Schwerpunkt

Die Vereinfachte Fließzonentheorie (VFZT) stellt den Forschungsschwerpunkt des Fachgebiets dar. Ihr Ziel ist die vereinfachte Ermittlung des plastischen Verhaltens von Tragwerken.

Die Berechnung der Auswirkung von plastischem Werkstoffverhalten auf das Strukturverhalten (örtliche Spannungsumlagerung, direktionale Spannungsumlagerung, Ermüdung (LCF), Ratcheting, elastisches oder plastisches Einspielen, Traglast, …) erfolgt normalerweise mit der Fließzonentheorie. Diese erfordert ein Werkstoffmodell (z.B. Besseling, Chaboche, Ohno-Wang) und numerische Simulationen (FEM), um letztlich die Tragfähigkeit bzw. bei veränderlicher Belastung die Lebensdauer eines Tragwerks ermitteln zu können.

Das Haupteinsatzgebiet der VFZT ist die vereinfachte näherungsweise Ermittlung sog. post-shakedown quantities (Dehnschwingbreite Δε und akkumulierte Verzerrungen εmax), die als Eingangsgrößen für eine Lebensdaueranalyse veränderlich belasteter Tragwerke benötigt werden. Im Falle eines aktiven Ratcheting-Mechanismus (Video zur Erklärung des Begriffs "Ratcheting"), bei dem die Verzerrungen von einem Belastungszyklus zum anderen fortschreiten (progressive Deformation) ist deren Ermittlung normalerweise aber mit hohem numerischem Aufwand verbunden, weil bei einer herkömmlichen nichtlinearen Analyse mit der Fließzonentheorie ein vorgegebenes Belastungshistogramm inkrementell durchgerechnet werden muss. Demgegenüber steht der Zusatz “vereinfacht“ bei der VFZT dafür, dass der erforderliche nummerische Aufwand erheblich reduziert ist.

Auf Basis einer thermodynamisch konsistenten Theorie interner Variabler (mit Erfüllung der Drucker’schen Kriterien für stabiles Werkstoffverhalten) und unter Berücksichtigung des Bauschinger-Effekts sowie der Möglichkeit thermischer Entfestigung werden Fließhyperfläche, Fließgesetz und Verfestigungsgesetz durch geeignete Transformation der internen Variablen modifiziert. In jedem Gauß-Punkt eines FE-Modells werden dann die Restspannungen im 5-dimensionalen Deviatorraum auf die Fließfläche projiziert. Bei linearen Evolutionsgleichungen gelingt es so, die aufgrund des nichtlinearen elastisch-plastischen Tragwerkverhaltens entstehenden Restspannungsfelder näherungsweise durch sukzessive linear elastische Berechnungen zu ermitteln. Der Clou dabei ist, dass dies auch für zyklische Belastung gelingt, wodurch eine inkrementelle Analyse für zahlreiche Zyklen eines Belastungshistogramms mit der herkömmlichen Fließzonentheorie (deren Berechnungsaufwand bei zyklischer Belastung leicht dem 10.000-fachen einer linear elastischen Analyse entsprechen kann) durch lediglich etwa 10 linear elastische Analysen der VFZT ersetzt werden kann, weil  es sich um eine sog. „direkte“ Methode handelt, bei der der Einspielzustand „direkt“ anvisiert wird.

Theorie und Anwendung der VFZT sind ausführlich beschrieben in den Monografien

Hübel, H.: Simplified Theory of Plastic Zones, Springer International Publishing Switzerland (2016), ISBN: 978-3-319-29873-3 (eBook ISBN: 978-3-319-29875-7), DOI 10.1007/978-3-319-29875-7

Hübel, H.: Vereinfachte Fließzonentheorie, Springer Vieweg Wiesbaden (2015), ISBN: 978-3-658-07921-5 (eBook ISBN: 978-3-658-07922-2), DOI 10.1007/978-3-658-07922-2

bzw. in den jüngsten Zeitschriften-Beiträgen

Hübel, H.: Simplified Theory of Plastic Zones for Cyclic Loading and Multilinear Hardening, International Journal of Pressure Vessels and Piping 129-130, 19-31 (2015), DOI 10.1016/j.ijpvp.2015.03.002

Hübel, H. et al.: Performance Study of the Simplified Theory of Plastic Zones and the Twice-Yield Method for the Fatigue Check, International Journal of Pressure Vessels and Piping 116, 10-19 (2014), DOI 10.1016/j.ijpvp.2014.01.003