„Ich möchte das Wir-Verständnis noch weiter fördern und etablieren.“

Im Oktober 2023 trat Robert Denk sein Amt als Kanzler der BTU Cottbus-Senftenberg an. Wie hat er die ersten 100 Tage erlebt: in seiner neuen Tätigkeit, in seinem neuen Umfeld? Wir haben ihn gefragt – und ihn auch gebeten, einen Blick in die (nahe) Zukunft zu werfen.

Herr Denk, Sie kommen von der Exzellenzuni TU Dresden – wie haben Sie in 100 Tagen die BTU im Vergleich erlebt? Gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede?

Die BTU Cottbus-Senftenberg braucht sich nicht zu verstecken. Es gibt sehr viele Gemeinsamkeiten und eine große Aufbruchstimmung. Wir sind in vielen Punkten zwar etwas kleiner als die TU Dresden. Aber immer dann, wenn ich bis in die einzelnen Einheiten hineinschaue, gibt es das wissenschaftliche Feuer und die Energie, aber natürlich auch die eine oder andere kleine Pflanze, die zum Wachsen und Gedeihen noch etwas Ermutigung braucht.

Letztlich geht es immer um die Frage, was eine moderne Universität im 21. Jahrhundert ausmacht, sowohl in den Kernaufgaben Forschung, Lehre und Transfer als auch als eigenständige Akteurin im gesellschaftlichen Raum. Und es ist oftmals die Summe der Einzelprojekte, die solche Ideen tragen.

Wie sind Sie beruflich und privat in Cottbus angekommen und aufgenommen worden?

Privat – sehr gut. Ich wohne nur fünf Fahrradminuten vom Büro entfernt. Das ist sehr angenehm. Ich mag die Schlagfertigkeit der Cottbuser und auch ihre Offenheit. Man kommt schnell ins Gespräch.

Beruflich – soweit ich das beurteilen kann – ebenfalls sehr gut. Es war von Anfang an eine herzliche und wohlwollende Aufnahme, für die ich sehr dankbar bin. Sowohl bei den Mitgliedern der Universität im Allgemeinen als auch bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und im Präsidium.

Welche Orte mögen Sie in Cottbus?

Ich fühle mich nicht nur in Cottbus zu Hause, sondern mag auch das Areal um den Senftenberger See, insbesondere das Hafengelände.

Und zu Cottbus: Der Branitzer Park ist schon ein Schmuckstück und besonders die mit gestochener Handschrift verfassten Pückler‘schen Tafelbücher haben mich sehr beeindruckt.

Was macht Cottbus für Sie besonders?

Die Offenheit der Menschen. Lassen Sie mich das an einem kurzen Beispiel erklären: Als ich an einem der Adventssonnabende auf dem kleinen Markt vor der Stadthalle war, stand vor mir ein älterer Herr, der sich sichtlich Mühe gab, am polnischen Spezialitätenstand seine Bestellung in der Landessprache aufzugeben und es wurde viel gekichert und gescherzt.

Wie ist Ihr Büro eingerichtet? Was darf in Ihrem Büro nicht fehlen?

Ich habe ein sehr gut ausgestattetes Büro vorgefunden und nur um einige persönliche Dinge ergänzt, wie beispielsweise um ein paar meiner Lieblingsbilder oder meine Schreibtischleuchte. Und die täglichen Tassen Tee dürfen natürlich nicht fehlen.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Die Frage habe ich bisher in meinem Bekanntenkreis immer mit einem Einzelbegriff beantwortet: „erlebnisdicht“. Tagtäglich ist es wichtig, immer darauf bedacht zu sein, das Wichtige vom Dringenden zu unterscheiden. Mit Frau Hansen habe ich eine großartige Unterstützung. Und ganz ehrlich, mich überkommt eine fast kindliche Freude, wenn hin und wieder ein Termin entfällt und ich eine ganz Stunde gewonnen habe.

Wie schaffen Sie den Ausgleich zum anspruchsvollen Beruf?

