Themenheft zur raumbezogenen Gerechtigkeit erschienen

Zeitschrift "Berichte Geographie und Landeskunde" mit Ausgabe über räumliche Gerechtigkeit

Ludger Gailing und Thomas Weith haben in dem Forschungsvorhaben „ReGerecht“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme „Stadt-Land-Plus“ der Leitinitiative Zukunftsstadt gefördert wird, in den letzten Jahren eng zusammengearbeitet. Ein Ergebnis dieser Kooperation ist das aktuelle Themenheft in „Berichte. Geographie und Landeskunde“, das sich mit Fragen der räumlichen Gerechtigkeit befasst.

Im Editorial entwickeln die beiden Herausgeber eine Übersicht über die Kategorien räumlicher Gerechtigkeit, wie sie in Prozessen der regionalen Planung, Entwicklung und Transformation bedeutsam sind. In den anschließenden Beiträgen kommen ganz unterschiedliche Perspektiven aus der Forschung zur Sprache. Als Startpunkt thematisiert Ottfried Höffe grundlegende Gerechtigkeitsperspektiven aus Sicht der politischen Philosophie. Thomas Weith greift anschließend den Aspekt der Tauschgerechtigkeit von Höffe auf und entwickelt daraus Ansatzpunkte für eine gerechtere Zusammenarbeit und gleichberechtigte Entwicklungsmöglichkeiten auf räumlicher Ebene. Manfred Miosga und Lisa Maschke diskutieren anschließend den für die Raumentwicklung in Deutschland wichtigen Aspekt der gleichwertigen Lebensverhältnisse auf der Grundlage von Ergebnissen einer durch den Bayerischen Landtag eingesetzten Enquete-Kommission.

Anhand des Aspektes der Fördermittelvergabe im Strukturwandel der brandenburgischen Lausitz (Link auf biblioscout.net/article/99.140005/bgl202304038601) diskutieren Hanna Zeißig, Eva Eichenauer und Ludger Gailing einen aktuellen empirischen Anwendungsfall, bei dem Gerechtigkeitsmaßstäbe der Verteilungs-, Verfahrens- und Anerkennungsgerechtigkeit eine besondere Rolle spielen: die regionale Transformation im Zuge des Kohleausstiegs. Dabei zeigt sich, dass Aspekte der ungleichen Verteilung durchaus tolerabel erscheinen, wenn sie dem gesamten Strukturwandelprozess dienlich sind, so dass die Konzentration auf Ober- und Mittelzentren förderlich erscheint. Abschließend weitet Benjamin Davy die Perspektive auf „Tiere und die übrige Natur“ aus. Denn in der Boden-, Umwelt- und Tierethik werden nichtmenschliche Tiere und die übrige Natur seit längerem als eigene Subjekte betrachtet, die aufgrund ihres Eigenwerts nicht nur zu schützen, sondern als rechtsfähig anzusehen sind. Dies bleibt bislang in den meisten Konzepten räumlicher Gerechtigkeit unbeachtet.

Die Beiträge zeigen, wie anregend und nutzbringend die Auseinandersetzung mit Gerechtigkeit für die Raumentwicklung sein kann. Dies gilt nicht nur für theoretisch-konzeptionelle Überlegungen, sondern auch ganz praktisch für eine an grundlegenden Werten orientierte Raumentwicklungspolitik jenseits bloßer politischer Gleichwertigkeitsversprechen hin zu einer gerechteren Transformation zu Räumen der Nachhaltigkeit.

Kontakt

Prof. Dr. rer. pol. Ludger Gailing
Regionalplanung
T +49 (0) 355 69-3626
Ludger.Gailing(at)b-tu.de