Interview mit BTU Alumnus Heiko Schwarz (Architektur)

Heiko Schwarz ist ständiger Vertreter der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Baku (Aserbaidschan).

Heiko Schwarz hat in den 1990er Jahren Architektur an der BTU studiert und arbeitete danach lange als Entwicklungshelfer bevor er Referent im Auswärtigen Amt wurde. Inzwischen ist er Ständiger Vertreter (stellvertretender Leiter) der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Baku (Aserbaidschan). Die BTU Präsidentin Gesine Grande hatte ihn im Dezember 2022 bei ihrem Aufenthalt in Baku getroffen und wir nutzten die Gelegenheit und den Kontakt gleich für ein BTUAlumni Interview.

Hallo Herr Schwarz, wie kam es, dass Sie Architektur an der BTU studierten und woran erinnern Sie sich am liebsten aus der Zeit?
Es hat mich von Kindheit an begeistert, mich kreativ auszulassen. Vor allem Zeichnen, Malen und Entwerfen haben mir Spaß gemacht. Deshalb gab es für mich nur zwei Berufswünsche: entweder Architekt oder Kinderbuchillustrator. Die Architektur erschien mir greifbarer, denn am Ende steht im Idealfall ein Gebäude da. An der BTU habe ich dann gemerkt, dass die Arbeit des Architekten weit mehr bedeutet, als mit schnellem Strich einen Entwurf zu skizzieren. Dort habe ich auch die anderen wichtigen Aspekte der Architektenausbildung kennen gelernt: Problemanalyse, Lösungsfindung, Denken in Projektschritten, aber auch das Arbeiten in Teams.

Am besten erinnere ich mich an das großartige Miteinander mit Kommilitonen über alle Fakultätsgrenzen hinweg. Mit vielen von ihnen, egal ob sie Umwelt- oder Bauingenieurwesen oder Elektrotechnik studierten, bin ich bis heute gut befreundet. Ein zweiter Aspekt war die damals noch exotische „Ost-West-Mischung“. Als ich 1992 nach Cottbus kam, hatte die Zentrale Vergabestelle für Studienplätze viele Studierende aus den damals noch so genannten „Alten Bundesländern“ nach Brandenburg geschickt. Ich kam aus dem Osten. Doch weil wir von Anfang an in gemischten Wohngemeinschaften wohnten, kamen die leidigen 90iger Ossi-Wessi-Vorurteile gar nicht erst auf. In unserem selbst organisierten Studentenhaus „Chateau Schapeso“ in der Huberstraße wohnten Leute aus Bielefeld, Potsdam, Koblenz, Augsburg und Halle.

Wie kam es, dass Sie nur wenige Jahre nach dem Studium in der Entwicklungszusammenarbeit gearbeitet haben und wie konnte das Architekturstudium dabei helfen? Wie konnte Ihnen das Studium auch bei Ihren nächsten Stationen im Auswärtigen Amt und in der Botschaft helfen?
Das Ausland war schon immer Teil der Lebensplanung von meiner Frau und mir. Wir wollten nicht in Deutschland auf Sicherheit spielen, sondern in anderen Weltgegenden und Kulturen eigene Erfahrungen teilen und neue Erfahrungen sammeln. Das Architekturstudium wurde für die Arbeit im Ausland wichtiger, als ich es mir vorher selbst hätte vorstellen können. Weniger das elegante Entwerfen, dafür aber das Denken in Projektschritten, Problemanalyse und Lösungserarbeitung oder Projektmanagementerfahrungen. Schon während des Studiums war uns ja klar, dass wir nicht Häuserentwerfen lernen, sondern den strukturierten Umgang mit einer Aufgabe. Angereichert mit Auslandserfahrung und kulturellen Begegnungen wurde das Studium auch die Basis für die Entscheidung, mich für den Auswärtigen Dienst zu bewerben. Im Auswärtigen Amt werden nicht nur Juristen, Politikwissenschaftler und Verwaltungswirte gebraucht. Man findet hier auch Journalisten, Lehrer oder Sozialwissenschaftler. Eine ganze Bandbreite an Ausbildungen und Begabungen ergänzt und bereichert die verschiedenen Arbeitsbereiche. Als Architekt gehöre ich aber trotzdem eher zu den Exoten.

