»Technik und Spiel«: Alte Bahnstrecken und neue Skipisten: Infrastrukturen technisierter Spiele im 20. Jahrhundert
Als technische Infrastrukturen ermöglichen Schwimmbäder Badefreuden unabhängig von geographischen Gegebenheiten. Dafür ist eine umfangreiche technische Einrichtung notwendig, zu der die großen, schweren Schwimmbecken mit ihren aufwendigen Fundamenten ebenso gehören wie Anlagen zur Erwärmung und Filtration des Wassers und ein ausgeklügeltes Heizsystem für die Raumluft. Ähnlich Bahnhöfen und Kaufhäusern wurden Badeanstalten zu charakteristischen Gebäuden moderner Städte um 1900. Die Entwicklung von Schwimmbädern als technische Infrastrukturen für eine spielerisch-sportliche Freizeitgestaltung steht exemplarisch für eine Reihe ähnlicher Anlagen: Eisbahnen, die ebenfalls im 19. Jahrhundert aufkamen, scheinen in Komplexität und Größendimension vergleichbar. Ähnliches gilt für Sportstadien, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts (wieder) gebaut wurden. In allen drei Fällen handelt es sich um komplexe Bauwerke, die zu spielerisch-sportlichen Zwecken entwickelt wurden, während sich eine Reihe von Infrastrukturen für Spiel- und Sportzwecke netzartig über die Landschaft spannen: beispielweise Skipisten, Liftanlagen und Seilbahnen.
Bereits anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass das Spiel mit Technik von seinen zugehörigen Infrastrukturen abhängig ist. Dies gilt für den Sport ebenso wie für Jahrmarktsattraktionen und das Spiel mit technischem Spielzeug. Am Beispiel von Naumachien – ‚Seeschlachten‘ in speziell dafür umgebauten römischen Amphitheatern – wird deutlich, dass Infrastrukturen des Spiels eine lange historische Tradition haben. Seit der Industrialisierung wurde das Spiel zunehmend technisiert und die Zahl der spielbezogenen Infrastrukturen wuchs ebenso wie die damit verbundenen Umweltveränderungen.
Die Einflüsse sind vielfältig: So bedeutet das Skifahren mit seinem System von Seilbahnen, Skiliften und Pisten eine ganz erhebliche Umweltbelastung in Regionen, die über viele Jahrhunderte kaum von Menschen betreten wurden. Umgekehrt wurden alte Industrieanlagen als Sport-, Spiel-, Freizeit- und Tourismusstandorte vor dem Abriss bewahrt. Die Frage nach Infrastrukturen des Spiels eröffnet einen neuen Forschungsbereich zum Thema ‚Spiel mit Technik‘, in dem technikhistorische Untersuchungen bisher rar sind. Bei diesem Vortrag liegt der Focus auf Umweltveränderungen infolge technisierter Spiele; dabei werden Verbindungen zur Urbanisierungsgeschichte und zur Umweltgeschichte deutlich.
Weitere Termine:
24.01.18, 19:15-20:45 Uhr, Hörsaal B
Jan Schellenbach
Zwischen Konflikt und Kooperation: Spieltheorie als Intrument zur Analyse von gesellschaftlichen Dilemmasituationen, Beispiel Umweltprobleme
31.01.18, 19:15-20:45 Uhr, Hörsaal B
Cheryce von Xylander
Google und der Spieltrieb
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Allgemeine Technikwissenschaft
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