Es hat mich noch nie gestört, viel zu arbeiten. Wichtig ist, den richtigen Ausgleich zu finden. Mein Rezept dafür besteht aus Bewegung im Freien, schönen Tischgesprächen und Neugier. Nur zum Lesen komme ich leider viel zu wenig.

Pellkartoffeln mit Quark und Leinöl: Lieblingsessen oder No-Go?

Ich kenne das Gericht aus meiner Heimat seit ich gerade so über den Tisch gucken konnte. Im Lausitzer Bergland heißt es in der wunderbaren mundartlichen Weise: Ganze Abern und Quoark. Ein Klassiker, den ich sehr gern koche und esse.

100 Tage @ BTU: Drei Standorte, viele Fachbereiche – haben Sie die BTU schon richtig kennengelernt?

Genau genommen sind es mit dem Campus Nord sogar vier Standorte. Ich hatte die Gelegenheit, in den ersten Wochen viele interessante Menschen kennenzulernen, spannende Gespräche zu führen und die Standorte zu besuchen. Im Moment habe ich das Gefühl, die anderen Standorte besser zu kennen als den Hauptcampus. Aber das zu ändern, daran arbeite ich noch!

Was war die größte Herausforderung während der Anfangszeit?

Es ist eine ganz eigene Erfahrung, um den hohen Verantwortungsgrad einer so komplexen Führungsposition nicht nur zu wissen, sondern ihn auch selbst zu erleben.

Das ist dann diese besondere Mischung aus vielfältigen fachlichen Anforderungen einerseits sowie der Transport der Informationen durch wertschätzende und kooperative Kommunikation andererseits und dabei gleichermaßen klar, verbindlich und fachlich entschieden zu bleiben.

Offen gesagt, musste ich ein wenig umdenken, was die Handlungsfreiheiten der Hochschule angeht. Die brandenburgischen Regelungen blicken an vielen Stellen noch sehr aus der Perspektive einer nachgeordneten Behörde für ein Ministerium. Da brauchen wir größere Flexibilitäten. Und dafür müssen wir oft nur in andere Bundesländer sehen, um größere Handlungsspielräume zu erkennen.

Was war bis jetzt ihr wichtigstes Learning?

Abgesehen davon, dass ich tunlichst immer einen blauen und einen roten Stift einstecken und korrekt bei jeder der zahlreichen Unterschriften verwenden sollte? Meine wichtigste Erfahrung und Aufgabe waren bisher das Hineinhören in die BTU Cottbus-Senftenberg. Bemerkenswert sind dabei die sehr unterschiedlichen Wahrnehmungen, je nachdem, an welchem Standort ich mich gerade befinde. Ich ziehe daraus für mich die Erkenntnis, dass wir eine gemeinsame BTU nur dann erreichen, wenn wir diese historischen Wurzeln betrachten und berücksichtigen. Ich möchte gemeinsam mit allen Angehörigen der BTU an einem noch stärkeren Zusammenwachsen arbeiten.

Wo sehen Sie Entwicklungsbedarf der BTU in Ihrer Amtszeit?

Ich definiere das zunächst aus meiner Rolle als Kanzler heraus. Es ist für mich von großer Bedeutung, dass wir mit der BTU als Arbeitgeberin noch attraktiver werden, noch größere Sichtbarkeit auf der internationalen Wissenschaftslandkarte erreichen und ganz wichtig: als Organisation selbstbewusster werden – nicht überheblich – aber stolz auf das Erreichte und zuversichtlich für das, was wir noch erreichen wollen.

Einiges Entwicklungspotential sehe ich in der klareren Beschreibung und Zuordnung von Zuständigkeiten und Prozessen. Das mag etwas langweilig klingen. Aber letztlich müssen wir unsere Arbeitsbasis an vielen Stellen verbessern. Die Digitalisierung ist dabei ein gutes Instrument, das wir immer dann zum Einsatz bringen sollten, wenn wir die Prozesse selbst definiert haben und uns darüber im Klaren sind, was wir wollen. Das geht von der Raumverwaltung bis zur Frage, wie wir unsere Steuererklärungen aufsetzen.