Wie kam es, dass Sie Diplomat in Baku wurden? Was für Zusatz-Qualifikationen mussten Sie dafür erlangen und welche Karriereschritte mussten Sie dafür gehen?
Die meiner Meinung nach wichtigste Qualifikation für Diplomaten ist lebenslange Neugier und Interesse an neuen Zusammenhängen. Ganz praktisch muss man einen Masterstudiengang mitbringen und ein herausforderndes Auswahlverfahren durchlaufen, um im höheren Auswärtigen Dienst arbeiten zu können. Hat man das Auswahlverfahren gemeistert, drückt man noch mal ein Jahr die Schulbank in der Akademie Auswärtiger Dienst. Dort wurden mir unter anderem die Grundlagen von Volkswirtschaftslehre, Völkerrecht, Rechts- und Konsularwesen, aber auch Geschichte und internationaler Politik nahegebracht. Das war eine ganz schöne Druckbetankung. Hinzu kamen Rhetorikkurse, Planspiele zur Verhandlungstechnik, Medienseminare und noch einiges mehr. Nicht zuletzt wurden meine Englisch- und Französischkenntnisse aufpoliert und an die diplomatischen Herausforderungen herangeführt. Nach der Ausbildung arbeitet man abwechselnd als Referent in der Zentrale oder an einer Auslandsvertretung. Das ist übrigens eine weitere Voraussetzung: die Bereitschaft, bis zum Rentenalter ein Leben in Drei- oder Vierjahres-Etappen zu leben, in Berlin und im Rest der Welt. Für mich macht das aber auch die Faszination dieser Arbeit aus: mal ist man für Politik in New York zuständig, dann für Presse in Nairobi oder Kultur in Baku.

Was sind Ihre Aufgaben als Ständiger Vertreter und was fasziniert Sie am meisten an der Tätigkeit?
Als Ständiger Vertreter habe ich einen ganzen Bauchladen spannender Aufgaben. Ich vertrete den Botschafter als „Chargé d’affaires“, wenn er nicht im Dienst ist. Darüber hinaus kümmere ich mich mit einem großartigen Team um die Wirtschafts- und die Kulturabteilung der Botschaft in Baku. Mich fasziniert an unserer Arbeit als Diplomaten die Brückenfunktion, die wir einnehmen. Man kann internationale Beziehungen meiner Meinung nach nur vor Ort aufbauen. In meiner Arbeit treffe ich in Baku und in den Regionen Aserbaidschans viele interessante Leute aus Kultur, Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft, führe Gespräche, versuche Zusammenhänge zu verstehen und Fragen über Deutschland und Europa zu beantworten. Kurz gesagt: Ich erkläre Deutschland in Aserbaidschan, und erkläre Aserbaidschan in Deutschland. Dabei bleibt die Arbeit spannend und überraschend. Neben der täglichen Arbeit am Computerbildschirm treffe ich zum Beispiel immer wieder neue Leute mit berührenden Geschichten. An einem Tag Flüchtlinge, die mit deutscher Unterstützung ein Studium beginnen können, an einem anderen Imkerinnen, die gerade den Schritt in die Selbstständigkeit wagen, auch mit Unterstützung aus Deutschland.

Was finden Sie an Aserbaidschan besonders schön?
Aserbaidschan ist für mich ein Land zwischen Europa und Asien, zwischen Orient und Okzident, zwischen prunkvollen Villas alter Ölmagnaten, orientalischem Baustil und postsowjetischem Erbe. Es lässt sich nicht so einfach in Kategorien pressen, und das macht den Reiz des Landes aus. Vom ersten Tag an war ich berührt von der Freundlichkeit und Gastfreundschaft der Menschen. Vor allem: es ist jetzt ein Zuhause für mich und meine Familie, wenn auch nur auf Zeit.

Kontakt

Daniel Ebert
Stabsstelle Friend- and Fundraising; Alumni
T +49 (0) 355 69-2420
daniel.ebert(at)b-tu.de