Berlin-Szczecin in 90 Minuten – und dann?

Deutsch-polnische Konferenz zu Wirkungen und Potentialen des Streckenausbaus

Die Bahnstrecke Berlin-Szczecin wird zukünftig eine schnellere Verbindung zwischen den beiden Städten ermöglichen. Bereits heute zeichnen sich in der Verflechtungsregion entlang der Strecke lokale Veränderungsdynamiken ab – etwa der wachsende Tourismus in Westpommern, der geplante Hafenausbau in Świnoujście und die Transformationsprozesse in Schwedt/Oder verändern die grenzüberschreitende Metropolregion nachhaltig. Diese Veränderungen werfen neue Fragen zur wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zusammenarbeit auf, die im Rahmen einer zweitägigen, deutsch-polnischen Konferenz in Szczecin – in Inputs und Diskussionen der 50 Teilnehmer:innen – im Mittelpunkt standen.

In seinem Eröffnungsvortrag stellte Prof. Lech Suwala (Technische Universität Berlin) die Frage, ob der Berlin-Lausitz-Korridor als Vorbild für die Entwicklung zwischen Berlin und Szczecin dienen kann. Er schlug vor, das Konzept der achsenbasierten Regionalentwicklung um eine missionsorientierte Perspektive zu erweitern. Die erste thematische Session beleuchtete wirtschaftliche Aspekte der neuen Bahnverbindung. Prof. Juliusz Engelhardt (Universität Szczecin) analysierte die Planungsgeschichte der Strecke, während Aneta Szreder-Piernicka (Seehafenbehörde Szczecin-Świnoujście) die geplante Hafenerweiterung und die Anbindung an das deutsch-polnische Hinterland vorstellte. Philip Pozdorecz (Stadt Schwedt/Oder) präsentierte eine 360-Grad-Perspektive auf den Transformationsprozess in Schwedt, und Lukasz Zemski (Handelskammer Nord in Szczecin) erläuterte das polnische Verständnis von Clusterentwicklung.

Auch der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt war Thema: Paweł Nowak (Arbeitsamt der Woiwodschaft Westpommern) zeigte, dass Pol:innen die größte ausländische Erwerbsgruppe in Ostdeutschland bilden. Gleichzeitig nimmt die Zahl polnischer Akademiker:innen, die ins Ausland gehen wollen, ab – ebenso wie die Deutschkenntnisse unter jungen Menschen. Maciej Łapko (Regionales Raumplanungsbüro Westpommern) betonte die Bedeutung der Erreichbarkeit für eine funktionierende grenzüberschreitende Metropolregion und schlug vor, das Gemeinsame Zukunftskonzept von 2016 angesichts der veränderten Rahmenbedingungen zu aktualisieren.

In einer weiteren Session wurde die gesellschaftliche Wirkung des Bahnausbaus diskutiert. Martin Hanf (Kommunalgemeinschaft Europaregion Pomerania e.V.) hob hervor, dass Mobilität ein wichtiger Motor für die zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit ist. Die touristischen Potenziale beleuchteten Anna Gardzińska (Tourismusorganisation Westpommern) und Anet Hoppe (TMU Tourismus Marketing Uckermark GmbH). Am zweiten Tag wurden in Kleingruppen zentrale Akteure, strategische Maßnahmen und Potenziale der verbesserten Bahnanbindung diskutiert. Auch wenn sich der Ausbau verzögern sollte, die Ideen für eine intensivere grenzüberschreitende Zusammenarbeit sind da – und fließen in die weitere Arbeit ein.

Die Konferenz wurde gemeinsam vom Institute of Spatial Management and Socio-Economic Geography der Universität Szczecin, dem Kommunalwissenschaftlichen Institut der Universität Potsdam und dem Fachgebiet Regionalplanung der BTU Cottbus-Senftenberg organisiert und gefördert durch die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung.

Kontakt

Leonard Weiß
Regionalplanung
T +49 (0) 355 69-3916
Leonard.Weiss(at)b-tu.de
© Przemysław Pluskota
© Leonard Weiß / BTU
© Leonard Weiß / BTU
© Leonard Weiß / BTU