Perspektiven aus Planung und Industriekultur: Genese und Management von Tagebaufolgelandschaften

Ringvorlesung am 25.05.2023 ab 18:15 im City-Saal, Bahnhofstr. 14 in Cottbus.

Unsere Gäste:
 

Vortrag von Frau Wüstenhagen:
"Entstehung und Entwicklung einer Bergbaufolgelandschaft“

Vortrag von Dr. Gerstgraser: 
"Renaturierung von Fließgewässern und nachbergbauliche Herausforderungen des Wasserhaushaltes in der Lausitz"

Vortrag von Prof.Otto und Frau Pinkepank:
"Identität, Verfügungsgewalt und Aneignungsmöglichkeiten in der Lausitzer Tagebaufolgelandschaft"

        Abstract: Die Region der Lausitz ist bis heute durch den Braunkohletagebau geprägt. Im Lausitzer Revier wurden über einen Zeitraum von mehr als 120 Jahren 880 qkm Land - mehr als ein Drittel des Saarlandes - im Tagebau abgebaut. Damit ist es die größte zusammenhängende Tagebaulandschaft der Welt. Hinzu kommen weitere Flächennutzungen für die bestehende Infrastruktur des Kohle- und Stromtransports sowie für Kohleveredelungsprozesse, wie Brikettfabriken und Kohlekraftwerke. Auch wenn die Lausitz im Vergleich zu anderen Landesteilen dünn besiedelt war, fand der Bergbau in einer gewachsenen ländlichen Siedlungslandschaft mit einer überwiegend sorbischwendischen Bevölkerung statt. Noch Ende des 19. Jahrhunderts sprach die Mehrheit der Lausitzer Bevölkerung sorbisch. Der großflächige Tagebau veränderte das Landschaftsbild radikal und führte zu weitreichenden Veränderungen in der bestehenden Natur-, Kultur- und Siedlungslandschaft. Mit dem Ende der Kohleverstromung bis voraussichtlich 2038 geht eine fast dreihundertjährige Ära des Braunkohlenbergbaus - einschließlich des frühen Tief- und Kleinbergbaus - in der Lausitz zu Ende und damit auch die damit verbundene "Kulturlandschaft" des Braunkohlenbergbaus mit der Zeit verloren. Das geplante Ende des Bergbaus hat einen tiefgreifenden Transformationsprozess in der Region ausgelöst, der nicht nur wirtschaftliche Veränderungen, sondern auch eine Neuausrichtung der Identität erfordert. Was bleibt, ist eine Tagebaulandschaft, die seit geraumer Zeit einem Wandel in der Bewertung und Wahrnehmung unterliegt. Die regionale Identität der Lausitz ist geprägt vom Stolz und Schmerz der Bergleute, einer Bevölkerungsgruppe, die sich aus ehemaligen Landarbeitern der Region und größtenteils aus Zuwanderern zusammensetzt, sowie von den Versuchen der sorbisch-wendischen Urbevölkerung, ihre Traditionen trotz Verlusterfahrungen zu bewahren. Das Ergebnis ist ein komplexes Mosaik aus Traditionen, Landnutzungsformen, Innovationen und Identitäten, die die Landschaft der Lausitz bis heute prägen. Die derzeit oft negativ beschriebenen Lausitzer Bergbau- und Bergbaufolgelandschaften sollen daher als Quelle neuer internationaler Wertschätzung und regionaler kultureller Identität diskutiert werden. Die Lausitz kann als Landschaftslabor gesehen werden, in dem Braunkohletagebaue kontinuierlich und über ein Jahrhundert lang nach den Modellen der jeweiligen Zeit innovativ rekultiviert, renaturiert, restauriert, saniert und umgestaltet wurden und werden.

 

Kontakt

Prof. Dr. rer. nat. phil. habil. Astrid Schwarz
Allgemeine Technikwissenschaft
T +49 (0) 355 69-2135
schwarza(at)b-tu.de