Blog Positions

Die Gründung der BTU im politischen Kontext

Dr. Hinrich Enderlein - 2011

Zitiert aus
Enderlein, H. (2011). Die Gründung der BTU im politischen Kontext. In: Bayerl, G., Borghorst H., Zimmerli W.C. (Hrsg.). 20 Jahre Brandenburgische Technische Universität Cottbus. Münster: Waxmann, S. 51-54.


Und schließlich wurde mir sofort ein unbändiger Ehrgeiz unterstellt, weil ich gleich acht Hochschulen gründete, während andere (Sachsen) vorrangig mit Abwickeln beschäftigt waren. Dass Brandenburg fast keine Hochschulen hatte, wurde dabei ignoriert.

Insofern waren die Stunden im Wissenschaftsrat für mich nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig. Aber die Gründung von Cottbus ging einigermaßen problemlos über die Bühne, obwohl sie die letzte Gründung war, die wir präsentierten. Man hat uns sogar bescheinigt, dass wir das Beste zuletzt präsentierten. Ein Haar in der Suppe fand die ehrenwerte Gesellschaft dann doch: Die fünfte, die geistes- und sozialwissenschaftliche Fakultät sollte gestrichen werden. Man befürchtete, dass dort die Tendenz zu eigenen Studiengängen ausgeprägt sein würde. Es gab zwar die Möglichkeit, sich über Voten des Wissenschaftsrates hinwegzusetzen, was wir auch an verschiedenen Stellen im Laufe der Zeit getan haben. Aber hier ging es um die Gründung der ganzen Universität und die damit verbundene 50-prozentige Finanzierung der Erstinvestition durch den Bund, die gegen ein Votum des Wissenschaftsrates nicht erfolgt wäre. Das konnte sich das Land Brandenburg nicht leisten.

Das war zwar schade, weil es auch das Reformmodell direkt tangierte, aber wir mussten gute Miene zum bösen Spiel machen. Aus meiner Sicht ist auch heute noch eine Korrektur möglich, wenn Hochschule und Landespolitik das wollen. Insgesamt ist es aber nur mehr ein Schönheitsfehler einer rund herum erfreulichen und erfolgreichen Hochschulgründung.

Dr. h.c. Hinrich Ederlein, geb. am 9. Mail 1941 in Luckenwalde/Brandenburg. Aufgewachsen in der BRD an verschiedenen Orten (Bad Soden, Hamburg, Gummersbach), Studium in Marburg und Tübingen Geschichte, Politik und Slawistik – Osteuropahistoriker. 1968/69 ein Jahr als Austauschwissenschaftler in der Sowjet-Union. FDP-Mitglied. 1972-1988 Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg (Wahlkreis Tübingen). 1984- 1988 Fraktionsvorsitzender. 1989-1990 Leiter der Arbeitsgruppe Politische Planung im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft. Mitarbeit bei der Auflösung des Ministeriums von Margot Honecker. Berater bei den Koalitionsverhandlungen zur Bildung der Ampel-Koalition in Brandenburg. 1990-1994 Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur in Brandenburg. Gründung von drei Universitäten und fünf Fachhochschulen. Ehrendoktor der Universität Lund (Schweden). Tätigkeit in der Wirtschaft. 1994-2000 FDP-Landesvorsitzender in Brandenburg. Verschiedene ehrenamtliche Tätigkeiten (Musikschulen, Kulturbund, Friedrich Naumann Stiftung, Kleistmuseum). Verheiratet, drei Kinder, wohnhaft in Kleinmachnow.