Interview mit BTU Alumnus Anton Evdokimov (PhD)
Anton Evdokimov studierte an der Ural Federal University in Russland Equipment and Technology of Welding Production, also Schweißtechnologien, und promovierte an der BTU zum Thema "Numerical Laser Welding Simulation of Dissimilar Steel-Aluminum Overlap Joints". Er entwickelte hier Simulationsmodelle für das Schweißen von Stahl mit Aluminium. Das klingt kompliziert, aber er konnte das bei Science Slam Events schon oftmals nicht nur einfach, sondern auch noch sehr unterhaltsam erklären. Als Spezialist für Computational Welding Mechanics arbeitete er auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Campus Cottbus und konnte währenddessen eine EXIST Startup Förderung vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz einwerben. Sein Ziel ist es, Metallverarbeitungssimulationen für Unternehmen aller Größenordnungen zugänglich zu machen. Nun ist es soweit und er startet als CEO von Heatshape in eine spannende Zukunft, um seine unternehmerische Mission in die Realität umzusetzen.
Hallo Herr Evdokimov, wie sind Sie damals für die Promotion auf die BTU gekommen und wie waren Ihre Erfahrungen hier?
Ursprünglich wollte ich nach China umziehen, um dort ein Master-Programm zu absolvieren. Doch durch einen direkten Kontakt mit einem Professor an der BTU ergab sich die Möglichkeit, eine Promotion in Cottbus zu starten. Nach gründlicher Überlegung habe ich meine Pläne kurz vor der Abreise nach China geändert und bin 2014 nach Deutschland gekommen. Aus heutiger Sicht war das eine gute Entscheidung. Der Lehrstuhl für Füge- und Schweißtechnik an der BTU Cottbus-Senftenberg, an dem ich promoviert habe, verfügt über eine hervorragende Ausstattung sowie zahlreiche Forschungsprojekte, die in enger Zusammenarbeit mit industriellen Partnern durchgeführt werden. Da meine Promotion eng mit einem großen deutschen Forschungsprojekt verbunden war, hatte ich bereits nach fünf Monaten mein erstes Treffen mit Industriepartnern bei VW in Wolfsburg. Die Anbindung an die Industrie hat mir sehr gut gefallen. Der Campus und das Wohnheim waren sehr angenehm und ermöglichten es mir, das wissenschaftliche Arbeiten gut mit dem Studentenleben zu verbinden.
Eine Promotion zu technischen Entwicklungen ist immer eine große Herausforderung. Was konnten Sie während der Promotion alles für sich lernen und wem würden Sie zu einer Promotion raten, beziehungsweise was für Eigenschaften sollte man für so ein Langzeitprojekt mitbringen?
Vor allem habe ich gelernt, wie man komplexe Probleme über einen langen Zeitraum systematisch angeht. Ich habe meine Fähigkeit zur eigenständigen Arbeit und zum kritischen Denken deutlich verbessert, da man oft an der Grenze des Wissens arbeitet und eigenständig Lösungen finden muss. Da es bei einer Promotion unter anderem um wissenschaftliche Publikationen und Vorträge auf internationalen Konferenzen geht, entwickelt man dabei seine Fähigkeiten im präzisen Schreiben sowie im öffentlichen Reden und Netzwerken. Ich würde eine Promotion nicht nur Menschen empfehlen, die ein starkes Interesse an Wissenschaft und tiefergehender Forschung haben, sondern auch denen, die lernen möchten, wie man mit großen Mengen an Informationen umgeht und diese strukturiert, um daraus wichtige Schlussfolgerungen zu ziehen. Da es viel um Forschung geht, bleibt man immer auf dem neuesten Stand und behält einen guten Überblick über die Herausforderungen der Branche. Es kann auch helfen, eine Marktlücke für die eigene Start-up-Idee zu finden.
Sie konnten eine Förderung einwerben von EXIST - Existenzgründungen aus der Wissenschaft. Bitte erzählen Sie uns davon und vielleicht haben Sie auch Tipps für Gründungsinteressierte, die ebenfalls einen Antrag dafür schreiben wollen.
Mit dem EXIST-Gründungsstipendium konnte ich ein Jahr lang Vollzeit an meiner Idee arbeiten. Dadurch haben wir es geschafft, einen Prototyp unserer Software zu entwickeln und einen Businessplan zu erstellen. EXIST bietet nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern positioniert das Projekt in Deutschland als innovativ, was bei der Teilnahme an weiteren Programmen hilfreich sein kann. Ich kann EXIST allen empfehlen, die ihre Forschungsergebnisse in ein Unternehmen umwandeln wollen. Es gibt viele Aspekte, an die man als Wissenschaftler normalerweise nicht denkt, und EXIST ist eine große Hilfe, um sich mit der neuen Welt vertraut zu machen. Schon das Schreiben des Antrags für EXIST hilft dabei, die Gedanken zu strukturieren. Als ersten Schritt für Gründungsinteressierte würde ich definitiv empfehlen, sich beim Gründungsservice der BTU zu melden und über die Idee zu sprechen.
Sie wohnen in Cottbus und starten Ihre Gründung im Startblock B2, was gefällt Ihnen an der Stadt und dem Gründungszentrum und was würden Sie gerne noch verbessern?
Das Gründungszentrum Startblock B2 ist ein modernes Gebäude mit guter Ausstattung und echter Startup-Atmosphäre. Ich fühle mich dort sehr wohl. Es fällt mir schwer, etwas vorzuschlagen, das meinen Alltag noch verbessern könnte. In Cottbus kann man sich hervorragend auf die Entwicklung neuer Ideen konzentrieren, ohne viel Ablenkung. Als kompakte Stadt ermöglicht sie, wenig Zeit für den Arbeitsweg aufzuwenden und mehr Zeit für wichtige Dinge zu haben. Die gute Anbindung an Berlin erleichtert es zudem, zahlreiche Veranstaltungen in der deutschen Hauptstadt zu besuchen.
Was genau ist Heatshape und was sind Ihre Aufgaben als Gründer und CEO in dem Unternehmen?
Bei heatshape GmbH entwickeln wir cloud-basierte Simulationssoftware, die speziell auf Schweißen, Härten und metallbasiertes Additive Herstellungsprozesse ausgerichtet ist. Die Software sagt schädliche Mikrostrukturen und Verformungen voraus und gibt Anweisungen, wie man den Prozess optimieren kann. Als Gründer und CEO des Frühphasen-Startups beschäftige ich mich mit allem, was für eine stabile Entwicklung des Unternehmens notwendig ist. Dabei geht es insbesondere um die Softwareentwicklung, das Fundraising und die Kundenakquise.
Was vermissen Sie aus Ihrer Promotionszeit an der BTU am meisten?
Manchmal vermisse ich die Zeiten, in denen man sich auf die Forschung konzentrieren konnte, ohne an wirtschaftliche und organisatorische Dinge denken zu müssen.