Mehrfachnutzung statt Monokultur – Chancen für die Lausitz
Herr Dr. Maurer, Frau Dr. Porst, was versteht man unter "multifunktionaler Landnutzung"?
Dr. Thomas Maurer: Multifunktionale Landnutzung bedeutet, dass landwirtschaftliche Flächen mehrere Aufgaben gleichzeitig erfüllen. Wir kombinieren also verschiedene Nutzungen – zum Beispiel Ackerbau mit Gehölzen im Agroforstsystem oder Pflanzenanbau mit Photovoltaik bei Agri-PV. So entstehen Synergien: Wir steigern die Produktivität, speichern CO₂, fördern die Biodiversität und schützen gleichzeitig den Boden und das Mikroklima.
Warum ist dieses Thema gerade für die Lausitz so wichtig?
Dr. Luise Porst: Die Lausitz ist durch den Strukturwandel und den Klimawandel besonders gefordert. Unsere Böden sind leicht, trocken und nährstoffarm. Das heißt: Wir müssen kluge Strategien entwickeln, um Erträge zu sichern und gleichzeitig die Landschaft anpassungsfähiger zu machen. Multifunktionale Landnutzung bietet dafür ideale Ansätze, weil sie auf denselben Flächen verschiedene Wertschöpfungsquellen eröffnet – etwa nachhaltige Energieproduktion, biogene Rohstoffgewinnung, Nahrungsmittelproduktion und den Erhalt von Ökosystemleistungen.
Das klingt nach einer echten Win-win-Situation. Warum wird das nicht längst flächendeckend umgesetzt?
Dr. Thomas Maurer: Weil es strukturelle Hürden gibt. Wir brauchen angepasste rechtliche Rahmenbedingungen, geeignete Förderinstrumente und Investitionsanreize. Außerdem müssen neue Wertschöpfungsketten entstehen, zum Beispiel für biobasierte Rohstoffe. Viele Landwirte wären bereit, neue Wege zu gehen, aber der Markt und die politischen Rahmenbedingungen müssen mitziehen.
Welche Rolle spielt die Wissenschaft dabei?
Dr. Luise Porst: Eine sehr zentrale. Forschung kann zeigen, welche Kombinationen ökologisch und ökonomisch sinnvoll sind. Wir entwickeln Demonstrationsflächen, führen Modellrechnungen durch und begleiten Betriebe bei der Umsetzung. Wichtig ist aber auch der direkte Austausch mit der Praxis. Deshalb sind Veranstaltungen wie unser Herbstsymposium so wertvoll. Dort kommen Wissenschaft, Landwirtschaft, Unternehmen und Verwaltung an einen Tisch.
Was kann die Lausitz durch solche Ansätze langfristig gewinnen?
Dr. Thomas Maurer: Eine resilientere, vielfältigere und attraktivere Kulturlandschaft. Wenn Landwirtschaft, Energiegewinnung und Naturschutz Hand in Hand gehen, entstehen neue Wertschöpfungsketten und Arbeitsplätze. Multifunktionale Landnutzung kann ein wichtiger Baustein sein, um die Lausitz als Modellregion für nachhaltige Landnutzung und Bioökonomie zu positionieren.
Und was wünschen Sie sich von der Politik und Gesellschaft?
Dr. Luise Porst: Mut zur Veränderung und Unterstützung für die, die vorangehen. Landwirtinnen und Landwirte sind bereit, neue Wege zu gehen – wenn Rahmenbedingungen, Beratung und Investitionssicherheit stimmen. Wir brauchen eine klare politische Strategie, die multifunktionale Landnutzung als Teil der Klimaanpassung und Regionalentwicklung begreift.
Was erwartet die Teilnehmenden des Symposiums am 20. November?
Dr. Thomas Maurer: Ein spannender Austausch zwischen Forschung und Praxis – mit Fachforen zu Agroforst, Faserpflanzen, Digitalisierung und der Zukunft der Lausitzer Kulturlandschaft. Unser Ziel ist, konkrete Impulse zu setzen und Kooperationen anzustoßen, die über das Symposium hinauswirken.
Veranstaltungshinweis
Herbstsymposium "Multifunktionale Landnutzung in der Lausitz"
Datum: 20. November 2025, BTU Cottbus–Senftenberg
Ort: Startblock B2, Siemens-Halske-Ring 2
Kontakt
Tanja Kollersberger
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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E tanja.kollersberger(at)zalf.de



