsthaft für andere Kulturen und deren Gepflogenheiten zu interessieren. Wenn man sich den Kollegen interessiert zeigt, kommt man leicht ins Gespräch, vergleicht gerne die unterschiedlichen Kulturen, findet Gemeinsamkeiten und Unterschiede und alle haben etwas davon. So entstehen Freundschaften. Wie vielen sicher bewusst ist, waren die USA schon immer und sind es aus meiner Sicht immer mehr: polarisierend. Microsoft’s Firmenkultur und Werte, die Art und Weise wie wir die Privatsphäre unserer Kunden betrachten, welche Werte und demokratischen Bestrebungen wir in der Welt unterstützen – das ist alles aus meiner Sicht einmalig für eine derart große Firma. Das trägt entscheidend zu der offenen und inklusiven Firmenkultur bei. Und jeder arbeitet an dieser Firmenkultur mit. Das kenne ich so nicht von anderen Tech-Firmen, gerade aus Deutschland. Man sollte sich auch bewusst sein, dass man in den USA nicht die soziale Norm abbildet. Wer bei Microsoft, Amazon, Facebook oder Google entlang der US-Westküste arbeitet, ist in einer Einkommensblase die non-tech Jobs und deren Durchschnittsgehälter nicht widerspiegeln. Das führt zu manchmal unbewusster Abgrenzung and Gruppenbildung außerhalb der Firma. Es beginnt damit, wo man wohnt, woraus sich ergibt wo man einkauft und wer in der Regel die Nachbarn sind. In meiner Wohngegend ist allein die jährliche Grundsteuer in der Höhe eines Kleinwagens. Die USA funktioniert anders als man das vielleicht gewohnt ist. In gewissen Bereichen unglaublich fortschrittlich und in anderen weit hinter der Europäischen Norm zurück. Mein Rat ist es, sich diese Unterschiede bewusst zu machen, und es sich zum Ziel zu setzen, gegen seine eigene, automatische soziale Abgrenzung anzugehen. Dann kann man auch das „wahre“ Amerika kennenlernen.

Kontakt

Daniel Ebert
Stabsstelle Friend- and Fundraising; Alumni
T +49 (0) 355 69-2420
daniel.ebert(at)b-tu.de