Wichtige Schwerpunkte werden in der Beantwortung der Frage liegen, wie wir die tatsächlichen Räume, in denen Forschung und Lehre stattfindet, gestalten wollen und können? Wie binden wir uns in den Forschungsstandort Cottbus-Senftenberg im Wissenschaftsraum Brandenburg und darüber hinaus ein?

Gerade der Strukturwandel bringt viele Herausforderungen für die Universität mit sich, wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit mit den Bereichen und außeruniversitären Forschungsinstituten vor?

Ich bin der Meinung, dass wir auch mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen unsere gemeinsamen Interessen bündeln sollten. An der einen oder anderen Stelle müssen wir sie vielleicht sogar erst finden. Die ersten Kontakte hat es schon gegeben und mein Interesse ist es, die Strahlkraft des Standortes Lausitz besser sichtbar zu machen. Sicherlich haben wir gerade beim Gewinnen und Halten von Fachkräften oft konkurrierende Interessen. Aber gerade dann möchte ich mich mit den anderen Einrichtungen zusammenfinden, um zu schauen, wie wir trotzdem zum Wohle aller zusammenwirken können.

Als besonders wichtig sehe ich auch eine weitere Stärkung der Transferaktivitäten sowohl der wirtschaftlichen als auch der gesellschaftlichen.

Wie nehmen wir die Mitarbeiter*innen in der Transformation mit?

Durch eine gute Mischung aus vielen Gesprächen, genauem Zuhören, fundierter Meinungsbildung und verlässlichen Entscheidungen. Damit meine ich nicht, dass eine Entscheidung im Einzelfall nicht auch mal korrigiert werden kann. Aber diese Verlässlichkeit sollte der Maßstab sein. Der Begriff „mitnehmen“ klingt auch ein wenig passiv. Denn wenn es sehr gut läuft, dann wachsen neue Ideen für das Vorankommen bei allen Mitgliedern gleichermaßen.

Werfen wir mal einen Blick in die (nahe) Zukunft: Welche Herausforderungen gehen Sie in den nächsten 100 Tagen an?

Da gibt es zahlreiche. Hier nur zwei Beispiele aus dem unmittelbaren Themenfeld meines Ressorts. Wir müssen eine neue Leitung des Verwaltungsbereichs Bau finden. Die Ausschreibung dafür läuft gerade. Wir beabsichtigen, gemeinsam mit dem Vizepräsidenten für Forschung und Transfer, die Struktur in der Buchhaltung, die derzeit etwas stark verteilt ist, auf neue Füße zu stellen.

Was wird das erste größere BTU-Projekt, das Ihre persönliche Handschrift tragen wird?

Ich würde mich freuen, wenn es mir gelingt, den Kooperationsgeist und das „Wir-Verständnis“ noch weiter zu fördern und zu etablieren. Darauf wird sicherlich auch das derzeit entstehende Personalentwicklungskonzept einen eigenen Einfluss haben.

Was planen Sie gemeinsam mit dem Präsidium für die Entwicklung unserer Universität? Wo sehen Sie die BTU in zehn Jahren?

Ich erlebe die Zusammenarbeit im Präsidium als sehr kooperativ. Wichtig ist, dass wir uns noch stärker zu einer Universität formen und nicht mehr nur als zwei Teile einer Einrichtung handeln und denken. Als eigenständige Akteurin im Wissenschaftsumfeld streben wir die volle Mitgliedschaft in der DFG an und es ist mir auch ein großes Anliegen, dass wir uns als Verwaltung gut aufstellen, um als Standort für Studierende noch attraktiver zu werden.

Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft an der BTU?

Ich wünsche uns an der BTU eine stabile, von Zuversicht getragene Entwicklung, die uns immer auch einen mutigen Blick auf die Chancenseite des Lebens werfen lässt.

Kontakt

Robert Denk
T +49 (0) 355 69-3311
kanzler(at)b-tu.de
Blickt auf 100 Tage im Amt zurück - und in die Zukunft: Kanzler Robert Denk