Ausbreitung von Aerosolpartikeln in geschlossenen Räumen

Schulen sind ein Ort des Lernens und der Begegnung. Wie sich Krankheitserreger in Klassenräumen ausbreiten untersuchen wir in einem interdisziplinären Verbundvorhaben.

Masken, Abstandhalten, Lüften und technisches Luftreinigen sollen vor einer Infektion mit Viren schützen. Covid-19 hat gezeigt, wie wichtig solche Maßnahmen sind, um weitreichende Lockdowns inklusive Schulschließungen zu verhindern. Um die Ausbreitung aerosolgetragener Viren in Zukunft möglichst effektiv verhindern zu können, ist die Quantifizierung der Wirksamkeit verschiedener technischer Luftreinigungsmaßnahmen erforderlich. In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt "Sensorik und Expositionsanalysen für Aerosoltransport in dynamischen Situationen" erforschen wir in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR e.V.) in Göttingen und dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf in verschiedenen experimentellen Studien die Verteilung von Aerosolpartikeln in Klassenzimmern. Insbesondere wird dabei der Einfluss sich bewegender Personen berücksichtigt, um die Aerosolpartikelverteilung in realitätsnahen Situationen abschätzen zu können.

Als Modellklassenraum dient ein ehemaliger Seminarraum der BTU Cottbus. Die Schüler können dabei durch beheizte Dummys simuliert werden, welche durch ihre Oberflächentemperatur zu einer Änderung der Raumströmung führen. Um die Strömung in verschiedenen Ventilationsszenarien (Keine Ventilation. Fenster öffnen, Raumluftreiniger einschalten) zu erfassen, werden mit einem speziellen Seifenblasengenerator ca. 350 µm großen Helium gefüllten Seifenblasen (HFSB) im gesamten Klassenraum verteilt, welche dann beleuchtet und mit Kameras erfasst werden. Mithilfe des Shake-The-Box Lagrangian-Particle-Tracking Verfahrens werden aus den Bildern die Trajektorien der einzelnen HFSB zusammengesetzt. Da die HFSB der Raumströmung folgen, kann auf diesem Wege das Geschwindigkeitsfeld rekonstruiert werden. Eine Visualisierung der HFSB während einer Messung mit offenem Fenster ist in der Abbildung zu sehen. Die Farbe stellt die vertikale Geschwindigkeit dar. (rot: positiv, blau: negativ)

Darüber hinaus wird mit einem eigens angefertigten System aus mobilen Feinstaubsensoren die Partikelkonzentration in verschiedenen Spreading-Situationen vermessen. Die Feinstaubsensoren werden von Probanden getragen und messen, wie viele Aerosolpartikel sie beim Sitzen, Gehen oder Stehen in unterschiedlichen Ventilationsszenarien einatmen würden. Die infizierte Person wird durch einen Aerosolpartikelgenerator simuliert. Dieser stößt Teilchen aus, welchen den ausgeatmeten Partikeln infizierter Personen in ihren Strömungseigenschaften ähneln. Die Konzentrationsmessdaten als auch die Geschwindigkeitsfelder aus dem Particle-Tracking liefern nicht nur wertvolle Erkenntnisse über technische Schutzmaßnahmen in Klassenräumen, sondern können auch für die Verifikation von Simulationsmodellen verwendet werden. Die erhobenen Daten sollen künftig die Entwicklung von Modellen ermöglichen, die die Virus-Verbreitung in öffentlichen Räumen wie Schulen, Verkehrsmitteln, kulturellen Veranstaltungen, Restaurants oder Sportanlagen vorhersagen können.

Das Projekt "Sensorik und Expositionsanalysen für Aerosoltransport in dynamischen Situationen (SENSAERO)" ist Teil des "Cottbus Aerosolpartikel Referenzexperiments (CARE)", in dem sich Wissenschaftler der BTU Cottbus-Senftenberg gemeinsam mit der Technischen Universität Dresden, dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt Göttingen mit dem Transport von Virus beladenen Partikeln befassen. Gefördert wurden die Experimente in dem deutschlandweiten Programm "DFG Fokusförderung COVID19". Ein Folgeantrag, der weiterführende Fragestellungen insbesondere auch durch volumetrische Lagrangian-Particle-Tracking Messungen beinhalten soll, ist derzeit in Planung.

Kontakt

Prof. Dr. rer. nat. Andreas Schröder

Tel.:  +49 (0) 551 709 2190

Mail: Andreas.Schroeder@dlr.de    

Dipl.-Ing. Tom Buchwald

Tel.: +49 (0) 551 709 6028

Mail: Tom.Buchwald(at)b-tu.de